Entbindungen im Landkreis:Konzept für Geburtshilfe allein in Wolfratshausen

Grüne Jugend und Junge Union wollen die Entbindungsstation in Bad Tölz erhalten. Doch Gynäkologe Manfred Stumpfe sieht dafür nur eine Zukunft in der Kreisklinik.

Von Claudia Koestler

"Wenn ihr jetzt beginnt, euch zu streiten, ob die eine oder die andere Geburtshilfe bleibt, habt ihr doch schon verloren", warnte der Grünen-Bundestagskandidat Karl Bär am Montag am Ende einer hochemotionalen und intensiven Diskussion. Über 50 Frauen, Männer, Mütter, Väter, Hebammen, Ärzte, Interessierte und Politiker jeder Couleur waren einer Einladung der Jungen Union und der Grünen Jugend gefolgt. Nur ein Thema beherrschte den Abend: Die drohende Schließung der Tölzer Station und die Zukunft der Wolfratshauser. Am kommenden Freitag entscheiden die Kreisräte, ob die Geburtshilfe des Asklepios-Konzerns in Tölz mit einem Millionen-Zuschuss gerettet werden soll. Die Chancen dafür stehen schlecht, eine Mehrheit ist nicht Sicht. In diesem Fall könnte die Kreisklinik in Wolfratshausen einspringen, Konzepte sind in Arbeit.

Der Wolfratshauser Stadtrat und CSU-Kreisrat Peter Plößl sagte, die Loisachstadt müsse sich auf die Hinterfüße stellen - "und zwar jetzt". Alarmiert war er von Aussagen Josef Niedermaiers (FW), der keine Zukunft in der Geburtshilfe in Wolfratshausen sah. Mittlerweile sieht der Landrat in Tölz nur wenig Überlebenschancen. Plößl will zwar eigentlich nicht "das eine tun und das andere lassen", ergo Bad Tölz aufgeben, um Wolfratshausen zu retten. Eigentlich. "Aber wenn ich schon zwischen Skylla und Charybdis wählen muss, dann mit einer Hauptabteilung in Wolfratshausen." Anders gesagt: "Wenn Geld fließen muss, dann in ein kommunales Haus." Bei der Anhörung im Landratsamt hatten die Experten zum einen von Zuschüssen an Asklepios abgeraten. Zum anderen hatten sie die Notwendigkeit eines Standortes im Kreis unterstrichen.

Besucher Wolfgang Tutsch schlug vor, eine Hauptabteilung in Wolfratshausen einzurichten und in Bad Tölz eine Unterabteilung. Der Wolfratshauser Belegarzt Manfred Stumpfe sah darin keine Lösung. Er entwickle stattdessen ein Konzept, um die Wolfratshauser Geburtshilfeabteilung allein in die Zukunft zu führen. Auch wenn die Station für die kommenden drei Jahre gut aufgestellt sei, die Gemengelage sei auch dort "äußerst schwierig". Das liege zum einen an einem "aufgeblähten Gesundheitssystem", zum anderen an den extrem hohen Haftpflichtversicherungen, für die jeder Belegarzt heute rund 50 000 Euro im Jahr aufbringen müsse.

Stumpfes Erhaltungskonzept sieht eine engere Kooperation mit Starnberg vor, bei der Wolfratshausen quasi als Satellitenklinik fungiere. Die Geburtsabteilung könnte so zur Hauptabteilung werden, womit die Belegärzte nicht mehr solch hohe Haftpflichtsummen zahlen müssten. Das Klinikum, unter dessen Dach eine Hauptabteilung stehe, könnte das dann mit einer Zahlung von 55 000 Euro pauschal abdecken.

Vorschläge einer Kooperation zwischen Wolfratshausen und Bad Tölz erteilte der Gynäkologe eine Absage. Beide Abteilungen seien "Level vier"-Abteilungen: Dort dürfen keine Risikoschwangeren betreut werden, keine Diabetes-Patientinnen gebären, keine Zwillinge und keine Frühchen auf die Welt kommen. Laut Stumpfe betrifft der Ausschluss bis zu 15 Prozent der Schwangeren im Landkreis. Sie werden gleich weiter zu den jeweiligen Partnerkliniken in Garmisch-Partenkirchen respektive München-Harlaching oder Starnberg geschickt. Und noch etwas spreche aus Sicht von Stumpfe für die Konzentration auf den Standort Wolfratshausen: Der Bevölkerungsschwerpunkt des Landkreises liege eindeutig im Norden, obendrein gäbe es dort bereits jetzt wesentlich mehr Zuzug als im Süden.

Viele Politiker wehren sich noch gegen ein Entweder-oder und plädieren für ein Sowohl-als-auch: Kreisrätin und Grünen-Sprecherin Barbara Schwendner sieht die Regierung in der Verantwortung, die gesundheitliche Versorgung - samt Geburtshilfe - in beiden Städten zu gewährleisten. Andreas Ofenbeck, Kreisvorsitzender der Jungen Union, rief dazu auf, eine Spaltung zu vermeiden: "Ich will beide Standorte erhalten sehen." Und Jakob Koch, Vorsitzender der Grünen Jugend im Kreis, forderte: "Wir müssen für beide kämpfen, auch nach der Schließung von Tölz am 1. April".

Sowohl Koch als auch Grünen-Kandidat Bär sahen eine Lösung in der Rekommunalisierung der Stadtklinik. Bär forderte deshalb die Kreisräte auf, zu klären, "wie die Tölzer Abteilung zurück in kommunale Hand zu führen" sei. Noch etwas verwunderte Bär: "Wie kann der Landrat offenbar im Beirat der Asklepios-Klinik sitzen und zugleich Aufsichtsrat der Kreisklinik sein?" Parteikollege und Wolfratshauser Stadtrat Hans Schmidt erachtete dies als "unzulässig".

Die Tölzer Hebammen wollen sich derweil nicht entmutigen lassen und kämpfen weiter um den Erhalt ihrer Abteilung. "Wir werden einen Teufel tun und das sinkende Schiff verlassen", erklärte eine von ihnen. "Den Gefallen tun wir Asklepios nicht, dass sie vielleicht irgendwann sagen, wir würden ja gerne, haben aber keine Hebammen mehr.

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