Wirtschaft:Isartal in der Flasche

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Auf dem Gelände des ehemaligen Reitstalls unterhalb der B11 will Abfalter Heilwasser gewinnen. Für seine Abfüllanlage müsste er die Häuser abreißen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die "Leonhardsquelle" hat Johann Abfalter zum Marktführer für Bio-Mineralwasser gemacht. Nun will er auch in Icking ein Heilwasser gewinnen. Es soll vor allem "gut für den Kopf" sein, sagt der Unternehmer.

Von Claudia Koestler, Icking

Die Sommerfrischler heben vor rund 100 Jahren das idyllische Isartal als Ausflugsziel entdeckt. Auf den grünen Hängen Ickings entstanden die ersten Feriendomizile, später auch repräsentative Landsitze, in denen Malerkreise, Gartenkonzerte und illustre Teegesellschaften veranstaltet wurden. Heute ist die Gemeinde in weiten Teilen eine Villen-Kommune für gut Situierte. Doch schon bald soll sich das Gesicht Ickings erneut grundlegend wandeln: zu einem Ort, in dem Heilwasser-Quellen sprudeln. Ickinger Wasser soll bundesweit vermarktet werden, als Getränk, das die Beschwerden seiner Konsumenten lindert - vor allem Kopfweh und Konzentrationsschwächen. Das ist zumindest der erklärte Wille von Johann Abfalter.

Das Ickinger Wasser wäre die dritte Marke des Unternehmers

Bekannt ist die Familie Abfalter bereits für ein Mineralwasser, das überwiegend im Naturkosthandel zu finden ist: 1995 übernahm die Familie die Quelle Sankt Leonhard in Stephanskirchen und entwickelten ihr Wasser zum Marktführer im Biowasser-Segment. Doch allein mit den Abfüllungen aus der Leonhardsquelle am Quellort Bad Leonhardspfunzen gibt sich Senior-Geschäftsführer Johann Abfalter nicht zufrieden. 2006 übernahm die Familie deshalb die ehemalige "Zeller-Quelle" in Ruhpolding, die inzwischen den Namen "Quelle Sankt Georg" trägt. Und der gelernte Landwirt, ehemalige Immobilienmakler und Bauträger will das Geschäft mit dem Wasser weiter ausbauen. Vor rund zehn Jahren erwarb er deshalb in Icking das Gelände unterhalb der B 11 am ehemaligen Reitstall, um auch dort besondere Wässer zu finden und abzufüllen. "Wir wollten zunächst unser Projekt in Ruhpolding zum Laufen bringen", erklärt er die lange Ruhephase seit dem Kauf. "Ruhpolding läuft jetzt, nun widmen wir uns Icking", sagt Abfalter.

Auf das Gelände in der Isartalgemeinde sei er gestoßen, weil die dort damals lebenden Pferde sehr alt geworden seien, teilweise über 30 Jahre, "und das ist ungewöhnlich für Reitschulpferde", sagt Abfalter. Dass die Tiere "bis zuletzt gut drauf waren" liegt in den Augen des Geschäftsführers an "guten Energien. Und die Grundlage dazu ist immer gutes Wasser." Kurz nach dem Kauf habe er in Icking bereits zwei Brunnen gebohrt und sei auf Wasser gestoßen, das nicht nur Trink- oder Mineralwasserqualität habe, sondern sogar "Heilwasserqualität" aufweise. Abfalter ist überzeugt, dass das Ickinger Wasser "gut für den Kopf" sein werde, also heilende Wirkung speziell für Beschwerden kognitiver Art habe.

Die Wirkung muss nach dem Arzneimittelgesetz nachgewiesen werden

Ob das nun Wunsch ist oder Wirklichkeit wird, obliegt allerdings noch strengen Prüfungen. Bevor eine Wasserspezialität in Flaschen abgefüllt als Heilwasser in den Handel kommen kann, "muss sie durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassen werden", heißt es von Seiten des Vereins "Deutsche Heilbrunnen" im Verband Deutscher Mineralbrunnen. "Dies ist eine Anforderung, die unter allen Wasserarten nur für Heilwasser gilt, denn es muss auch als mild wirkendes Naturheilmittel die strengen Vorschriften des deutschen Arzneimittelgesetzes erfüllen und Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nachweisen", heißt es weiter. Zu den umfangreichen Zulassungsunterlagen gehöre dem Verband zufolge unter anderem "ein analytisches, ein pharmakologisch-toxikologisches und ein klinisches Sachverständigengutachten."

Die will Abfalter einholen und dann den Betrieb aufbauen. Zuvor will er aber noch einen dritten Brunnen bohren. Allerdings hat das Wasserwirtschaftsamt erst kürzlich angeraten, "ein klärendes Gespräch" zwischen Abfalter, dem Landratsamt als Genehmigungsbehörde und der Weilheimer Fachbehörde anzusetzen, sagt deren Leiter Roland Kriegsch. Denn bislang seien ihnen die genauen Absichten des Mineralwasser-Herstellers noch nicht bekannt. Auch Ickings Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) ist von dem Vorhaben überrascht: "Mit uns hat Herr Abfalter noch nicht gesprochen". Zwar sei vor Jahren der Brunnenbohrturm aufgefallen, doch damals erhielt die Gemeinde die Aussage vom Wasserwirtschaftsamt, dass die Bohrungen genehmigt seien. Grundsätzlich aber findet sie die Idee, dass Icking künftig mit einer Heilwasserquelle bundesweit bekannt werden könnte, "interessant".

Für die Abfüllanlage müssen die Gebäude weichen

Ausgerechnet das Thema Wasser hat in Icking in der Vergangenheit immer wieder Schlagzeilen produziert, allerdings bislang eher als Problem. Die Gemeinde hatte nicht nur bis vor wenigen Jahren immer wieder mit bakteriell verschmutztem Trinkwasser zu kämpfen. Inzwischen ist es vor allem das Niederschlagswasser, das in der Kommune bei Starkregen zu Überflutungen führt und die steilen Hänge des Isar-Hochufers abschwemmt. Obwohl Abfalters künftiges Brunnen-Areal unterhalb des Hauptortes liegt und somit im direkten Weg des Regenwassers Richtung Isar, macht er sich um die Qualität seines Quellwassers keine Sorgen. "Das wird uns nicht tangieren", sagt er. Denn seine Quellen lägen mehr als 30 Meter unter dem Boden, und die gemeindliche Quelle befinde sich an anderer Stelle. Auch Menrad sieht in der geografischen Lage kein Problem. "Anders sieht es baurechtlich aus, denn es ist Außenbereich", merkt sie an.

Daran schließt sich ein weiteres Problem an, das Abfalter er lösen muss, bevor er seine Abfüllanlage aufbauen kann. Noch stehen auf dem Gelände nämlich Gebäude, die er abreißen muss. In diesen leben derzeit zum Teil Sozialhilfeempfänger, im anderen Teil ist eine Hundepension untergebracht. Die Mieter würden aber nicht auf die Straße gesetzt, verspricht Abfalter jetzt, da er sich dem Projekt Ickinger Heilwasser voll und ganz widmen will. Man suche intensiv nach alternativen Wohnräumen für sie, sagt der ehemalige Immobilienmakler. Er denke da etwa an ein ehemaliges Gasthaus, in das die Betroffenen umziehen könnten.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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