Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dieser Tage ein Zusammengehen der Union mit der AfD im neuen Bundestag ausgeschlossen. Sie sagte, die AfD könne kein Partner sein "für irgendeine Form der Zusammenarbeit". Das Pronomen "irgendein" dürfte in Sachsen-Anhalt mit Aufmerksamkeit gelesen worden sein. Im dortigen Landtag hatten am Donnerstag weite Teile der CDU-Fraktion für einen Antrag der AfD gestimmt - dieser brachte eine Enquete-Kommission zur Untersuchung von Linksextremismus auf den Weg.
Verwirrung und Kritik äußerten daraufhin die Koalitionspartner SPD und Grüne. Sehr zufrieden gab sich hingegen AfD-Landeschef André Poggenburg. Er sieht in dem Vorgang einen "Dammbruch und einen Meilenstein in der Entwicklung der AfD". CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt verwies zwar darauf, dass in der Koalitionen "hinsichtlich des Stimmverhaltens keine Verabredung getroffen" worden sei und die AfD den Antrag als qualifizierte Minderheit auch allein durchbekommen hätte.
Die Lesart der Koalitionspartner ist eine andere, auch weil der Vorgang dort nicht nur formal, sondern inhaltlich sowie in seiner Außenwirkung betrachtet wird. Der Grüne Sebastian Striegel sagt, die Verlässlichkeit, die seine Partei in die Koalition eingebracht habe, müsse auch von der CDU eingefordert werden, das werde "gerade auch für unsere grünen Projekte gelten". Rüdiger Erben von der SPD fragt sich gar, "ob jeder in der CDU, der dem Antrag zugestimmt hat, den Text darunter auch kennt". Darin gehe es weniger um Linksextremismus als um die grundsätzliche Diskreditierung Andersdenkender.
Die Linke Henriette Quade erinnert daran, dass Teile der CDU seit Beginn der schwarz-rot-grünen Koalition häufiger mit ihrer AfD-Nähe auffällig geworden seien und das Bündnis mehrfach uneinheitlich abstimmte. So gesehen reihe sich der Vorgang gut ein: "Die AfD hält mal wieder das Stöckchen, und die CDU springt mit Anlauf drüber."
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sieht vier Wochen vor der Bundestagswahl zwar "eine politische Aufgeregtheit, die nichts bewirkt". Er sei zudem dagegen, eine Partei zu ignorieren, nur weil sie unliebsam sei. Die AfD sei demokratisch gewählt und müsse argumentativ gestellt werden. "Rein strategisch" aber, sagt Stahlknecht, "wäre mit Blick auf das Minderheitenrecht eine überwiegende Enthaltung oder ein schlichtes Passierenlassen unserer Fraktion der bessere Weg gewesen".
So knistert es also in der CDU selbst, deren Fraktionsführung nicht das erste Mal unter Druck gerät. In der Regierungskoalition von Reiner Haseloff knackt es sowieso. Noch aber haben die meisten Beteiligten die Hoffnung, zumindest irgendeine Form der Zusammenarbeit aufrechterhalten zu können.