Fußball:Tor, Jubel, Video-Schiedsrichter fragen, doch kein Tor

Fußball: Nimmt Kontakt mit dem Kollegen Tobias Stieler auf: Felix Zwayer beim Testspiel Frankreich gegen Spanien.

Nimmt Kontakt mit dem Kollegen Tobias Stieler auf: Felix Zwayer beim Testspiel Frankreich gegen Spanien.

(Foto: AP)
  • Beim Fußballspiel zwischen Frankreich gegen Spanien erkennt Schiedsrichter Felix Zwayer das 1:0 der Franzosen ab, das 2:0 der Spanier erkennt er nachträglich an.
  • Zwayer spricht von einem erfolgreichen Testlauf des Video-Beweises, Frankreichs Trainer Didier Deschamps hadert nur mit einem Elfmeterpfiff.
  • In Deutschland holperte es beim ersten Test am vergangenen Wochenende.

Die Entscheidung von Felix Zwayer dauerte 43 Sekunden. So lange brauchte der deutsche Schiedsrichter im Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Spanien am Dienstagabend in Paris, um das 1:0 von Antoine Griezmann erst an- und dann wieder abzuerkennen. In dieser Zeit hatte Griezmann gejubelt, die Fans im Stadion hatten gejubelt und auch der Stadionsprecher hatte schon den Namen des Torschützen über die Ränge geschrien. Nur die spanischen Spieler sahen, dass sich Felix Zwayer in dieser Zeit mit dem Finger ans Ohr griff - die Geste für: "Ich lasse die Szene nochmal prüfen."

An einem Bildschirm außerhalb des Spielfelds saß Bundesliga-Schiedsrichter Tobias Stieler und teilte Zwayer per Funkverbindung mit: Der Franzose Layvin Kurzawa, der Griezmann den Ball vorgelegt hatte, stand im Abseits. Zwayer erkannte das Tor wieder ab. Das Stadion pfiff, aber die Entscheidung war korrekt. "Als ich den Spielern auf dem Rasen signalisierte, dass ich mit dem Video-Assistenten kommuniziere, sind sie souverän und respektvoll mit der Situation umgegangen", sagte Zwayer später. Das stimmte, wobei es auch unter Androhung einer gelben Karte verboten ist, auf den Schiedsrichter einzureden, während er mit dem Video-Schiedsrichter spricht.

"Es verändert den Fußball ein wenig"

Minuten später dann der umgekehrte Fall. In der 77. Minute entschied Zwayer nach einem spanischen Treffer durch Gerard Deulofeu auf Abseits, nahm anschließend wieder Funkkontakt zu Stieler auf und revidierte daraufhin sein Urteil - das Tor zählte. Wichtig dabei: Deulofeu traf erst, dann hob der Assistent die Fahne. Die Aktion wurde nicht durch die Entscheidung des Assistenten vorab beeinflusst - nur darum konnte sie das deutsche Team wieder korrigieren. Auch hier lagen sie richtig. Insgesamt sprachen Zwayer und Stieler dreimal miteinander. Als Zwayer einen Elfmeter für Spanien gab, bestätigte ihm Stieler aber lediglich diese Entscheidung.

Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps, der in diesem Fall mit seiner Mannschaft der Benachteiligte der Video-Assistenz war, sagte nach dem Spiel: "Es verändert den Fußball ein wenig. Heute waren die Entscheidungen zu unserem Nachteil, aber da müssen wir durch, es sind für alle die gleichen Voraussetzungen. So ist die Evolution des Fußballs." Nur bei der Elfmeter-Entscheidung habe er seine Zweifel, ob die Interpretation des deutschen Teams richtig war.

"Es war ein positiver Testlauf, denn wir sind dank des Videobeweises in allen Fällen zur richtigen Bewertung der jeweiligen Szene gelangt", sagte Zwayer: "Die Zusammenarbeit mit dem Video-Assistenten hat präzise, schnell und sehr professionell funktioniert. Die Funkverbindung zu Tobias hatte eine konstant gute Qualität, und wir haben uns dauerhaft einwandfrei verstanden."

Probleme beim Test in Deutschland

In der Bundesliga wird das System, das 2018 von den Regelhütern des Fußball-Weltverbands Fifa endgültig abgesegnet werden soll, ab der kommenden Saison in jeder Begegnung (einschließlich der Relegation) zum Einsatz kommen. Derzeit läuft noch die "Offline-Phase" ohne direkten Eingriff der Video-Assistenten ins Spielgeschehen. Am vergangenen Wochenende wurde das System zum ersten Mal in Deutschland aktiv getestet. Wolfgang Stark beobachtete Testspiele in Augsburg und Hamburg aus dem Video-Center der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Köln.

Zweimal griff Stark ein: Das vermeintlich elfmeterwürdige Foul des Augsburgers Jonathan Scherzer an Daniel Steiniger von der SpVgg Greuther Fürth fand knapp außerhalb des Strafraums statt. Einem Treffer von Hamburgs Stürmer Pierre-Michel Lasogga ging ein Foul des Teamkollegen Nicolai Müller voraus. "Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man diese Technik einsetzt und genauere Ergebnisse erzielt", sagte HSV-Trainer Markus Gisdol. "Es ist schön, dass wir bei diesem Test hautnah dabei sein durften." Allerdings offenbarte der Probelauf auch noch Defizite. So wartete in Augsburg Jürgen Gjasula lange einschussbereit am Punkt, ehe er dann doch nicht zum Strafstoß antreten durfte. "Wenn man zwei, drei Minuten warten muss, ist das nicht ideal für den Schützen", kritisierte der albanische Nationalspieler, auch sein Trainer Janos Radoki war unzufrieden: "Das Signal muss schneller kommen, so geht der Fußball kaputt."

Marco Fritz, Leiter der Partie in Augsburg, meinte zur langen Entscheidungszeit: "Das wird im Livebetrieb nicht mehr so sein, dann stehen mehr Kameras zur Verfügung." Festgelegt ist ohnehin, dass der Supervisor aus Köln nur eingreifen soll, wenn es um Situationen von großer Tragweite geht wie Torentscheidungen, rote Karten, Elfmeter und Spielerverwechslungen. Eine Videoüberprüfung einer strittigen Einwurfentscheidung wird es ausdrücklich nicht geben.

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