White House Correspondents' Dinner:Obama macht US-Medien mitverantwortlich für Trumps Erfolg

U.S. President Barack Obama speaks at the White House Correspondents' Association annual dinner in Washington

Barack Obama bei seinem letzten White House Correspondents' Dinner.

(Foto: REUTERS)

Beim letzten Korrespondenten-Dinner bilanziert der US-Präsident selbstironisch seine Amtszeit. Dann spottet er über Hillary Clinton, Bernie Sanders und natürlich "The Donald". Die besten Sprüche des Abends.

Von Matthias Kolb, Washington

Ein Gefühl von Nostalgie und Trennungsschmerz liegt über diesem Abend. Zum achten und letzten Mal ist Barack Obama beim White House Correspondents' Dinner zu Gast. Kein anderer US-Präsident war so gut darin, im Stile eines Stand-Up-Comedians Witze über die Reporter, das politische Establishment und sich selbst zu machen.

"Es ist aufregend, hier zu sein. Wenn mein Material hier gut ankommt, dann werde ich es nächstes Jahr bei Goldman Sachs verwenden", witzelt Obama zu Beginn in Anspielung auf seine frühere Außenministerin Hillary Clinton, die mit Reden Hunderttausende Dollar verdient hat. Der US-Präsident scherzt über seine grauen Haare und die Zeit als lame duck: Dass er nicht mal mehr im Ausland ernst genommen werde, zeige die Tatsache, dass ihn in London Prinz George im Bademantel begrüßt habe: "Das war ein Schlag ins Gesicht".

Mit Spott über den Immobilien-Mogul Donald Trump hält sich Obama anfangs zurück. Er kritisiert Trump nur indirekt, indem er sich an Michael Bloomberg (auch dieser hatte mit einer Kandidatur geliebäugelt) wendet: "Mike, ein kämpferischer, umstrittener New Yorker Milliardär führt in den Vorwahlen der Republikaner. Es muss weh tun, dass nicht du das bist. Aber es ist unfair, dich mit 'The Donald' zu vergleichen. Mike war Bürgermeister in New York, kennt sich mit Sachpolitik aus und er hat genau so viel Vermögen wie er behauptet."

Es ist unverkennbar, dass Barack Obama diesen Auftritt genießt und genau weiß, dass er neben exzellenten Witzeschreibern ein gutes Gespür für Pointen, Tempo und Pausen hat. Nach einer guten Viertelstunde tut der 54-Jährige so, als würde er zum Ende kommen - nur um auszurufen: "Natürlich muss ich über Trump reden." Es folgen drei bissige Sprüche:

  • "Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass er nicht hier ist. Das letzte Mal hatten wir so viel Spaß. Ein Raum voller Reporter und Stars, und er sagt 'Nein'? Ist es ihm hier zu geschmacklos? Sitzt er zuhause, isst ein Trump-Steak und beleidigt Angela Merkel bei Twitter?"
  • "Man wirft ihm vor, dass es ihm an außenpolitischer Erfahrung fehlt. Er hatte viele ausländische Würdenträger getroffen: Miss Schweden. Miss Argentinien. Miss Aserbaidschan." (Trump verantwortete lange die "Miss World"-Schönheitswettbewerbe)
  • "Auf einem Gebiet könnte sich Trumps Expertise als wertvoll erweisen. Er könnte Guantanamo schließen ... Er weiß ja, wie man Eigentum mit Blick zum Wasser ruiniert." (Trumps Casino in Atlantic City wurde 2014 geschlossen)

Dass es Obama bei der Vorstellung graut, dass Trump sein Nachfolger als US-Präsident werden könnte, ist seit langem bekannt und nicht verwunderlich: Schließlich zweifelte der Milliardär als oberster "Birther" jahrelang an, dass Obama in den USA geboren und somit rechtmäßiges Staatsoberhaupt sei. Schärfer als der Spott über Trump selbst ist Obamas Kritik an den US-Medien und deren Berichterstattung über den laufenden Wahlkampf.

"Ich will nicht zu viel Zeit mit 'The Donald' verbringen. Ich mache es wie ihr und halte mich zurück. Denn ich finde, dass er von Anfang an genau das richtige Ausmaß an Berichterstattung bekommen hat. Ich hoffe, ihr seid alle stolz auf euch. Der Kerl wollte seine Hotels bekannter machen und nun hoffen wir, dass Cleveland (hier findet der Parteitag statt, d. Red.) bis Juli durchhält."

"Es widerspricht nicht eurer Objektivität, wenn ihr Fakten einfordert"

Diese Klagen sind nicht neu. Bereits Ende März hatte Obama deutlich die Rolle der US-Medien im Wahlkampf 2016 kritisiert: "Um diesen Job gut zu machen, reicht es nicht aus, jemandem nur ein Mikrofon hinzuhalten." In Anspielung auf Trump klagte der US-Präsident, dass die Berichterstattung oft "völlig losgelöst von Vernunft, Fakten und Analyse" sei. Zu häufig habe Trump eine Plattform für seine "spaltende und vulgäre Rhetorik" bekommen und zu selten sei ihm widersprochen worden.

Ähnliches wiederholt er nun vor den 2600 Gästen (darunter Will Smith, Morgan Freeman, Helen Mirren, Bryan Cranston und Kerry Washington), die jeweils 300 Dollar für ihr Ticket zum White House Correspondents' Dinner bezahlt hatten. "Es widerspricht nicht eurer Objektivität, wenn ihr Fakten einfordert", sagt der US-Präsident.

Einige andere, bemerkenswerte Sprüche von Barack Obama:

  • über Bernie Sanders: "Und hier ist das strahlende neue Gesicht der Demokraten. Ich bin aber enttäuscht, dass du dich von mir distanzierst. Das tun sich Genossen nicht an." (Republikaner bezeichnen Obama seit langem als Sozialist)
  • über Hillary Clinton: "Nächstes Jahr wird hier jemand anders stehen. Jeder kann raten, wer sie sein wird."
  • über seine Popularität: "In meinem letzten Jahr steigen meine Beliebtheitswerte immer höher. Ich weiß nicht, warum. Ich mache nichts anderes als sonst." (auf dem Bildschirm erscheinen Bilder von Ted Cruz und Donald Trump)
  • über Präsidentschaftskandidat John Kasich: "Manche Leute haben so niedrige Umfragewerte, dass sie keinen eigenen Witz bekommen. Sorry, so sind die Regeln."

Wie kaum ein anderer Politiker weiß Obama (auch dank junger Berater), wie man sich in den sozialen Medien gut verkauft und so beendet er seine Rede auf eine Art ("Obama out. Drop The Mic"), die sich wunderbar in ein Gif verwandeln lässt:

Wieso Satiriker Wilmore die Medien kritisiert und das N-Wort benutzt

Direkt nach Obama betritt Larry Wilmore die Bühne, der bei Comedy Central die Sendung "The Nightly Show" moderiert und damit die Nachfolge von Stephen Colbert antrat. Dieser hatte 2006 beim WHCD für Aufsehen gesorgt, als er in seiner Rolle als konservativer TV-Moderator George W. Bush so übertrieben überschwänglich lobte, dass einige Republikaner erbost den Saal verließen.

Und Wilmore macht schnell klar, dass er sich nicht bei der Medien-Elite und ihren Gästen aus Hollywood und der Lobbybranche einschleimen will (rund um das WHCD gibt es viele, zum Teil sehr exklusive Partys von Medienunternehmen wie Vanity Fair, HBO sowie von Tech-Firmen wie Google). "Welcome to Negro Night", ruft der Afroamerikaner zu Beginn: "Bei Fox News wird es allerdings heißen: 'Zwei Gangster stören elegantes Abendessen in Washington'."

Der 54-Jährige nutzt seinen Auftritt viel mehr, um den Amerikanern vor den Bildschirmen klar zu machen, dass es trotz des ersten schwarzen Präsidenten noch viele Vorurteile und Probleme im Alltag gibt. "Black Lives Matter ist auch hier im Saal", ruft Wilmore und sagt nach einer Kunstpause: "Beruhigt euch, ihr Weißen. Entspannt euch, sie sind nicht hier. Es war nur ein Witz."

President Barack Obama listens to comedian Larry Wilmore at the White House Correspondents' Association annual dinner

Und Obama lacht: Comedian Larry Wilmore beim White House Correspondents' Dinner.

(Foto: REUTERS)

Wilmores Kritik an den TV-Sendern - sowohl an einzelnen Moderatoren wie an der Tatsache, dass dort zu wenig Schwarze und Latinos arbeiten - ist so beißend, dass während seiner Rede Buh-Rufe zu hören sind und der schwarze CNN-Moderator Don Lemon eine Attacke Wilmores mit dem ausgestreckten Mittelfinger quittiert.

Eine Auswahl der besten Sprüche von Larry Wilmore:

  • über Obamas Treffen mit dem Basketballstar und Distanzwurf-Experten Steph Curry: "Das war cool. Und es ergibt auch viel Sinn: Ihr mögt es beide, aus einiger Entfernung Bomben regnen zu lassen."
  • über die Tatsache, dass Bin Laden 2011 kurz nach dem WHCD getötet wurde, "Wen werden Sie heute Abend umbringen? Der Print-Journalismus kann nicht Ihr Opfer sein, der ist ja schon tot."
  • über Bernie Sanders: "Bernie ist so alt, dass er dabei war als Gott sagte: 'Es werde Licht.' Bernie meinte damals: 'Lasst uns Energie sparen und im Dunklen sitzen.'"
  • über sein Publikum: "Ich bin wirklich beeindruckt von den Leuten in diesem Raum. So viele reiche, mächtige Menschen. Es ist wirklich nett, endlich die Namen mit den Gesichtern aus den Panama Papers zusammenzubringen."
  • über Ted Cruz: "Puh, jeder hasst Ted Cruz. Sogar O.J. Simpson sagt: 'Es ist echt schwer, den Kerl zu mögen. Es gibt ja im Internet dieses Gerücht, dass Cruz der Zodiac Killer sei. Das ist absurd: Es gab einige Leute, die diesen Massenmörder mochten."
  • über Donald Trump: "Seine Kandidatur ist wirklich inspirierend und bewirkt einiges ... zum Beispiel gewalttätige Ausschreitungen."
  • "Mich überrascht der Erfolg von Trump gar nicht, weil ich gern Kinofilme schaue. Immer wenn ein Schwarzer der Präsident ist, dann kommt etwas und zerstört die Welt."
  • über Ex-Kandidat Chris Christie, der nun Trump unterstützt: "Er hat ziemlich viel abgenommen in letzter Zeit, oder? Er ist all das losgeworden, was er nicht braucht: Selbstachtung und Würde."
  • über den gealterten Obama: "Ihr Haar ist nun so weiß, dass es bei einem Trump-Event versuchen würde, mich zu schlagen."
  • über dessen Bilanz: "Bald wird Obama sagen, dass die Bar gleich zumacht. Keine Angst, das hat er über Guantanamo auch gesagt. Ihr habt also noch acht Jahre."

Wilmore spart nicht an Kritik an der Bilanz von Barack Obama, doch es besteht kein Zweifel, wie bedeutend der TV-Satiriker die Tatsache findet, dass zwei Afroamerikaner an diesem Abend im Mittelpunkt stehen. "Als ich ein Kind war, haben die Leute nicht mal einen schwarzen Quarterback akzeptiert. Man dachte, dass er allein wegen seiner Hautfarbe kein Football-Team anführen könne. Und heute kann ein schwarzer Mann der Anführer der gesamten freien Welt sein", sagt Wilmore nicht ohne Pathos.

Und als er sich dann zu Barack Obama umdreht, verwendet er jenes Wort, dass in der US-amerikanischen Öffentlichkeit noch immer äußerst umstritten ist: "Yo, Barry, du hast es geschaffen, mein Nigger. Du hast es geschafft."

Über dieses Wort und diesen Auftritt wird die nächsten Stunden und Tage aufgeregt diskutiert werden - zumindest in den TV-Kabelsendern und jenen Nachrichtenseiten, die von Obama und Wilmore kritisiert wurden.

Linktipps:

Weil Tochter Sasha noch die High School beenden soll, werden Barack und Michelle Obama noch mindestens zwei Jahre in Washington wohnen. In diesem Video überlegt der US-Präsident selbstironisch, wie er diese Zeit nutzen soll:

Ein Video vom 32 Minuten langen Auftritt von Barack Obama hat das Weiße Haus ins Netz gestellt:

Larry Wilmores komplette Rede können Sie hier ansehen:

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: