VfB im DFB-Pokal-Finale:Stuttgart freut sich auf Europa - der Trainer ist genervt

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Jubel in Stuttgart: Alexandru Maxim (vorne) und Kollegen feiern den Einzug ins DFB-Pokal-Finale. (Foto: dpa)

Durch einen verdienten Erfolg gegen den SC Freiburg erreicht der VfB Stuttgart das Finale des DFB-Pokals und qualifiziert sich wieder für die Europa League. Trainer Bruno Labbadia aber erregt sich über seinen Klub - und klagt über die Zusatzbelastung.

Von Lisa Sonnabend, Stuttgart

Das mit dem Jubeln hatten sie offenbar nicht mehr üben können. Nach dem Schlusspfiff lief Antonio Rüdiger alleine zum Fanblock und riss sich sein Hemd vom Leib, an der Mittellinie bildeten Georg Niedermeier, Christian Gentner und ein paar andere Stuttgarter ein Menschenknäuel, und am anderen Ende des Platzes, direkt vor den Gästefans, warf sich Torwart Sven Ulreich auf den Boden. Erst später tanzten die Schwaben gemeinsam, da hatten sie jedoch Trikots übergezogen, auf denen der wenig originelle Spruch stand: "Wir können alles, auch Berlin." Das haben andere Mannschaften schon besser hinbekommen - nach einem so wichtigen Sieg wie dem Einzug ins Pokal-Finale, was in diesem Fall zugleich die Qualifikation für die Europa League 2013/2014 bedeutet.

Aber wann hätte der VfB Stuttgart sich auch vorbereiten sollen auf ein Detail wie eine Jubelfeier? Schließlich hatten die Spieler nicht einmal Zeit, um richtig zu trainieren in den vergangenen Tagen. Mehrmals hatte Trainer Bruno Labbadia wütend darauf hingewiesen, dass seinem Team zwischen der Bundesliga-Partie am Sonntag und dem Pokal-Spiel gegen den SC Freiburg am Mittwochabend eine viel zu kurze Pause eingeräumt worden sei. Für einen Verein mit kleinem Kader sei das unzumutbar, mal wieder.

Die Freiburger hatten zwei Tage mehr Ruhe. Umso erstaunlicher, wie überragend der VfB die Partie gegen die Gäste gewann. Von Beginn an spielten die Stuttgarter temporeich und erspielten sich immer wieder gute Möglichkeiten. Martin Harnik hatte in den ersten acht Minuten drei gute Torchancen, ehe Arthur Boka an Torwart Oliver Baumann vorbeikam (9. Minute). Der Ausgleich durch Jan Rosenthal (14. Minute) paralysierte die Stuttgarter nur einen kurzen Moment. Bereits in der 29. Minute köpfte Harnik so geschickt an die Latte, dass der Ball hinter der Torlinie aufkam. In der zweiten Hälfte ging es etwas ruhiger zu. Chancen boten sich für beide Mannschaften zwar zahlreiche, doch nutzen konnten sie keine mehr.

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Doppelte Freude in Stuttgart: Der VfB erreicht durch ein 2:1 gegen den SC Freiburg zum sechsten Mal das Pokal-Finale und qualifiziert sich vorzeitig für die Europa League der kommenden Saison. In einem hitzigen Derby liegen die Höhepunkte vor allem in der turbulenten ersten Halbzeit.

"Wir haben hoch verdient verloren", erklärte SC-Trainer Christian Streich nach der Partie. Mittelfeldspieler Max Kruse fand den Sieg der Stuttgarter ebenso gerechtfertigt: "Für ein Weiterkommen haben wir heute zu wenig getan." Und Jan Rosenthal urteilte, die Fans hätten den Ausschlag gegeben: "Das Stuttgarter Publikum war überragend", sagte der Torschütze, "wir haben nicht geschafft, es aus der Partie herauszunehmen."

Die Stuttgarter Spieler wirkten erschöpft, sie schlurften in offenen Fußballschuhen zum Ausgang, den Rollkoffer zogen sie hinter sich her. "Wir haben alles reingehauen", sagte Gentner. Harnik fand: "Wir haben gespielt wie die Feuerwehr." Niedermeier kündigte an, das ein oder andere Bier werde die Mannschaft zur Feier des Finaleinzuges gemeinsam trinken. Er wirkte jedoch nicht sonderlich motiviert, dass dies noch in dieser Nacht geschehen müsse. Nur Sportvorstand Fredi Bobic stand da, die Hände in den Hosentaschen, und grinste so breit, als habe der VfB eben den FC Bayern im Berliner Olympiastadion besiegt. Er konnte sich über diesen saisonrettenden Sieg mit aller Vitalität freuen.

Ein paar Meter entfernt saß Bruno Labbadia in der Pressekonferenz - er strahlte nicht, sondern blickte genervt. Er wählte erneut kritische Worte. Der Ärger über die internen Streitigkeiten im Verein brach aus Labbadia heraus, auch wenn er nicht an seine Wutrede vom Oktober ("Am Arsch geleckt!") heranreichte. "Wir haben über alles gesprochen in den vergangenen Wochen, nur nicht über den Sport", erregte sich der Trainer. "Das sind Dinge, die nerven."

Auch die Tatsache, dass sein Verein nach einer recht verkorksten Bundesliga-Saison trotzdem international vertreten sein wird, freute Labbadia nicht bedingungslos. "Es ist super schön, dass wir wieder Europa League spielen dürfen, aber es erschwert auch einige Sachen", sagte er. Der 47-Jährige dachte an die zahlreichen Englischen Wochen und kurzen Pausen, die ihn und seinen Kader in der kommenden Saison wieder erwarten.

Derzeit liegt Stuttgart nur auf dem zwölften Tabellenrang und würde - ohne den Einzug ins Pokal-Finale - die Qualifikation für die Europa League wohl verpassen. Sechs Punkte beträgt derzeit der Rückstand auf den sechsten Platz.

Nun könnte sich jedoch der Stuttgarter Teufelskreis wiederholen: Viel Geld wird der Klub nicht in neues Personal pumpen können, die Dreifachbelastung durch Bundesliga, Europa League und Pokal brachte das VfB-Gebilde schon in dieser Spielzeit an den Rand der Belastbarkeit. Die Folge: Spieler fehlen verletzt oder erkranken, die Bundesliga-Position leidet.

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Trotz Pokal-Aus gegen Stuttgart wird der SC Freiburg in dieser Saison gut abschneiden. Ein Europa-League-Platz ist wahrscheinlich, die Champions League nicht unmöglich - doch was danach kommt, verängstigt nicht nur Trainer Christian Streich.

Von Lisa Sonnabend, Stuttgart

Labbadias Kollege Streich plagen nicht minder schwere Sorgen. Seine besten Spieler werden Freiburg im Sommer verlassen. Freiburg steht aber derzeit auf Rang fünf und hat beste Aussichten, sich ebenso für die Europa League, wenn nicht sogar für die Champions League zu qualifizieren.

Nach der Pressekonferenz umarmten sich Streich und Labbadia brüderlich, klopften sich aufmunternd auf die Schultern. Am Sonntag in der Bundesliga müssen sie erneut gegeneinander antreten, wieder in Stuttgart. Immerhin haben sie davor: drei Tage Pause.

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