SC Freiburg scheitert im DFB-Pokal:Abschied vom Märchen

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Matthias Ginter: Enttäuschung nach dem Pokal-Aus (Foto: Bongarts/Getty Images)

Trotz Pokal-Aus gegen Stuttgart wird der SC Freiburg in dieser Saison gut abschneiden. Ein Europa-League-Platz ist wahrscheinlich, die Champions League nicht unmöglich - doch was danach kommt, verängstigt nicht nur Trainer Christian Streich.

Von Lisa Sonnabend, Stuttgart

Viele sagen, es ist ein Märchen. Doch ein Märchen geht in der Regel gut aus - die märchenhafte Geschichte aus dem Breisgau wird jedoch kein schönes Ende nehmen. Erstmals nach Berlin zum DFB-Pokalfinale zu fahren - das hat der SC Freiburg mit der 1:2-Niederlage gegen den VfB Stuttgart verpasst. Doch dass die Geschichte um das Team von Christian Streich in absehbarer Zeit unerfreulich ausgehen wird, stand schon vor der Partie fest. Lange davor.

Freiburg ist die Überraschungsmannschaft der Bundesliga-Saison. Mit einem Etat, der viel kleiner ist als der von anderen Teams, hat sie sich bis auf Platz fünf der Tabelle vorgearbeitet. Die Teilnahme an der Europa League in der kommenden Saison ist sehr wahrscheinlich, die Champions League noch möglich. Das Problem: Den SC Freiburg von heute wird es dann nicht mehr geben. Zahlreiche Abgänge stehen dem Klub bevor - besonders schmerzhafte Abgänge.

Jan Rosenthal etwa wird zum Saisonende Freiburg verlassen, er wechselt im Juli zu Eintracht Frankfurt. In der Partie gegen Stuttgart lief er in der 13. Minute kurz hinter der Mittellinie los, den Ball hatte er dabei und er verwandelte locker zum vorübergehenden Ausgleich. In dem Spiel eine Art Weckruf für seine Kollegen, die fortan aggressiver agierten. Ein weiteres Tor aber verpassten sie.

Mindestens genauso viel arbeitete an diesem Mittwoch auch Max Kruse. Der 25-Jährige lief auf dem Platz auf und ab und wechselte die Positionen, als würde er alle gleichermaßen im Training üben. Mittelfeld, Angriff oder Verteidigung, ganz egal. In der 70. Minute gelang ihm dann beinahe der Ausgleich, VfB-Torwart Sven Ulreich lenkte jedoch über die Latte. Der Haken auch hier: Kruse wechselt im Juli zu Borussia Mönchengladbach, er hat vor wenigen Tagen unterschrieben.

Und auch der für das Freiburger Spiel wichtige Mittelfeldstratege Daniel Caligiuri hat sich für einen neuen Verein entschieden. Aller Voraussicht nach wird er beim VfL Wolfsburg anheuern, er würde dort ein Vielfaches mehr verdienen. Caligiuri wird sicher nicht der letzte sein, der sich im Sommer aus dem beschaulichen Breisgau verabschiedet, auch um andere Spieler ranken sich die Wechsel-Gerüchte.

Streich hat seinem Verein bereits düstere Prognosen gestellt, er befürchte sogar den Abstieg in die Zweite Liga in der kommenden Spielzeit - und tatsächlich könnte sich das bewahrheiten. Freiburg droht ein ähnlich Szenario wie Borussia Mönchengladbach. Nach einer aufsehenerregenden Saison verließen im vergangenen Sommer Marco Reus, Dante und Roman Neustädter den Verein. Mittlerweile dümpelt Gladbach wieder im Mittelfeld der Tabelle herum.

50 Busse sind für das Spiel aus Freiburg nach Stuttgart gereist, mehr als 10.000 SC-Fans waren im Stadion und übertönten gelegentlich sogar die etwa 50.000 VfB-Fans. Badener, die sich früher gar nicht für Fußball interessiert haben, verpassen mittlerweile keine einzige Partie ihres Vereins. Rosenthal, Kruse & Co. haben ihre Region verzaubert. Auch das wird sich ändern, wenn der SC Freiburg wieder in der Mittelmäßigkeit angekommen ist.

Nach dem Spiel lässt sich Matthias Ginter auf den Boden sinken, er liegt Minuten lang da, schlägt die Hände über das Gesicht, hat Tränen in den Augen. Der 19-Jährige wird dem Verein erhalten bleiben - er weiß wohl, was da auf ihn zukommt.

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