Folter:USA begingen in Afghanistan möglicherweise Kriegsverbrechen

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  • US-Soldaten und Agenten des US-Geheimdienstes CIA könnten in Afghanistan nach Einschätzung des Internationalen Strafgerichtshofes Kriegsverbrechen begangen haben.
  • Angehörige der US-Streitkräfte sollen mindestens 61 Gefangenen Folter und Misshandlungen angetan haben.
  • Die USA sind dem Strafgerichtshof nie beigetreten. Dennoch können sie belangt werden, wenn sie Verbrechen in einem Mitgliedsland begangen haben.

US-Soldaten und Agenten des US-Geheimdienstes CIA könnten nach Einschätzung internationaler Ermittler in Afghanistan Kriegsverbrechen begangen haben. Dies geht aus einer umfassenden Untersuchung zu den Geschehnissen in Afghanistan seit dem Mai 2003 hervor, deren Ergebnisse die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH), Fatou Bensouda, am Montagabend in Den Haag veröffentlichte.

Auf Grundlage der Untersuchungen kam Bensouda zu dem Ergebnis, dass Angehörige der US-Streitkräfte auf afghanischem Boden mindestens 61 Gefangene durch Folter, Misshandlungen oder Verletzung ihrer Menschenwürde gequält haben könnten. Womöglich seien überdies mindestens 27 Häftlinge von CIA-Agenten misshandelt worden, nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Polen, Rumänien und Litauen.

Die Mehrheit der Vorfälle habe sich wahrscheinlich zwischen 2003 und 2004 ereignet, einige der Vorwürfe beziehen sich aber auch auf die jüngere Vergangenheit bis hin zum Jahr 2014.

Es handele sich nicht um Einzelfälle, sagte Bensouda. Sie werde zeitnah entscheiden, ob sie eine Erlaubnis für umfangreiche Ermittlungen in Afghanistan beantragen werde.

USA kein Mitglied des IStGH

Die US-Streitkräfte waren nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in Afghanistan einmarschiert und hatten die radikalislamischen Taliban von der Macht vertrieben. Zu den Verhörpraktiken der CIA für Terrorverdächtige gehörten Schlafentzug und das international geächtete "Waterboarding", also simuliertes Ertränken. 2014 kam ein Bericht des US-Senats zu dem Schluss, dass die Methoden brutaler waren als zunächst bekannt.

Die USA sind zwar kein Mitglied beim IStGH. Doch kann deren Bürgern Strafverfolgung drohen, wenn sie Verbrechen in einem Land begangen haben, das dem Strafgerichtshof angehört - wie etwa Afghanistan. Der Gerichtshof steht immer wieder in der Kritik, seine Ermittlungspraxis sei einseitig auf Afrika konzentriert. Vor Kurzem hat Südafrika dem Tribunal Neokolonialismus vorgeworfen und ist ausgetreten, ebenso wie Burundi und Gambia.

© SZ.de/AFP/AP/dpa/ewid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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