Tutzing:CSU-Lokalpolitiker rebellieren gegen Asylpolitik der eigenen Partei

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Die Vize-Bürgermeisterin und der Alt-Bürgermeister kritisieren in einem offenen Brief die Nähe zur AfD und drohen mit Parteiaustritt.

Von Michael Berzl, Tutzing

Der Kurs der CSU in der Asylpolitik stößt mittlerweile auch innerhalb der Partei auf Kritik. In ungewöhnlich deutlichen Worten greifen nun CSU-Mitglieder aus Tutzing die eigene Parteiführung an. Von "aggressiver Rhetorik" und "Ausgrenzung " ist in einem Schreiben an den Landesvorsitzenden und Innenminister Horst Seehofer die Rede. Die Unterzeichner fordern eine Kehrtwende und drohen mit ihrem Parteiaustritt.

Verfasst haben den Brief Vize-Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg, Ex-Bürgermeister Alfred Leclaire und Gemeinderat Thomas von Mitschke-Collande. Außerdem die Buchautorin und Unternehmensberaterin Sonja Stuchtey, die die Partei schon vor zwei Jahren "aufgrund inhaltlich unüberbrückbarer Differenzen" verlassen hat, wie sie selbst erklärt. Eine Antwort auf den Protestbrief aus Tutzing gibt es bisher noch nicht.

Zusammen mit der Zweiten Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg (CSU) im Jahr 2017... (Foto: Nila Thiel)

Die mit ihrer Partei hadernden CSU-Mitglieder wenden sich darin direkt an ihren Vorsitzenden und fordern: "Ändern Sie Ihren Kurs der Ausgrenzung andersgläubiger Mitbürger!" Er solle sich um die Integration und das gute Miteinander aller hier lebenden Menschen bemühen. Die Unterzeichner fordern: "Grenzen Sie sich inhaltlich endlich von der AfD ab!" Dörrenberg nennt es "unsäglich", dass die CSU in sozialen Medien eine Statistik veröffentlichte, wonach angeblich für 76 Prozent der Deutschen der Islam nicht zu Deutschland gehört und diese Aussage dann mit einer Burka illustrierte.

ExBürgermeister Alfred Leclaire. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zweifel keimten aber schon viel früher, als Seehofer Kanzlerin Merkel auf einem Parteitag auf offener Bühne demütigte. "Er hat sie wie ein dummes Mädchen da stehen lassen und runtergeputzt", erinnert sich Dörrenberg. Das ist jetzt mehr als zwei Jahre her, seither sind weitere Anlässe für Kritik hinzugekommen. "Das ist uns allen schwer gefallen. Wir haben lange überlegt", sagt die Kommunalpolitikerin, die schon verschiedene Ämter auf Orts- und Kreisebene übernommen hatte und im Juli vergangenen Jahres in ihrer Funktion als stellvertretende Bürgermeisterin den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten im Tutzinger Bierzelt begrüßt hatte. Ihn fragt sie nun, ob er sich nicht schon "jenseits einer verfassungsrechtlichen Linie" bewege. Das sind deutliche Worte von der Basis.

Ein Parteiaustritt aus Protest gegen die aktuelle Asylpolitik ist Stefanie von Winning, der Vorsitzenden des etwa 1400 Mitglieder starken Starnberger Kreisverbands, aber bislang nicht bekannt. Für sie ist es nicht weiter überraschend, dass es solche Stimmen wie in Tutzing gibt. Die CSU sei diesbezüglich ein Spiegelbild der Gesellschaft, die seit der ersten Flüchtlingswelle 2015 gespalten sei. In der Partei gebe es auch ganz andere Strömungen. Es komme auch vor, dass eine härtere Gangart gefordert und andernfalls ebenfalls mit Austritt gedroht werde.

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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