Große Koalition:Der neue Zuschnitt der Ministerien

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Gabriel bastelt sich ein Superministerium, die CSU stellt "Netzminister"-Dobrindt, Justizminister Maas übernimmt den Verbraucherschutz vom designierten Landwirtschaftsminister Friedrich. Bevor die künftige Regierung die Posten verteilte, schnitt sie einige Ressorts völlig neu zu.

Eine Kurzanalyse von Lilith Volkert

Wenn Politiker eine neue Regierung bilden, gehen sie gerne mit Feuereifer und der Schere ans Werk. Man verteilt nicht nur Posten, vorher werden auch Zuständigkeiten zusammengelegt, wieder getrennt oder neu geschaffen.

Diesmal gibt es beim Zuschnitt der Ministerien drei große Veränderungen: Das Wirtschaftsministerium ist künftig auch für die Energiewende zuständig, das Verkehrsministerium soll sich auch um das Internet kümmern und der Verbraucherschutz wandert vom Agrar- in das Justizressort.

Was bedeutet das im Einzelnen?

SPD bekommt Superministerium und muss die Energiewende stemmen

Dass SPD-Chef Gabriel als "Superminister" die Ressorts Wirtschaft und Energie übernimmt, ist eine große Herausforderung und eine große Chance - aber auch ein Risiko. Schafft Gabriel es, in den kommenden vier Jahren die Energiewende zu organisieren, dürfte er für die nächste Bundestagswahl einen guten Bonus als Kanzlerkandidat haben. Stemmt er das Riesenprojekt nicht, wird er als Verlierer dastehen. Sicher ist: Er wird in der künftigen Regierung der starke Mann neben Kanzlerin Angela Merkel sein.

Dass die Energiewende künftig ganz in der Hand der Sozialdemokraten liegt, sieht man an einer weiteren Zuständigkeit: Der Baubereich mit dem wichtigen Teil der Gebäudesanierung wird aus dem Verkehrsministerium (weiterhin unter CSU-Führung) herausgelöst und geht das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Ab dessen Spitze: Barbara Hendricks von der SPD.

CSU stellt den "Netzminister" - doch Netzpolitik bleibt die Sache vieler

Die Digitalisierung wird zwar nicht zur Chefsache, aber zumindest erstmals erklärte Aufgabe eines Ministers. Der bisherige CSU-Generalsekretär und künftige Verkehrsminister Alexander Dobrindt soll sich darum kümmern. Wobei es nicht um Netzpolitik grundsätzlich, sondern um die "digitale Infrastruktur" geht - den Breitband-Ausbau, in dem Deutschland im internationalen Vergleich sehr weit zurückhängt. Andere Themen wie Datenschutz, IT-Sicherheit und Startup-Förderung verbleiben da, wo sie bisher waren: Im Innen-, Justiz und Wirtschaftsministerium.

Außerdem bleibt abzuwarten wie ernst Dobrindt das Thema Digitalisierung nimmt. Seine vorrangige Aufgabe wird es wohl zunächst sein, die von der CSU gewünschte Pkw-Maut gegen Widerstände durchzusetzen.

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SPD-Justizminister übernimmt Verbraucherschutz von CSU-Agrarminister

Dafür, dass sich der Justizminister auch um den Verbraucherschutz kümmert, hatte sich die SPD in den Koalitionsverhandlungen stark gemacht. Vor allem beim Thema Ernährung seien die Interessen der Verbraucher im Agrarressort schlecht aufgehoben, argumentierten die Sozialdemokraten. Bisher sei die Stärkung der Verbraucherbelange stets am erbitterten Widerstand der Industrie gescheitert. Zudem sitzt dem Landwirtschaftsminister die Bauernlobby im Genick.

Vertreter des Justizministeriums waren bei wichtigen Entscheidungen ohnehin beratend beteiligt, nun übernehmen sie die ganze Verantwortung - unter Federführung des künftigen SPD-Justizminister Heiko Maas.

Der Verbraucherschutz war erst 2001 zur Ministersache geworden, unter anderem als Reaktion auf die Verbreitung der Rinderseuche BSE, die die Menschen stark verunsichert hatte. Die Grünen-Politikerin Renate Künast wurde erste Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Als Horst Seehofer den Posten 2005 übernahm, rückte der Verbraucherschutz in der Amtsbezeichnung hinter Ernährung und Landwirtschaft an die letzte Stelle - angeblich ausschließlich aus Gründen des Alphabeths.

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