Debatte um Geheimdienstreform:SPD will Verfassungsschutz "wieder fit machen"

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Das "krasse Versagen" des Verfassungsschutzes hat die Abgeordneten im NSU-Untersuchungsausschuss "sprachlos" gemacht. Jetzt legt die SPD ein Eckpunktepapier zur Reform des angeschlagenen Nachrichtendienstes vor. Damit gerät auch Innenminister Friedrich unter Druck.

Angesichts eines "krassen Versagens" des Verfassungsschutzes im Kampf gegen Rechtsextremismus will die SPD-Bundestagsfraktion den Verfassungsschutz grundsätzlich reformieren. In einem am Montag vorgelegten Eckpunktepapier schlagen die Sozialdemokraten Maßnahmen vor, mit denen ein Mentalitätswechsel weg vom "Schlapphut-Image" erreicht werden könne, sagte Thomas Oppermann, der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion.

Der Verfassungsschutz befinde sich "in der schwersten Krise in der Geschichte der Bundespolitik", sagte Oppermann weiter. Die Vorschläge seiner Partei seien dementsprechend einschneidend. Das vorgelegte Konzept sei der "Versuch, den Verfassungsschutz wieder fit zu machen, für den Schutz der Demokratie". Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) müsse seine Reformvorschläge für die angeschlagene Behörde daran messen lassen.

Nach dem Eckpunktepapier der SPD sollen die Abteilung Rechtsextremismus und das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) nach Berlin verlagert und der Einsatz von V-Personen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Auch müssten die Kontrollmöglichkeiten des Parlaments ausgebaut werden.

Eine weitere zentrale Forderung der Sozialdemokraten ist eine stärkere Rolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegenüber den Landesämtern. Allerdings wolle die SPD am Föderalismus festhalten, betonte Oppermann. Eine Zusammenlegung oder Abschaffung der Verfassungsschutzämter der Länder stelle keine Option dar. "Wir respektieren hier den Föderalismus. Kleine Ämter müssen nicht notwendig schlecht arbeiten", sagte Oppermann. Die Pflicht zum Informationsaustausch müsse aber gesetzlich festgeschrieben werden.

Abgeordnete sind "sprachlos" über das Versagen des Verfassungsschutzes

Ferner müsse es eine effizientere parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes geben. So sollte etwa das Kontrollgremium des Bundestages für die Geheimdienste mit mehr Personal ausgestattet und unter die Führung eines leitenden Beamten gestellt werden. Außerdem müsse das Gremium das Recht bekommen, auch Personen einzuladen, die nicht Angehörige der Nachrichtendienste sind, sagte Oppermann.

Hintergrund sind die Pannen des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur rechtsextremistischen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Die Terroristen zogen mehr als 13 Jahre unbehelligt von den Sicherheitsbehörden durch die Bundesrepublik und ermordeten zehn Menschen. Für Kritik sorgte darüber hinaus, dass noch nach dem Auffliegen der Gruppe im Bundesamt für Verfassungsschutz Akten zu dem Fall vernichtet wurden.

Der geforderte Mentalitätswechsel könne nicht ohne weitgehende Reformen in der Ausbildung erfolgen, sagte Eva Högl, die SPD-Obfrau im Neonazi-Untersuchungsausschuss. Dies gelte auch für die Polizeibehörden. Im Untersuchungssausschuss zur Neonazi-Mordserie habe es viele "sprachlos gemacht, wie groß das Versagen des Verfassungsschutzes in Bund und Ländern war".

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/mahu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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