Die Euro-Krise:Wo bringt mein Geld noch etwas?

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Inflation oder Euro-Crash, das sind Schreckensszenarien für Anleger. Welche Geldanlage jetzt sinnvoll ist - ein Überblick.

Da ist er wieder, der Moment der Angst. Wie im Herbst 2008, als die US-Bank Lehman Brothers kollabierte und Panik unter den Sparern ausbrach. Ist mein Geld noch sicher?, fragten sie sich damals. Und sie fragen nun wieder, angesichts der Schuldenkrise. Doch dieses Mal geht es nicht um irgendeine Bank. Diesmal geht um den Euro, die eigene Währung. Die Angst sitzt tief.

Besorgte Mienen an der Wall Street. Auch in Deutschland sind die Anleger verunsichert: Wird es zu einer Geldentwertung kommen? (Foto: Foto: AP)

Sparprodukte

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beruhigt zunächst: "Viele Menschen wenden sich derzeit an uns, weil sie Angst um ihr Geld haben. Doch die Ängste sind überbewertet. Das ist immer so, kurz nach dem Schockmoment."

Wenn besorgte Sparer ihn derzeit fragen, ob ihr Geld jetzt gerade auf ihrem Sparbuch, dem Giro- oder Tagesgeldkonto und dem Bausparvertrag noch sicher ist, antwortet er mit gutem Gewissen: "Ja, das ist es."

Es gilt, was auch nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank im Herbst 2008 galt: Diese Bankeinlagen sind sicher. Selbst wenn eine Bank zum Beispiel viel Geld in Griechenland investiert hat und deshalb ins Wanken gerät, gibt es in Deutschland Einlagensicherungsfonds.

Diese Notfonds springen im Fall einer Bankenpleite ein und ersetzen dem Anleger zumindest einen Großteil seiner Einlagen. Zudem gilt seit September 2008 die sogenannte "Merkel-Garantie", da sich die Kanzlerin dafür verbürgt hat, dass die Spareinlagen der Bürger sicher sind.

Doch etwas ist dieses Mal anders als 2008: "Wir haben nicht mehr nur eine Bankenkrise, sondern eine Währungs- und Schuldenkrise", sagt Verbraucherschützer Nauhauser.

Die Menschen, die ihn und seine Kollegen derzeit anrufen, fragen nicht, ob das Geld bei ihrer Bank in Sicherheit ist, sondern: "Wird es nun zur Geldentwertung kommen?" Es ist die große Angst der Deutschen vor der Inflation. Und wenn es denn zu diesem Szenario kommen sollte, ist das Sparkonto wirklich der falscheste Ort für das Geld. "Denn dort wird es dann täglich weniger wert", sagt Nauhauser: "Die Frage ist dann: Wie viel können Sie sich von dem Geld überhaupt noch kaufen?"

Auch wenn er die akute Angst gerade für überbewertet hält, findet er es wichtig, dass Anleger sich jetzt mit der Frage nach der Sicherheit des Ersparten beschäftigen. "Sie müssen es streuen, auf die verschiedenen Anlageklassen. So verhindert man Verluste."

Im Unterschied zu Privatleuten und Unternehmen können sich Staaten über mehrere Generationen verschulden, ohne daran Pleite zu gehen. Das macht Schuldtitel von Ländern, etwas Bundesanleihen, schon mal per se sicherer als die anderer Emittenten - vorausgesetzt, Investoren sind grundsätzlich bereit, einem Staat noch Geld zu leihen.

Einfamilienhaus: Wer im Eigenheim wohnt und dieses zum Großteil abbezahlt hat, braucht sich nicht zu sorgen. (Foto: Foto: dpa)

Und das ist solange der Fall, solange es plausibel erscheint, dass ein Schuldnerland über genügend Wirtschaftskraft und damit Steuereinnahmen verfügt, um Zins und Tilgung der ausgegebenen Wertpapiere zu bedienen.

Im Zuge der Krise haben sich die Wachstumsaussichten für viele Länder allerdings eingetrübt. Mehr noch, zur Bekämpfung der Bankenkrise haben viele Regierungen die Verschuldung stark erhöht, etwa um Rettungs- und Konjunkturpakete zu schnüren.

Auch in Deutschland ist die Nettoneuverschuldung dadurch auf ein Rekordniveau gestiegen. Der Anteil der Schulden an der gesamten Wirtschaftskraft betrug schon vor der jüngsten Eskalation der Schuldenkrise 73 Prozent.

Damit ist Deutschland, auch wegen seiner großen Wirtschaftskraft, nach Italien der größte, aber auch der zuverlässigste Schuldner in der Eurozone. Entsprechend niedrig liegen die Zinsen, welche die Regierung derzeit für die Aufnahme neuer Mittel bezahlen muss.

In anderen Ländern, beispielsweise in Griechenland oder Italien, liegt die Verschuldung schon weit über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Länder müssen höhere Zinsen für neue Anleihen bezahlen als die Deutschen.

Je höher der Zinsabstand zu Bundesanleihen, die in der Eurozone Maßstab für die Bewertung anderer Schuldner sind, desto größer ist das Risiko, das Anleger mit einem Investment in solche Titel eingehen.

Griechenland hat sich mit seinen Schulden übernommen und muss nun mittels eines Rettungspakets der EU vor dem Staatsbankrott gerettet werden. Andernfalls wäre es womöglich zu einem Zahlungsausfall gekommen und die Anleger hätten ihr Geld verloren.

Die bisherigen Folgen der Finanzkrise sind für Inhaber von Lebensversicherungen überschaubar. Die Verzinsung sinkt zwar, weil die von den Notenbanken gesetzten Leitzinsen seit Jahren niedrig sind.

Ausfälle gab es aber bisher nicht. Versicherer wie die Allianz halten 90 Prozent ihrer Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren. Davon steckt etwa ein Drittel in Staatsanleihen, weil die bislang als besonders sicher galten.

Die Euro-Krise kann sich für die Lebensversicherungen, vereinfacht gesagt, auf drei Arten auswirken: Sie verstärkt den jüngsten Trend einer sinkenden Verzinsung, sie führt zu höheren Gewinnbeteiligungen oder sie gefährdet die Existenz von Versicherungskonzernen und könnte damit sogar die Auszahlungen insgesamt gefährden.

Fall eins ist wahrscheinlich, wenn der Euro-Verteidigungspakt Erfolg hat und es keine Ausfälle von Staatsanleihen gibt. Geht man davon aus, dass die EU-Staaten und ihre Bürger drastisch sparen und das Wachstum lahmen wird, dann dürften die Gewinnbeteiligungen der Versicherer weiter fallen.

Schwachen Anbietern wird es auf Dauer schwerfallen, die Garantiezinsen zu zahlen. Konzerne wie die Allianz geben an, sie könnten Niedrigzinsphasen wie in Japan über 15 Jahre aushalten. Lösen die EU-Staaten ihre Probleme, indem sie Inflation zulassen, dann dürften dagegen die Gewinnbeteiligungen der Lebensversicherer steigen.

Allerdings könnte die Anlageform relativ zu Aktien an Attraktivität verlieren, erwarten Analysten. Kommt es dagegen zum schlimmsten Fall, dass Euro-Staaten ihre Schulden nicht mehr bedienen können und die Währungsunion zerfällt, dann werden Versicherer mit ihren riesigen Beständen an Staatsanleihen unter den Verlusten zusammenbrechen.

Ob die Auffanggesellschaft der Lebensversicherer, Protektor, dann alle Ansprüche befriedigen könnte, ist fraglich. Ein solches Szenario gilt aber nach dem vergangenen Wochenende als extrem unwahrscheinlich.

Euroland steht vor einer Zerreißprobe, doch die Aktienkurse steigen seit Monaten. Wo nehmen die Kurse ihren Schwung her? Aus der Angst vor Inflation, sagen die Pessimisten. Denn die schleichende Entwertung von Geldvermögen sei die unausweichliche Folge der milliardenschweren Euro-Rettung.

Deshalb fliehen die Anleger in Aktien. Denn die gelten als Substanzvermögen, das Schutz vor steigenden Preisen bietet. Wer Aktien kauft, erwirbt einen Anteil an einem realen Unternehmen, an Maschinen, Fabriken, Blaupausen, Grund und Boden.

Allgemeine Preissteigerungen, so die Überlegung, schlagen sich auch in steigenden Umsätzen und Gewinnen der Firmen nieder, hoffentlich auch in steigenden Kursen, daher der eingebaute Inflationsschutz.

Investmentstrategen wie Frank Endres vom Bankhaus Metzler mahnen allerdings, die Gefahren der Teuerung für die Aktienmärkte nicht zu unterschätzen. "Ein gewisses Maß an Inflation schadet Aktien nicht, bis zu fünf Prozent", sagt Endres.

"Alles, was darüber hinausgeht, ist schwierig, weil Inflation das Wirtschaftswachstum bremst." Die Folge sind sinkende Absatz- und Ertragschancen - und damit einknickende Aktienkurse. Aber selbst bei sehr hoher Inflation können sich Aktien langfristig als gutes Wertaufbewahrungsmittel bewähren.

Im Zweifel hat ein gut gemanagtes Unternehmen größere Überlebenschancen als ein Staat, der über seine Verhältnisse lebt und letztlich Konkurs anmelden muss. Ein schwächerer Euro ist kein Grund zur Besorgnis, er hilft sogar vielen Unternehmen mehr zu exportieren.

Kritisch wird es für Aktionäre allerdings, wenn die Rettung misslingt, die Wirtschaft abermals in eine Rezession rutscht und am Ende Deflation droht. Ein solches Szenario ist für Aktien denkbar schlecht: Glauben die Verbraucher, dass die Preise morgen sinken, werden sie sich zurückhalten und die Konjunktur abwürgen. Darunter leiden dann Konzerne und ihre Anteilseigner.

Die Zinsen für Immobiliendarlehen sind so tief wie selten. Warum also nicht in ein Haus oder eine Wohnung investieren?

Falls es zu Inflation kommt, sollten Anleger ihr Geld am besten in Sachwerte stecken, sagen Vermögensverwalter. Immobilienmakler sprechen im Hinblick auf mögliche Geldentwertung gar von "Betongold", das im Unterschied zum echten Edelmetall auch einen echten Nutzen hat, weil es bewohn- oder vermietbar ist.

Wer im Eigenheim wohnt und dieses zum Großteil abbezahlt hat, braucht sich nicht zu sorgen. Dasselbe gilt für Hausbesitzer, die annähernd so viel Vermögen anderweitig abrufbar haben wie sie offene Kredite haben.

Riskanter wird es, wenn der Großteil der Darlehen noch aussteht und Zins und Tilgung vom laufenden Einkommen eines Hauptverdieners abhängen. Die Abgabenlast aufs Gehalt steigt tendenziell, zumal die Bundesregierung die geplante Steuerreform erst einmal abgesagt hat. Hier sollten Hausbesitzer mit der Bank sprechen, ob und wie sich Zins und Tilgung in Zukunft vielleicht länger strecken lassen, falls es nötig wird.

Wer Immobilien zur Vermietung besitzt, fährt zurzeit am besten mit möglichst langfristigen Verträgen. Analog zum Gedanken der breiten Streuung von Risiken in einem Depot, schlägt ein Ausfall bei vielen kleineren Mietern weniger zu Buche, als wenn die Einnahmen von wenigen großen Mietern abhängen.

Wer sich mit dem Gedanken trägt, neu in eine Immobilie zu investieren, muss die Konjunktur, die eigene Finanzkraft sowie die regionale Marktentwicklung im Auge haben. Zum Beispiel sind viele Gewerbeparks derzeit nicht ausgelastet, nur ein starker Aufschwung kann dies ändern.

Wie sicher vorkalkulierte Mietniveaus sind, hängt ebenfalls von der Konjunktur ab. Die sicherste Variante: Eine Immobilie für den Eigenbedarf kaufen und die zu mehr als der Hälfte gleich bezahlen. Wer nicht umziehen muss in den nächsten Jahren, kann den Sturm an den Finanzmärkten in den eigenen vier Wänden gut überstehen.

Das Edelmetall ist seit der Pleite der Lehman-Bank 2008 besonders beliebt bei Anlegern. Es dient ihnen in erster Linie der Absicherung vor Finanzkrisen und damit zum Erhalt des eingesetzten Kapitals.

Anders als Geldanlagen in Wertpapiere kann Gold als physisches Investment in Barren oder Münzen nicht ausfallen, wenn es an den Börsen zum Crash kommt. Das Gold liegt im Tresor.

Dafür bietet es keine Rendite in Form von Zinsen oder Dividenden wie etwa Anleihen oder Aktien. Die meisten Vermögensverwalter raten derzeit, einen Anteil von fünf bis zehn Prozent in Edelmetallen zu halten, je nachdem, wie hoch sie das Crash-Risiko gerade einschätzen.

In jüngster Zeit sind rund um Edelmetalle immer mehr Anlageformen entstanden, etwa Goldfonds oder Zertifikate, bei denen nicht der Absicherungsgedanke, sondern mögliche noch zu erzielenden Kursgewinne im Vordergrund stehen.

Ein Anspruch darauf, im Krisenfall, etwa bei Bankschließungen oder dem Ausfall eines Emittenten, das Wertpapier gegen das physische Material zu tauschen, besteht nur bei wenigen Titeln.

Sollte es infolge der lockeren Geldpolitik der westlichen Notenbanken bald zu einer spürbar höheren Inflation kommen, dürfte der Goldpreis weiter steigen. Für den Fall, dass die Rettungspakete der EU greifen und die Weltwirtschaft den Weg aus der Schuldenmisere und zu mehr Wachstum alleine findet, wird der Goldpreis nach Ansicht vieler Experten jedoch wieder sinken.

Die Attraktivität des gelben Metalls hängt auch vom Mangel an Alternativen ab: Sobald die Leitzinsen steigen, werden zinstragende Anlageformen für Investoren lukrativer.

Momentan liegt der besondere Charme des Edelmetalls auch daran, dass Anleger sich damit vor Deflation wie Inflation gleichermaßen schützen können - beides mögliche Szenarien, die niemand sicher voraussagen kann.

Bei Inflation hat Gold bereits in der Vergangenheit seine Werterhaltungsfunktion bewiesen. Bei Deflation verliert das Edelmetall tendenziell weniger an Wert als andere Vermögensformen.

© SZ vom 12./13.05.2010/hawi, sec, mhs, chof - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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