Immobilienpreise:Mehr Luxus, weniger Erschwingliches

Lesezeit: 3 min

Die Schere geht weiter auseinander. Objekte für Einkommensschwächere gibt es kaum noch, sogar für Normalverdiener wird es knapp. Einzelne Kommunen versuchen nun gegenzusteuern.

Von Julian Erbersdobler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Christine von Pechmann kann nicht zaubern, obwohl manche Menschen das erwarten, wenn sie bei ihr anrufen. Vor 15 Jahren nahm die Sozialpädagogin ihre Arbeit bei der Caritas auf, seit 2004 ist sie in der Wohnungslosenhilfe tätig. Seitdem hat sich die Lage drastisch verändert, aus ihrer Sicht ins Negative. "Damals hatten verschuldete Menschen noch eine Chance, an eine Wohnung zu kommen." Das sei mittlerweile anders, sagt sie. Heute klopfen immer mehr Menschen an Pechmanns Bürotür in Geretsried, weil sie ein Dach über dem Kopf suchen. Viele sind verschuldet, krank oder alleinerziehend. Pechmanns Appell: "Wir brauchen viel mehr kleine, barrierefreie Apartments auch für alte Menschen." Ein anderes Problem, sagt sie, seien die Pensionen, die dauerhaft von Arbeitern belegt sind. Vieles von dem, was 2004 noch galt, ist heute hinfällig. "Früher war es einfacher, etwas im Südlandkreis zu finden. Aber das kann man heute auch nicht mehr so sagen."

Zu den begehrtesten Wohnorten gehören neben Wolfratshausen, Geretsried und Bad Tölz auch Icking und Münsing im Norden. Ebenfalls gefragt sind Benediktbeuern und Kochel am See, heißt es im Umland-Bericht des Immobilienverbandes Deutschland Süd (IVD). "Die bayerische Landeshauptstadt München ist bereits jetzt die am dichtesten besiedelte Großstadt Deutschlands", sagt Stephan Kippes, Leiter des Marktforschungsinstituts. Wegen der enormen Wohnraumknappheit und den weiter steigenden Immobilienpreisen im Stadtgebiet steige der Siedlungsdruck und als Folge auch das Preisniveau im Münchner Umland.

Wer sich hingegen im Netz auf die Suche nach Luxusimmobilien im Landkreis macht, findet Anzeigen wie diese von Engel & Völkers in Bad Tölz: "Repräsentative Unternehmervilla für die Großfamilie in bester Lage." Gartenberg in Geretsried, vier Bäder, sechs Schlafzimmer, 2,29 Millionen Euro. Kamin, Sauna, Fitnessraum und Alarmanlage mit direkter Weiterleitung zum Sicherheitsdienst inklusive.

"Luxusimmobilien hat es immer schon gegeben", sagt auch Wolfratshauser Immobilienmakler Ernst Gröbmair. "Dafür aber auch günstige Wohnungen." In seinem Büro in Wolfratshausen kämen jede Woche vier bis fünf Kunden, die nach Wohnraum für Einkommensschwächere suchten. Die könne er dann nur vertrösten, erzählt der Makler. Warum es heute schwierig ist, eine erschwingliche Wohnung zu finden, hat seiner Meinung nach vor allem zwei Gründe. Zum einen sei der soziale Wohnungsbau in den vergangenen Jahren stark vernachlässigt worden. "Außerdem gehen die Baugrundstücke immer an den, der am meisten bietet."

Als Positivbeispiel nennt der Immobilienmakler das Projekt auf der Coop-Wiese in Waldram. Hier sollen insgesamt 52 Wohnungen vor allem für Ältere, Menschen mit Behinderungen und für einkommensschwächere Haushalte geschaffen werden. Die Bauarbeiten beginnen laut Städtischer Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft im Frühjahr und sollen Mitte 2019 fertiggestellt werden. Trotz Vorbildcharakter sei das Projekt nur ein "Tropfen auf den heißen Stein", sagt Gröbmair. Nach Auskunft des Landratsamts gibt es im Kreis etwa 1000 staatlich geförderte Sozialwohnungen. Durch planmäßige Ausläufe und vorzeitige Rückzahlungen der Darlehen dürften die Bestände in den kommenden Jahren zurückgehen. Die Behörde geht davon aus, dass 2022 nur noch 916 vorhanden sein werden, wenn keine Neubauten hinzu kämen.

Christine von Pechmann fordert mehr kleine, barrierefreie Apartments. (Foto: Hartmut Pöstges)

Aber wie ist die Situation in den Gemeinden? Wo gibt es noch günstige Wohnungen? Welche Ortsteile sind besonders teuer? Im aktuellen Bericht des Immobilienverbandes über das Münchner Umland werden mit Wolfratshausen, Geretsried, Bad Tölz, Benediktbeuern, Icking und Egling auch sechs Standorte im Landkreis näher beleuchtet. Eine Übersicht:

Wolfratshausen

Die Nachfrage nach Immobilien in der Flößerstadt ist ungebrochen groß - egal ob zur Eigennutzung oder als Kapitalanlage. Besonders beliebt: Wohnungen in den Randlagen der Ortsteile Weidach, Nantwein, Farchet oder an der Badstraße und am Oberen Poign. Wer in Wolfratshausen eine Neubau-Wohnung kaufen will, muss je nach Lage derzeit mehr als 4700 Euro pro Quadratmeter zahlen. Neugebaute Doppelhaushälften können mehr als 750 000 Euro kosten.

Geretsried

Auch in Geretsried haben die Immobilienpreise im Neubausektor weiter zugelegt. Das Preisniveau liegt aber noch unter dem in Wolfratshausen und Tölz. Ob das auch in Zukunft so bleibt, ist nicht sicher. Das hängt auch von der geplanten Verlängerung der S-Bahn ab. Im Moment bewegen sich die Kaufpreise für gebrauchte Reihenhäuser zwischen 300 000 und 400 000 Euro. Neuerrichtete Eigentumswohnungen in Top-Lagen gibt es ab 4200 Euro pro Quadratmeter. In den kommenden fünf Jahren wird Geretsried wohl mit Abstand den größten Zuwachs im Landkreis erfahren. Die Stadt wird bis dahin voraussichtlich um etwa 2000 bis 3000 Einwohner wachsen, heißt es im IVD-Bericht.

Es fehlt an Sozialwohnungen wie dieser am Poign-Ring in Wolfratshausen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bad Tölz

Absolute Mangelware sind in der Kur-stadt Doppelhaushälften, Reihenhäuser und Gartenwohnungen. Die Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt ist in Bad Tölz relativ hoch. Zu den wenigen Mietbauprojekten zählt die Errichtung einer Anlage mit 18 Wohnungen an der Osterleite. Gebaut werden dort günstige Ein-, Zwei- und Drei-Zimmerwohnungen für Rentner, Einkommensschwächere und Alleinstehende. Der Bau soll Mitte 2018 bezugsfertig sein. Ein anderes soziales Projekt mit zwölf Wohnungen entsteht in der Tölzer Kohlstattstraße. Die Mietpreise sollen dort zwischen sieben und acht Euro pro Quadratmeter liegen.

Benediktbeuern, Egling und Icking

Die Nachfrage nach Wohnungen und Baugrundstücken in Benediktbeuern ist sehr hoch. Besonder stark werden dort Einfamilienhäuser nachgefragt. In Egling beschränkt sich das Angebot derzeit auf wenige Bestandsimmobilien. Wegen der relativ niedrigen Baugrundpreise sind die Grundstücksanteile bei den Doppelhaushälften größer als in München. Die Bebauung in Icking dominieren nach wie vor Ein- und Zweifamilienhäuser. Besonders beliebt und dementsprechend teuer sind Immobilien in den Ortsteilen Irschenhausen und Dorfen.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: