Marktstraße:Gegen den Schlussverkauf

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Wie schwierig es Händler in der Wolfratshauser Marktstraße haben, zeigen die Schließungen von "Cucinella" und Gummibärchenladen. Die Geschäfte, die fortbestehen, setzen auf neue Ideen und unterschiedliche Konzepte.

Von Thomas Kubina, Wolfratshausen

Eigentlich könnten sich die Kunden über die Ladenvielfalt in der Wolfratshauser Marktstraße freuen - wenn sich nicht die Aushängeschilder mit der Aufschrift "Räumungsverkauf" an den Schaufensterscheiben mehren würden. Sie deuten auf ein baldiges Schwinden hin: Seit längerem kämpfen einige Gewerbetreibende um ihre Existenz in der Altstadt, weil die Kunden fehlen und die Konkurrenz zum Internethandel immer härter wird. Betreiber, die ihr Geschäft noch weiterführen können, wollen die Kunden aus dem Landkreis nicht nur kurzfristig mit innovativen Werbe- und Servicestrategien locken, sondern vor allem längerfristig binden. Weil die Konzepte nicht immer aufgehen, ist die Sorge um die Zukunft der Einkaufsstadt groß.

Seit ungefähr vier Jahren verkauft die Parfümerie "Wiedemann" am Untermarkt ihr Duftsortiment. "Wir sind schon lange da und haben eine gute Stammkundschaft", sagt die Einzelhandelskauffrau Hannah Sternberg. Rund 30 bis 40 Kunden kämen am Tag in das Geschäft. Ob die Leute nun die günstige Handcreme oder das teure Markenparfüm kaufen, unterscheide sich von Tag zu Tag.

Das Erfolgsrezept der Parfümerie zeige sich besonders im Service: "Die Kunden kommen nicht nur, um etwas zu kaufen, sondern um Kaffee zu trinken und sich ausführlich beraten zu lassen", betont Sternberg. Neben dem Serviceangebot sorgt das Familienunternehmen auch für eine ortsgebundene Medienpräsenz. Mit anderen Geschäften wie etwa dem Brillengeschäft "Emberger Optik" tausche die Parfümerie regelmäßig Flyer und Zeitschriften aus, die im Laden ausgelegt werden, sagt die Einzelhandelskauffrau.

Das Haushaltswarengeschäft "Cucinella" macht mit einem Aufsteller auf seine baldige Schließung aufmerksam. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Weniger Schmuck, mehr Kleidung: Für diesen neuen Akzent hat sich hingegen das Schmuck- und Uhrengeschäft der Inhaber- und Namensgeberin Conny Broenner entschieden. "Die Kunden wollen alles in einem haben", sagt ihre Angestellte Diana Kais. Mit dieser Entscheidung sollen in Zukunft die Umsatzflauten überbrückt werden, die der Schmuckhandel zeitweise einbüßen musste. "Seit wir Kleidung haben, läuft es wieder besser", sagt Kais. Um auf das neue Angebot aufmerksam zu machen, schmückten die Ladenbetreiber ihre Fenster mit Werbung und stellten zusätzlich angekleidete und schmuckverzierte Mannequins auf den Bürgersteig.

Christl Müller, die seit 25 Jahren im "Festmodenhaus" am Obermarkt Braut- und Festtagskleidung verkauft, hat mit gänzlich anderen Voraussetzungen zu leben. "Ich bin nicht abhängig von der Laufkundschaft", sagt Müller. Sie arbeite nach Aufträgen für besondere Anlässe, wie Hochzeiten oder Kommunionsfeiern. Anders als bei Abendkleidern, die gerne auch mal im Internet bestellt würden, sagt Müller, werde ein Hochzeitskleid selten online, sondern lieber im Laden gekauft.

Die Diskussion hängt auch mit der Parkplatzproblematik zusammen

Im Internet gebe es Herstellerbilder, die beispielsweise nicht der Herstellerqualität entsprächen, weil oftmals billiger Stoff eingesetzt werde. Regelmäßig präsentiert sie ihre Mode auf Hochzeitsmessen, um für die Kunden präsent zu sein. Für das Ladensterben in der Marktstraße sieht die Eigentümerin mitunter einen Grund: den Parkplatzmangel. In den Fokus gerate der Hatzplatz. Der brauche ein Parkhaus, weil die Kunden gerne in der Nähe der Einkaufsläden parken wollten, sagt Müller.

Das Lederwarengeschäft "Leder Tausend", das in der Marktstraße seit mehr als 80 Jahren diverse Lederwaren verkauft, ist hingegen mit saisonalen Schwankungen konfrontiert: Während zur Einschulung Schulranzen den Einkaufstresen passieren, finden in der restlichen Saison andere Waren ihren Käufer. "Wir sind bemüht Mode- und Trendsachen mitzunehmen, deshalb ist das Sortiment vielfältig, sagt die Verkäuferin Helga Weber.

Die Reize, mit denen die Gewerbetreibenden ihre Kunden in Zukunft anlocken wollen, gehen so auseinander wie ihr Warenangebot. Einen Vorschlag hat die Inhaberin des Brautmodengeschäfts Müller zu bieten: Der Markt am Freitag schweiße die Kunden zusammen, wenn die Straße gesperrt sei. Vielleicht sollte doch der Autoverkehr auf der Marktstraße ganz eingestellt werden. Das aber bleibt auf der Bundesstraße wohl Wunschdenken.

© SZ vom 29.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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