BVB nach dem 1:5:Gereizt wegen Hummels

Lesezeit: 3 min

  • Beim BVB beginnen nach dem 1:5 in München die Aufräumarbeiten.
  • Hummels, Bürki, Tuchel - sie alle stehen in der Kritik.
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Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Allzu viel Vergangenheitsbewältigung konnte Thomas Tuchel unter Dortmunds Spätherbst-Sonne noch nicht betreiben. Nur Sven Bender und Gonzalo Castro absolvierten am Montag auf dem Trainingsrasen ihr Auslaufpensum. "Wir müssen zurück zur Bissigkeit und zu mehr Aufmerksamkeit im Defensivverhalten", hatte der BVB-Trainer als Parole nach dem überdeutlichen 1:5 bei den Bayern ausgegeben. Und dann gleich selbst eingeschränkt, dass fast alle seine Spieler umgehend zu ihren Nationalteams aufgebrochen sind.

Das Montagstraining fand, wie üblich, auf einem Trainingsplatz weit weg von den Zuschauerplätzen statt. Aber selbst aus der Entfernung glaubten Beobachter, bei Tuchel eine lautstarke Gereiztheit festgestellt zu haben. Auch wenn Dortmunds offizielle Sprachregelung schon vor der Pleite alle Meister-Ambitionen verbannt hatte, war dem ehrgeizigen Trainer kurz nach dem Spiel anzumerken, dass er sich vielleicht mehr ausgerechnet hatte. Nicht nur an diesem Abend, sondern insgesamt.

Hummels lässt Dampf ab

Mats Hummels ging es offenbar ähnlich. Der Weltmeister und BVB-Kapitän ließ Dampf ab und beschwerte sich nach der Pleite über seine Mitspieler. Zum dritten Mal nacheinander. Die 60 Meter weiten Passvorlagen von Jérôme Boateng, die zu den Bayern-Treffern zum 1:0 und zum 3:1 führten, fand Hummels, hätten man im Keim ersticken können. "Ich weiß nicht, wer da genau eingeteilt war, aber da muss man ihm nicht so viel Platz lassen."

Hummels selbst allerdings sah ausgerechnet in beiden Situationen, die Müller und Lewandowski ausnutzten, selbst alles andere als gut aus. Lang geschlagene Bälle - wie die von Boateng - sind zwangsläufig lange unterwegs. Zeit, die aber Hummels nicht nutzte, um die Situationen zu antizipieren und sich rechtzeitig rückwärts zu orientieren.

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BVB-Sportchef Michael Zorc war ausgesprochen gereizt ob der erneuten Kollegen-Schelte des Nationalspielers. "Ich wäre froh, wenn Mats als Kapitän mit gutem Beispiel voran gehen würde, auch was die Kategorie Selbstkritik angeht", sagte Zorc. Hummels hatte sich schon bei den beiden Unentschieden in der Bundesliga (1:1 in Hoffenheim, 2:2 zu Hause gegen Darmstadt) über das unkonzentrierte Deckungsverhalten seiner Mitspieler und über die schwache Chancenverwertung beklagt. Tuchel hatte ihn, auch öffentlich, dazu ermuntert, sich in solche Kritik gefälligst selbst mit einzuschließen. Hummels hatte sich danach für sein Meckern entschuldigt.

Noch mehr Kritik als der arrivierte Hummels musste sich Dortmunds Torwart Roman Bürki gefallen lassen. In mehreren Szenen irrlichterte der Schweizer Nationaltorwart durch den Strafraum, bei den Treffern von Müller und Lewandowski machte er eine besonders schlechte Figur. Bürki hat die absolute Rückendeckung des Trainers, aber abgesehen davon, dass er der erheblich elegantere Fußballer ist, hat er bisher nicht unter Beweis stellen können, sattelfester zu sein als der auf die Bank verdrängte Roman Weidenfeller.

Gerade in München hätte man Weidenfeller im Nachhinein mehr Routine und Kälte zugetraut - und die Fähigkeit, im Eins-gegen-eins den Bayern-Stürmern den Schneid abzukaufen. Bürki kommt bei seinen Mitspielern gut an, weil man ihn ins Passspiel einbeziehen kann. Im Vereiteln hundertprozentiger Torchancen dagegen hat er bisher noch nicht Weidenfellers Niveau zeigen können.

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Tuchel hatte auch selbst eine Taktik-Lektion erhalten. Sein bisher herausragender linker Verteidiger Marcel Schmelzer war ihm mit einer Oberschenkelzerrung ausgefallen. Daraufhin krempelte Tuchel ohne Not die gesamte Viererkette um, inklusive der Versetzung des Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek auf die verkehrte Seite und der Nominierung von Sven Bender als Innenverteidiger. Er präsentierte zudem eine Art Mittelfeld-Raute, bisher wenig erprobt, und verzichtete auf den zwar zuletzt formschwachen, aber doch immer unberechenbaren Marco Reus in der Startformation. Das alles mochte wenig zu tun haben mit dem haarsträubenden Deckungsverhalten von Hummels und Co. -, aber während Pep Guardiola schon nach gut einer Viertelstunde reagierte und Boateng grünes Licht für seine langen Bälle in den Rücken der BVB-Abwehr gab, blieb Tuchel bei seiner Marschroute.

Zorc fürchtete, dass "es noch richtig ausartet"

Für Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke schien am Montag der Abschied von allen höheren Bundesliga-Zielen schon beschlossen zu sein: "Wir liegen auf Platz zwei. Das entspricht unserem Zielkorridor. Die Bayern haben beim Gehalts-Etat einen Vorsprung von 130 Millionen Euro. Es zeigt sich, dass das immer weniger zu kompensieren ist. Die gewinnen jetzt einfach jedes Spiel. Und wenn sie zwischendurch mal unentschieden spielen, dann nur, weil sie dann doch mal einen Gegner nicht mehr ganz ernst nehmen." Dortmund sei aber bislang in der Tabelle immer noch am nächsten dran geblieben.

Watzke glaubte allerdings, dass das 1:5 den wahren Qualitäts-Abstand zwischen beiden Teams nicht spiegelt. Dass Dortmund sich zweimal (zum 0:1, zum 1:3) übertölpeln ließ, einen überflüssigen Elfmeter verursachte, dass vor dem 1:4 eine Abseitsstellung von Passgeber Mario Götze nicht gepfiffen wurde - das lasse darauf schließen, dass der wahre Abstand zwischen beiden Teams nicht gar so groß sei wie das Ergebnis es suggeriert. Sportchef Zorc allerdings wünschte sich nach dem fünften Bayern-Treffer nur den Abpfiff herbei: "Ich hatte da wirklich die Befürchtung, dass es richtig ausartet." Soll heißen: An diesem Abend hätte es noch schlimmer kommen können.

© SZ vom 06.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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