Porsche und die Scheichs:Ein Armutszeugnis

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In allergrößter Not buhlt Porsche um Investoren vom Golf - und die Eignerfamilien nehmen in Kauf, einen großen Teil ihrer Macht abzugeben.

Michael Kuntz

Damals blieben sie hart. Nicht einmal in der Stunde größter Not Anfang der neunziger Jahre mochten die Unternehmerfamilien Porsche und Piëch etwas von ihrem Einfluss beim traditionsreichen Sportwagenhersteller abgeben. Ein Verkauf der damals fast konkursreifen Firma Porsche an Toyota wurde diskutiert, kam für den Familienclan jedoch keinesfalls in Frage.

In allergrößter Not: Porsche bekommt offenbar Hilfe vom Emir aus Katar. (Foto: Foto: AP)

Nun ist alles anders, denn die Not ist groß bei Porsche. Heute ist den beiden Familien jeder Investor willkommen, damit er sie aus ihren finanziellen Nöten befreit, die sie sich bei der Übernahme von Volkswagen eingehandelt haben. Der Emir von Katar soll es richten. Der Staatsfonds Qatar Investment Authority soll Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking und seinem Finanzstrategen Holger Härter aus der Klemme helfen. Sie haben sich kräftig verspekuliert, nun kann ihnen nur noch ein finanzkräftiger Investor helfen. Scheich Hamad bin Khalifa al-Thani als Retter von Porsche - das ist jedoch ein Armutszeugnis, in mehrfacher Hinsicht.

Erstens zeichnet es ein schwaches Bild von der Verfassung der Kreditwirtschaft, wenn diese offensichtlich nicht willens oder in der Lage ist, bei einem Unternehmen mit der Reputation von Porsche eine vergleichsweise geringe Finanzierungslücke von knapp zwei Milliarden Euro zu schließen.

Zweitens wirft es auch kein gutes Licht auf die beiden Familien, die sich als die Stammaktionäre bei Porsche noch im vorigen Jahr an einem Gewinn, der größer als der Umsatz war, erfreuten und die nun die erforderliche Kapitalerhöhung nicht allein schultern wollen oder können. Dem Familienclan fiel offenbar nichts anderes mehr ein, als bei Porsche einen Staatsfonds aus Katar auf den Beifahrersitz zu lassen. Der könnte zwar Petrodollars in den Tank füllen, wird aber auch den Kurs mitbestimmen wollen.

Drittens ist der Herrscher von Katar keine ideale Besetzung in der Rolle des Emirs von Zuffenhausen. Es wird gern kolportiert, Staatsfonds aus China, Russland, Norwegen oder aus Arabien seien nur an kontinuierlichen Dividenden interessiert, mit denen sie Schwankungen bei den Erlösen für ihre Rohstoffe ausgleichen können. Der Staatsfonds als langfristiger Investor, der sich mit ein paar Prozent am Kapital bescheidet - etwa so, wie man es am Beispiel von Kuwait bei Daimler seit 1974 sieht - das wird in Zukunft nicht mehr so sein. Dubai bei der Deutschen Bank und EADS, Abu Dhabi bei Daimler und MAN Ferrostaal - die arabischen Prinzen werden überall freudig begrüßt.

Mit der Finanzkrise mutieren die vorher gefürchteten Staatsfonds zu willkommenen Rettern in der Not. Allerdings ist es wie bei anderen Geldanlagen: Erfahrungswerte zählen wenig, sie garantieren kein bestimmtes Verhalten in der Zukunft. Auch Fondsmanager lernen in der Krise dazu, und alles deutet darauf hin, dass sie künftig mehr zu sagen haben wollen.

Nun wird auch Porsche zum Symbol für die Verschiebung im Machtgefüge der Weltwirtschaft. Auf die traditionellen Werte westlicher Staaten kommt es nicht mehr an. Wer nach Unterschieden im Verständnis von Demokratie, bei Fragen der Transparenz oder gar den Menschenrechten fragt, der hat die Globalisierung wohl nicht verstanden. Auch deutsche Politiker werden in Wahlzeiten stabilisierende Nachrichten gut finden - zumal ihr Einfluss beschränkt ist.

Der Markt für Unternehmenskapital ist längst weltumspannend geworden. Das nationale Außenwirtschaftsgesetz ist neu, aber von der globalen Krise überholt. Niemand wird im Einstieg des Emirs von Katar bei Porsche eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erblicken. Das allein würde ein Einschreiten der Politik erlauben.

Schließlich können die Familien Porsche und Piëch als Opfer der Finanzkrise ihr Gewissen beruhigen: Der Schaden bei Porsche wäre zweifellos größer, wenn der Emir nicht investieren würde. Der Preis dafür dürfte die mächtigen Dynasten Wolfgang Porsche und Ferdinand Piëch freilich schmerzen: Die Zeiten sind vorbei, da westliche Unternehmer einseitig die Regeln diktieren durften.

© SZ vom 15.06.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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