Koalitionsverhandlungen:Dobrindt auf Stunk-Tour

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SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt nach der großen Runde im Willy-Brandt-Haus. (Foto: dpa)

Der Ton wird rauer zwischen CSU und SPD - vor allem vor den Türen der Konferenzräume. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt stänkert gegen die Sozialdemokraten. Bloß nicht zu viel Harmonie. Er will schließlich noch was werden.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Andrea Nahles sieht aus, als hätte sie auch schon mal schönere Momente erlebt. Neben ihr steht Alexander Dobrindt im Atrium des Willy-Brandt-Hauses. Der CSU-Generalsekretär und Sozen-Fresser wirkt ohnehin immer wie ein Fremdköper im Hauptquartier der Genossen. Jetzt hat er sich offenbar vorgenommen, die bis dahin ganz gute Stimmung kaputtzumachen.

In der sechsten großen Verhandlungsrunde ging es an diesem Dienstag wie fast immer harmonisch zu. Die 75 Unterhändler haben wohl akzeptiert, dass am Ende nicht sie, sondern die big three, die drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD, entscheiden. Die Liste der strittigen Themen ist nicht kürzer geworden: Pkw-Maut, doppelte Staatbürgerschaft, Mindestlohn, Mütterrente, abschlagsfreie Rente ab 63, Zuschussrente, Steuerpolitik.

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Noch ist nichts wirklich entschieden. Doch scheint sich vor allem in der CSU das Gefühl breitzumachen, dass die Christsozialen in den Koalitionsverhandlungen zu den großen Verlierern werden könnten.

CSU-Chef Horst Seehofer hat bereits Neuwahlen ins Spiel gebracht. Eine Koalition mit den Sozialdemokraten dürfe es nicht um den Preis geben, dass das Profil der CSU zerstört werde, soll er in der CSU-Vorstandssitzung am Montag gesagt haben. Sollte es so kommen, "dann ist mir auch vor anderen Schritten nicht bange". Hermann Gröhe, CDU-Generalsekretär, sekundierte am Dienstag: "Wenn es am Ende nicht zu einem Ergebnis kommt, brauchen wir Neuwahlen nicht zu fürchten."

"Kein sozialdemokratischer Koalitionsvertrag"

Dobrindt, inzwischen zu einem der engsten Vertrauten Seehofers aufgestiegen, machte entsprechend Druck - nach den heutigen Verhandlungen. Er und Seehofer haben in der großen Runde selbst kaum etwas gesagt, berichten Teilnehmer. Es gebe einen "großen Willen", zu einem guten Ergebnis zu kommen, sagt Dobrindt während der Pressestatements der drei Generalsekretäre im SPD-Atrium. Aber es sei auch klar, dass das am Ende "kein sozialdemokratischer Koalitionsvertrag sein kann". Eine "Umkehrung des Wahlergebnisses" sei mit der CSU nicht drin.

Wenn es etwa um die Mütterrente gehe, habe sich bei ihm schon eine gewisse "Unzufriedenheit" breitgemacht. Die andere Seite würde mit fiesen Tricks versuchen, das Ganze als unfinanzierbar dastehen zu lassen.

Die Gesichtszüge der SPD-Generalsekretärin entgleisen immer mehr, während Dobrindt spricht. Das kann ihr gar nicht passen: Bisher ist die SPD ganz gut damit gefahren, als Treiberin der Koalitionsverhandlungen dazustehen.

Dobrindt will ihr einen Strich durch die Rechnung machen. "Es wird nicht zu jeder Bedingung alles geben. Wir sehen nicht bei uns den Auftrag, den Mitgliederentscheid der SPD zu formulieren."

Bundesminister für was auch immer

Das darf durchaus als kleine Kampfansage des CSU-General-Dampfhammers an die SPD verstanden werden. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte am Wochenende auf dem Parteitag der SPD in Leipzig gefordert, die Union müsse jetzt liefern. Was Dobrindt wiederum konterte mit dem Satz: "Wer etwas geliefert haben möchte, der sollte besser zu Zalando gehen. Bei uns wird nicht geliefert - bei uns wird hart verhandelt."

Dobrindt will halt was werden. Seehofer hat ihn ja schon zum Bundesminister für was auch immer erklärt. Noch sind keine Ressorts verteilt. Aber mit Entwicklungspolitik dürfte sich Dobrindt nicht zufriedengeben. Er wird gerade zum ärgsten Gegner von CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich. Auf eines ist Verlass: Friedrich kann in jeder Situation eine schlechte Figur abgeben. Ihm fehlt gerade der erkennbare Wille, das bleiben zu wollen, was er ist. Während Dobrindt der Wunsch nach Macht aus jeder Pore zu schießen scheint.

Am Wochenende trifft sich die CSU zu ihrem Parteitag in München. Auch deshalb ist Stunk machen gegen die Sozis genau das richtige Mittel, um die Parteifreunde wohlgesonnen zu stimmen. Am Donnerstag hat Dobrindt die nächste Stänker-Gelegenheit. Dann trifft sich die große Runde zum siebten Mal, diesmal erneut im Konrad-Adenauer-Haus. Zu entscheiden gibt es wieder mal nichts. Das machen kommende Woche dann die Parteichefs. Aber rummosern wird er ja wohl noch dürfen.

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