Verordnung:Starnberger CSU-Landrat will kein Kreuz aufhängen

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Karl Roth hat ein eigenes Kruzifix in seinem Büro. Das ist für ihn ein religiöses Symbol und kein bayerisches. Manche Amtsleiter tun sich schwer mit der Verordnung.

Von Carolin Fries, Starnberg

Bernd Matuschek wollte eigentlich eins der Kreuze holen, die im Waffenlager liegen. "Die sind hier irgendwann bestimmt mal gehangen", sagt der Starnberger Polizeichef. Er vermutet, dass die Holzkreuze beim Streichen der Wände abgenommen und danach schlicht vergessen wurden. Als er 2012 nach Starnberg kam, hing jedenfalls kein Kreuz, erinnert sich der Dienststellenleiter. Doch jetzt werden die Kreuze direkt aus der Zentrale an die Polizeiinspektionen verschickt, wie das Polizeipräsidium Nord am Dienstag per Mail ankündigte. Spätestens am 1. Juni müssen die Kreuze hängen. Seit Dienstag ist der Kreuzerlass, initiiert von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), amtlich.

In Paragraf 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern heißt es: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums gibt es im Freistaat mehr als 1100 staatliche Hauptdienststellen.

Im Staatlichen Bauamt Weilheim hat man bereits Ausschau nach einem passenden Modell gehalten, "aus Kosten- und Zeitgründen im Internet", wie der stellvertretende Amtsleiter Peter Aumann sagt. Ein Modell ist jetzt bestellt, "schlicht und passend zur Einrichtung" aus Holz. Wenn es schön ist, wird es in entsprechender Stückzahl nachbestellt, um neben den drei Dienstgebäuden in Weilheim und Landsberg auch noch die acht Straßenmeistereien ausstatten zu können, so Aumann. "Die kriegen auch eins." An der Hochschule für den öffentlichen Dienst mit dem Fachbereich Finanzwesen in Herrsching läuft aktuell ebenfalls die Auswahl. Knapp 600 Studenten leben auf dem Campus, insgesamt 800 studieren an der Einrichtung. Leiter Werner Braun ist wichtig, dass das Kreuz sich gut einfügt, zu den Lampen passt, nicht zu übermächtig wirkt. "Wahrscheinlich wird es Metall", sagt er.

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Die Polizeiinspektionen warten jetzt ab, was da kommt. Und suchen schon mal, wo sie das Kreuz aufhängen können. "Bei unseren Betonwänden wird das nicht leicht", meint der Herrschinger Dienstellenleiter Erich Schilling. "Wir vertrauen darauf, dass die Anordnung in unseren 36 Dienststellen umgesetzt wird", sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Nord in Ingolstadt. Falls es Schwierigkeiten gäbe, stehe ein Mitarbeiter aus dem Sachbereich Liegenschaften zur Verfügung. Ähnlich bürokratisch lauten die Aussagen aus dem Fischerei-Institut der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Starnberg: Zeitnah werde man den Änderungen nachkommen, Details Schritt für Schritt abklären. Auch das Finanzamt wird ein Kreuz anschaffen, es soll ins Servicezentrum, wie der Geschäftsstellenleiter mitteilt. Sogar das Amtsgericht muss nachrüsten, obwohl im Haus bereits fünf Kreuze angebracht sind. In allen Sitzungssälen hängen schlichte Holzkreuze, jetzt muss ein weiteres für den in Stahl und Glas gefassten Eingangsbereich besorgt werden. "Schwierig", wie Geschäftsleiter Johann Aumann sagt. "Das hätte es nicht gebraucht."

Lediglich im Landratsamt werden keine Devotionalien angeschafft. "Der Landrat hat ein Kreuz in seinem Büro", sagt Pressesprecher Stefan Diebl. "Das hat bis dato gereicht und reicht uns im Moment auch." Am 6. Januar 2009 hat Landrat Karl Roth das Kruzifix im Kloster Roggenburg erstanden, ein paar Tage später hat er es in Andechs segnen lassen. "Es ist wunderschön, der Herrgott ist aus dem Holz herausgeschnitzt", erzählt er. Roth schätzt das Kreuz als religiöses Symbol, "aber nicht als Vertretung Bayerns", wie er betont. Zudem wisse er gar nicht, wie das aussehen soll mit lauter Kreuzen im Landratsamt - schließlich gäbe es dort fünf Eingänge. Diebl geht ohnehin davon aus, dass der Erlass "nur für unmittelbare Staatsbehörden gilt". Für das Landratsamt könne er lediglich eine "Empfehlung" sein.

Die Akademie für Politische Bildung in Tutzing ist als gesetzlich verankerte Anstalt des öffentlichen Rechts nicht von der Kreuzverordnung betroffen. Der Status garantiere der Einrichtung die Unabhängigkeit, wie Direktorin Ursula Münch betont: "Die jüngste Verordnung ist ein zusätzlicher Grund, dass wir diesen Status sehr zu schätzen wissen."

© SZ vom 24.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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