VfB Stuttgart steht im Finale des DFB-Pokals:Zur Entschädigung eine Fahrt nach Berlin

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Stuttgarts Martin Harnik (l): Kopfball zum Finale

(Foto: dpa)

Doppelte Freude in Stuttgart: Der VfB erreicht durch ein 2:1 gegen den SC Freiburg zum sechsten Mal das Pokal-Finale und qualifiziert sich vorzeitig für die Europa League der kommenden Saison. In einem hitzigen Derby liegen die Höhepunkte vor allem in der turbulenten ersten Halbzeit.

Kurz vor Anpfiff dieses zweiten Halbfinals im DFB-Pokal meldete sich Freiburgs wundersamer Trainer Christian Streich zu Wort mit einer Botschaft, die erst einmal dechiffriert werden musste. "Die Menschen, die im Moment ins Stadion kommen, erleben gerade etwas Besonderes", sagte Streich, er hoffe, "dass sie das nicht vergessen und wie eine Wand hinter uns stehen, wenn wir zur Normalität schreiten". Er sagte "Normalität", aber das Wort war mit Pathos aufgeladen als habe er "Unendlichkeit" gesagt.

Doch die von Streich avisierte Normalität war ja etwas ganz Irdisches. Denn wenn alles normal liefe, dann würde der SC Freiburg bestehen beim VfB Stuttgart. Seine Mannen sollten "das Spiel erfüllen", wie Streich philosophisch vorgab. Doch am Ende einer konterlastigen Partie waren die Köpfe der Freiburger eher erfüllt vom Gedanken an den flinken Martin Harnik. Der österreichische Nationalspieler hatte großen Anteil am Stuttgarter 2:1 (2:1)-Sieg gegen Freiburg, mit dem sich der VfB für die trostlose Saison mit einem Pokalfinale entschädigt. Und nach dem Spiel erkannte Streich: "Stuttgart war klar besser. Aber wir haben unserer Ziel schon erreicht - wir steigen nicht ab."

Das Beste an diesem Halbfinale am Mittwochabend war, dass es so wenig mit dem furchterregenden FC Bayern zu tun hatte. Obwohl die Münchner ja sogar unweigerlich den Sieger dieser Partie im Finale erwarten würden, nachdem sie am Dienstag mit 6:1 über die bedauerlichen Wolfsburger hergefallen waren. Das Feine war ja, dass dem Sieger der Partie die Teilnahme an der Europa-League-Qualifikation nicht mehr zu nehmen sein würde. Sollte er die Bayern bezwingen im Finale am 1. Juni, wäre er sogar direkt qualifiziert. Wobei solche Rechenspielchen den Freiburgern und Trainer Streich im Gegensatz zu den Stuttgartern ziemlich wurscht waren - als Tabellenfünfter träumen sie eher noch von der Champions League. Mit dem Abstieg hatten sie diese Saison in Wahrheit nicht wirklich etwas zu tun.

Streichs Kollege Bruno Labbadia hingegen hatte in dieser Saison sehr oft wie ein Verwalter des Elends geklungen. Der Kader des VfB sei zu dünn, er verfüge über zu wenig Geld, und der Spielplan in drei Wettbewerben sei zu intensiv. Nach dem Aus in der Europa League (und einem zwölften Platz in der Liga) war dieses Halbfinale alles, was den Stuttgartern geblieben war. Nun aber feierte Labbadia mit seinen Spielern einen Sieg, bei dem "meine Mannschaft gefightet hat bis zum Umfallen".

Harnik vertändelt

Es war auch der VfB, der gleich loslegte wie entfesselt, und die Spieleröffnung gehörte Martin Harnik: Nach drei Minuten leitete er den ersten Spielzug ein, an der Strafraumkante probierte er den Doppelpass erst mit Maxim, dann mit Ibisevic - nur knapp verpasste er mit seinem strammen Schuss den Winkel. Wenige Sekunden später war es ein langer Ball von Linksverteidiger Molinaro über 30 Meter, der Freiburgs Abseitsfalle übertölpelte, Harnik kam frei vor SC-Schlussmann Baumann zur Chance - doch da trat er hinein in ein Gewühle aus Torwart und inzwischen herangeeilten Freiburgern. Irgendwie vertändelte Harnik den Ball (4.).

Doch weiter spielten nur die Stuttgarter: Ibrahim Traoré leitete einen rasanten Konter über den linken Flügel ein, von dort bediente er Arthur Boka, der im Zentrum der Gefahrenzone den Ball vollkommen ungedeckt mit seinem schwächeren rechten Fuß ins Tor platzierte (9.).

Es verwunderte daraufhin ein wenig, dass die Stuttgarter dieses Spiel und die verdiente Führung für kurze Zeit so leichtfertig aus der Hand gaben. Der womöglich vom Torsprint ermattete Boka konnte nur fünf Minuten später dem kräftigen Antritt des Freiburgers Stürmers Rosenthal von der Mittellinie nicht standhalten; nach einem präzisen Pass des mal wieder blendend aufgelegten Max Kruse drang Rosenthal in den Strafraum ein. Dort schob er die Kugel flach ins Tornetz, vorbei an VfB-Torwart Sven Ulreich, der hinausgeilt war, und zu Boden fiel wie ein Sack mexikanischer Bohnen, allerdings nicht rechtzeitig in die Schussbahn - 1:1 (13.).

Freiburg war wieder im Spiel, so dachte man. Allerdings nur bis zu diesem kuriosen zweiten Treffer der Stuttgarter, als die versammelte Hintermannschaft des SC nach einem Freistoß von Maxim die Übersicht verlor. Stuttgarts Gentner kam auf links an den Ball, er flankte auf den allgegenwärtigen Harnik, dessen Kopfball knallte an die Unterkante der Latte und von da knapp hinter die Torlinie zum 2:1 (29.).

Wohl um endlich zur geplanten Normalität zurückzukehren, brachte Streich nach der Pause Stürmer Santini für Verteidiger Sorg (58.). Der hatte zuvor mit einem schlimmen Rückpass Ibisevic in Szene gesetzt, der erst an Baumann scheiterte, dann rettete Krmas auf der Linie. Die Chancen erspielte sich weiter fast nur der VfB.

Die Freiburger standen nun offensiver, und sie schenkten dem Gegner reichlich Raum: Maxim köpfte über die Latte (64.); Harnik (86.) vergab auch noch einmal . Ein abgefälschter Schuss von Kruse prüfte immerhin noch Ulreich, und kurz vor Schluss vergab Krmas die letzte Gelegenheit der Freiburger. Dann war Schluss: Stuttgart fährt nach Berlin, trifft dort auf den FC Bayern. Ist ja doch irgendwie ärgerlich.

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