Insolvenz:Welche Rechte haben Kunden von Air Berlin?

Air Berlin

Flugzeuge von Air Berlin auf dem Flughafen Berlin-Tegel

(Foto: dpa)
  • Lufthansa kauft große Teile der insolventen Air Berlin - der Flugbetrieb wird jedoch wohl während einer Übergangszeit von sechs bis neun Monaten nicht einwandfrei laufen.
  • Schon ab dem 15. Oktober gibt es keine Langstreckenflüge mehr von Air Berlin, bis zum 28. Oktober wird der gesamte Flugbetrieb eingestellt.
  • Die Situation für Passagiere der insolventen Airline im Überblick.

Was ist passiert?

Zwei Monate nach der Pleite ist die Übernahme eines großen Teils von Air Berlin durch die Lufthansa beschlossene Sache. Zuvor hatte die insolvente Airline trotz des Übergangskredits der Bundesregierung immer mehr Verbindungen gestrichen - sowohl kurzfristig als auch mit Ankündigung. Nach dem Insolvenzantrag am 15. August hatte zunächst die Hoffnung bestanden, Passagiere würden bis auf Weiteres keine Konsequenzen spüren; die 150 Millionen Euro sollten den Flugbetrieb für etwa drei Monate sicherstellen. Das gelang jedoch nur teilweise. Nun steht wohl eine längere Übergangsphase an.

Wie sieht es bei den Verbindungen von Air Berlin im Einzelnen aus?

Neben kurzfristig gecancelten Flügen ging es zuletzt um die Streichung aller Langstreckenverbindungen von Air Berlin. So fiel am 25. September das Karibik-Programm ab Düsseldorf den Kürzungen zum Opfer. Die bereits zuvor bekannt gegebenen Streichungen einzelner Langstreckenlinien wurden ebenfalls auf den 25. September vorgezogen. Dies betraf die Verbindungen von Berlin nach Abu Dhabi, Chicago, Los Angeles und San Francisco sowie von Düsseldorf nach Boston.

Aber auch in Deutschland fallen Strecken weg: Bereits zum 29. September strich Air Berlin die Verbindungen Hamburg - München sowie Köln/Bonn - München. Am 15. Oktober stellt Air Berlin seine Langstreckenflüge vollständig ein. Als Grund nannte die insolvente Fluggesellschaft, dass die Leasingfirmen nach und nach ihre Airbus A330-Jets zurückzögen.

Die letzten Maschinen mit einer Air-Berlin-Flugnummer (AB) werden voraussichtlich Ende Oktober starten. Spätestens ab dem 28. Oktober sei im Insolvenzverfahren ein eigenwirtschaftlicher Verkehr "nicht mehr möglich", stellte die Geschäftsführung fest. Tickets für spätere Flüge verlieren ihre Gültigkeit. Flugscheine der nicht insolventen Tochterfirma Niki kann man hingegen weiter nutzen.

Welche Rechte habe ich, wenn mein Flug ausfällt?

Lässt eine Airline einen Flug ausfallen, ist das Unternehmen normalerweise entsprechend der EU-"Fluggastrechteverordnung" gesetzlich verpflichtet, eine Ausgleichsleistung zu erbringen - meist ist das eine Entschädigung in Höhe von 125 bis 600 Euro.

Allerdings gibt es im Fall von Air Berlin nur für jene Flüge Geld zurück, die nach dem Insolvenzantrag vom 15. August gebucht und bezahlt wurden. Die Kunden können mit einer Rückzahlung vom eigens für diese Fälle angelegten Treuhand-Konto rechnen. Wer bis zum 15. August gebucht hat, wird aller Voraussicht nach nichts oder nur sehr wenig vom Kaufpreis wiedersehen. Das Geld dieser Passagiere ist - sofern noch vorhanden - Teil der Insolvenzmasse. Diese Kunden müssen als Gläubiger eine Forderung beim Insolvenzverwalter anmelden. Das Verfahren kann Jahre dauern, am Ende dürfte für sie kaum etwas übrig bleiben, erklärt das Fluggastrechte-Portal Fairplane.

Umbuchungen auf andere Fluggesellschaften sind nicht mehr möglich, so Air Berlin auf seiner Website. Außerdem hatte das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland Passagieren zuletzt empfohlen, möglichst kein Gepäck mehr bei Air Berlin aufzugeben. Denn gehe ein Koffer verloren oder werde beschädigt, bleibe der Kunde wohl auch auf diesem Schaden sitzen.

Was ist, wenn ich einen Flug im Rahmen einer Pauschalreise gebucht habe?

Kunden, die Air-Berlin-Flüge im Rahmen einer Pauschalreise im Reisebüro gebucht haben, haben ingesamt mehr Sicherheit. Derartige Unternehmen sind in der Regel gegen Flugausfälle versichert und müssen im Zweifel für Ersatz sorgen. Entsprechend verweist die Airline Pauschalreisekunden, deren Flüge ausfallen, zunächst an ihre jeweiligen Reiseveranstalter.

Und wenn ich nur den Flug im Reisebüro gekauft habe?

In diesem Fall bleiben die Kunden leider meist auf ihren Kosten sitzen: Denn wenn kein Pauschalurlaub gebucht wurde oder der Flug Teil eines Pauschalreisekontingents war, treten die meisten Reisebüros oder Online-Portale nur als Vermittler der Einzelflüge auf. Das heißt, dass der Vertrag zwischen Airline und Kunde geschlossen wird, dieser bekommt keinen Sicherungsschein und hat damit Pech gehabt. In einigen wenigen Fällen aber ist das Reisebüro oder Portal selbst der Vertragspartner: Es hatte die Flüge über einen Großhändler billiger gekauft und verkauft sie selbst an den Privatkunden weiter.

In diesem Fall steht das Reisebüro als Zahlungsempfänger und Aussteller auf der Rechnung, erklärt Reiserechtler Ernst Führich. Selbst wenn auf dieser formuliert sei, "wir vermitteln Ihnen den Flug", sei dies nur ein Versuch, sich der Haftung zu entziehen, so Führich. Ein Reisebüro, das zum Veranstalter wurde, sei für einen Ersatzflug zuständig - oder muss den Flugpreis zurückerstatten und Schadenersatz leisten.

Kann ich ein bereits gebuchtes Ticket vorsorglich mit dem Hinweis auf den Insolvenzantrag stornieren?

Auf der Air-Berlin-Website heißt es, dass Kunden, die vor dem 15. August gebucht haben, bei Stornierungen aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht einmal mehr Steuern und Gebühren erstattet bekommen. Für betroffene Passagiere bestehe die Möglichkeit, die Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzumelden.

Umbuchungen und Stornierungen sind demnach nur im Rahmen der Tarifkonditionen möglich, die bei der ursprünglichen Ticketausstellung galten. Eventuell entstehende Kosten müssen also die Passagiere tragen.

Was passiert mit meinen Bonusmeilen, alten Entschädigungen und Gutscheinen?

Das Programm Topbonus hat am 25. August selbst einen Insolvenzantrag gestellt. Auch Fluggutscheine (Voucher), die für Ausfälle verteilt wurden, können seit einiger Zeit nicht mehr eingelöst werden. Eine Auszahlung ist ebenfalls nicht möglich.

Meilengutschriften und das Einlösung von Meilen ist laut Air Berlin jedoch wieder aktiviert. Die seit dem 20. September geltenden Konditionen seien der Topbonus-Website zu entnehmen.

Was wird nun aus der Fluglinie?

Air Berlin befand sich bis zum 12. Oktober in Verhandlungen mit Lufthansa und Easyjet. Die Gespräche mit der Lufthansa waren erfolgreich, die Fluggesellschaft will 81 Flugzeuge und damit gut die Hälfte der insolventen Air Berlin übernehmen. Für weitere 20 bis 30 Flugzeuge interessiert sich zwar Easyjet, die Gespräche gestalten sich jedoch als schwierig und müssen wohl noch wochenlang weitergeführt werden.

Während der Übernahmephase wird die Lufthansa nach eigener Aussage im Betrieb noch mindestens ein halbes Jahr improvisieren müssen. "Wir werden das irgendwie hinbekommen", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Donnerstag. Das werde aber nicht ohne "Ruckeleien" gehen. Man habe Piloten aus dem Urlaub zurück geholt und fliege innerhalb Deutschlands auch mit Jumbo-Jets, um alle Passagiere aufnehmen zu können.

Tausende Mitarbeiter müssten dafür eingestellt werden, zugleich sei der Übergang der Air-Berlin-Flugzeuge beim Luftfahrbundesamt aufwendig. Ein stabiler Betrieb sei in sechs bis neun Monaten zu erwarten.

Außen vor sind dabei die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki und der Regionalflieger LGW: Sie gehören zwar beide zum Air-Berlin-Konzern, sind aber selbst nicht insolvent - und können somit ganz normal weiterarbeiten.

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