Energiekonzerne:Und wieder grüßt der Blackout

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Windrad bei Sonnenaufgang: Im Konflikt zwischen alter und neuer Energie geht es um Milliarden. (Foto: dpa)

Beim Zusammenprall von fossiler und erneuerbarer Energie zerbröselt das Geschäftsmodell großer Stromkonzerne: Ihre Kraftwerke rechnen sich nicht mehr. Zuverlässig drohen die Unternehmen dann mit dem Blackout, der ebenso zuverlässig ausbleibt. In diesem Konflikt geht es um viel Geld.

Ein Kommentar von Michael Bauchmüller

Zwölf Uhr mittags, Deutschland arbeitet. Maschinen laufen auf Hochtouren, Server verarbeiten massenhaft Daten, in Kantinen und Küchen sind die Herdplatten an. Wer wissen will, warum bei Eon-Chef Johannes Teyssen "die Hütte brennt" und RWE-Chef Peter Terium sich "wirklich Sorgen" macht, der muss jetzt genau hinschauen: beim Zusammenprall von fossiler und erneuerbarer Energie. Zum Beispiel diesen Dienstag, Punkt zwölf. Durch die Leitungen fließt die Leistung von gut 100 großen Kraftwerken, 72.000 Megawatt. Aber fast die Hälfte davon liefern Windräder, Solarmodule, Bio-Kraftwerke, öffentlich gefördert, ohne ein Gramm Kohle. Dagegen kommt selbst das billigste fossile Kraftwerk nicht an.

So zerbröselt zusehends das Geschäftsmodell großer Stromkonzerne wie Eon und RWE: Ihre Kraftwerke rechnen sich nicht mehr. Das erklärt, warum der RWE-Chef gerade mal wieder den angeblich drohenden Blackout bemüht hat. Zuverlässig droht dieser immer dann, wenn die Unternehmen Einfluss nehmen wollen auf die Politik. Zuverlässig ist er stets ausgeblieben, und auch diesmal steht er nicht bevor. Die Stromerzeuger plagt derzeit eher ein Überangebot an Kraftwerken. Was wiederum nicht heißt, dass es kein Problem gibt.

Denn der Konflikt zwischen alter und neuer Energie spitzt sich von Jahr zu Jahr weiter zu. Je mehr billiger Ökostrom hierzulande erzeugt wird, desto weniger Geld verdienen konventionelle Kraftwerke. Betriebswirtschaftlich wäre es logisch, die unrentablen Kraftwerke endgültig abzuschalten. Doch genau das wäre volkswirtschaftlich eine Katastrophe: Es braucht schließlich weiterhin eine Reserve für jene kalten, windstillen Wintertage, an denen kaum Ökostrom fließt; fragt sich nur, wer diese wie finanziert. Der Markt allein jedenfalls wird es gewiss nicht richten.

Die Industrie kämpft um ihre Strompreis-Rabatte

Dies ist, neben der Reform der Ökostrom-Förderung, die größte Energie-Baustelle von Union und SPD. Kraftwerke werden künftig auch für ihre schiere Existenz entlohnt werden müssen. Nur: Wie viele davon braucht das Land dauerhaft? Gibt es auch Extra-Geld für den Betrieb von Atomkraftwerken und Braunkohlemeilern? Und: Wer legt fest, wie viel Geld es gibt?

Damit werden die Koalitionsverhandlungen zum Ort eines milliardenschweren Verteilungskampfes. Solche Kraftwerks-Prämien schließlich könnten manches alte Kohlekraftwerk dauerhaft am Leben halten. Derweil kämpft die Industrie um ihre Strompreis-Rabatte, und die Ökostrom-Branche verteidigt die Förderungen der Vergangenheit. Was dem einen der Blackout, ist den anderen Abwanderung und Jobverlust. Wenn sich Millionen abzwacken lassen, ist kein Argument billig genug.

Wehe nur, wenn die Argumente verfangen. Stromkonzerne, Industrie, Ökostromer - sie alle wollen Besitzstände verteidigen, um jeden Preis. Doch haben alle Erfolg, ist keinem geholfen: Dann wird der Umbau der Stromversorgung nicht nur unendlich viel teurer, sondern am Ende steht auch der politische Blackout der Energiewende. Der dann aber wirklich.

© SZ vom 30.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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