Outdoor-Club am Maximiliansplatz:Eine historische Nacht

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Endlich wieder feiern! Am Maximiliansplatz hat Münchens erster Open-Air-Club seit Corona eröffnet. (Foto: Friedrich Bungert)

Nach eineinhalb Jahren können die Münchner endlich wieder tanzen. Im Outdoor-Club am Maximiliansplatz ist vieles anders als in normalen Clubs, doch die Ausgelassenheit am ersten Abend ist groß. Eindrücke aus einer Nacht, wie es sie in München lange nicht mehr gab.

Von Clara Löffler und Lisa Miethke

Noch ist es ruhig auf dem Maximilansplatz. Freitagabend, halb sieben: die Sonne scheint, es hat angenehme 18 Grad. Hier, mitten in der Stadt, sollen später am Abend mehr als 600 Menschen unter freiem Himmel ausgelassen tanzen und feiern. Ermöglicht hat dies der Verband der Münchner Kulturveranstalter. Für das Pilotprojekt "München tanzt wieder" schloss er sich mit den Clubs am Maximiliansplatz zusammen - Pacha, 089 Bar, Rote Sonne, Sweet Club und Call me Drella - sowie dem Filmcasino, Harry Klein und der World League.

Für sie ist es die erste Gelegenheit nach 19 Monaten Pandemie, den Stadtbewohnern eine öffentliche Partynacht zu ermöglichen. "Es fühlt sich ein bisschen historisch an", sagt Tom Hilner, Pacha-Mitbegründer. Er sitzt auf einer Parkbank, lässt seinen Blick über das knapp 2000 Quadratmeter große Gelände schweifen. Noch ist die Musik leise, die Besucherzahl überschaubar. Doch Hilner ist zuversichtlich. "Es wird im Laufe der Nacht schon zu einer richtigen Party werden", sagt er. Innerhalb kürzester Zeit waren die 600 Tickets im Vorverkauf vergriffen. Einige der Gäste sind nun da und halten sich an ihren Getränken fest, während sie das Geschehen von den Bierbänken am Rand aus beobachten. Darunter Robert Riks, 24, und Alexander Grünwald, 23. "Das Gefühl von Freiheit, das wir langsam wieder bekommen, ist unbeschreiblich", sagt Riks. Sie sind glücklich darüber, auf dem Gelände keine Masken tragen zu müssen. Grünwald stimmt ihm zu: "Was früher normal war, ist jetzt wieder etwas Besonderes."

Nach eineinhalb Corona-Jahren fand in München der erste Club-Abend statt. (Foto: Friedrich Bungert)

Bis vor wenigen Stunden war nicht klar, ob die Maskenpflicht tatsächlich entfallen würde. Doch dank der neuen Corona-Regeln, die Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am vergangenen Dienstag verkündet hat, müssen Besucher des Open-Air-Clubs lediglich geimpft, genesen oder negativ getestet sein. Mit der sogenannten 3-G-Regel sind Riks und Grünwald zufrieden. Sie selbst sind, wie viele andere Gäste auch, bereits geimpft. Damit sich noch weitere junge Menschen impfen lassen, haben die Veranstalter des Pilotprojekts einen Impfbus unmittelbar neben das Gelände gebucht. "Wir stehen heute mit 500 Dosen bereit", sagt Nikolas Parschau vom Klinikum rechts der Isar. Etwa 130 Menschen lassen sich impfen.

Vor der Party konnte man sich auch impfen lassen. (Foto: Friedrich Bungert)

Während die Gästezahl drinnen langsam zunimmt, bildet sich draußen eine lange Warteschlange. Viele, die vorab keine Tickets ergattern konnten, wollen noch rein. Unter den Wartenden sind Lenja Soeffker, 19, Johanna Jakob, 19, und Marina Römer, 20. "Wir warten schon seit einer halben Stunde. Wir hoffen, dass wir um zehn Uhr reinkommen", sagt Soeffker. Weil sie im Lockdown 18 Jahre alt wurde, wäre es der erste Club-Abend ihres Leben. Aber kann man ein großes Freiluftgelände mit den engen Wänden im Club vergleichen, der stickigen Luft und den Menschen, die sich dicht aneinander drängen? Auch Laura Bieringer, 20, Lilly Unterberger, 20, Julia Bittner, 20, und Martha Soldner, 21, sind sich darüber uneinig.

Was früher normal war, ist jetzt wieder etwas Besonderes. (Foto: Friedrich Bungert)

Sie sind froh über eine solche Alternative in Coronazeiten. Aber sie vermissen die körperliche Nähe der Indoor-Clubs. Hier seien die Menschen gehemmter, die Situation ist für viele noch ungewohnt. Doch noch sei es zu früh am Abend, um ein Fazit zu ziehen. "Wir warten darauf, dass es dunkel wird und die Leute anfangen zu tanzen", sagt Laura Bieringer.

Vor Mitternacht einen Club betreten? Früher war das unvorstellbar. Doch jetzt, gegen viertel nach zehn, füllt sich die Tanzfläche in der Mitte des Platzes. Die Musik wird schneller, lauter, tanzbarer. DJ Karotte legt auf. Vor dem DJ-Pult hat sich eine Gruppe von Technofans zusammengefunden, die früher auch im Harry Klein oder der Roten Sonne anzutreffen war. Die Augen haben sie geschlossen, ihre zufriedenen Gesichter werden von den Scheinwerfern in rotes Licht getaucht. Und je länger der Abend geht, desto enger tanzen die Feiernden, umarmen sich, an der ein oder anderen Stelle wird geknutscht.

Der Andrang ist groß, viele warten lange für ein Ticket. (Foto: Friedrich Bungert)

Den Bass unkontrolliert aufdrehen, das sei aber nicht möglich, aus Respekt vor den Nachbarn, sagt Peter Süß vom Harry Klein. Auch er hat sich unter das tanzende Volk gemischt und wirkt zufrieden: "Da sieht man, dass Clubs nicht den Bedarf schaffen, sondern den Bedarf abdecken." Er hofft, dass in Zukunft weitere solcher Experimente möglich sein werden. "Wenn man nichts ausprobiert, sieht man nicht, ob es funktioniert." Dennoch steht er der vergangenen Woche von Ministerpräsident Söder angekündigten Club-Öffnung im Oktober skeptisch gegenüber: "Das glaube ich erst, wenn ich dem ersten Gast die Hand schüttle."

Ihm schließt sich Kay Mayer an, Leiter der Fachstelle Moderation der Nacht und Mitveranstalter des Events. "Es braucht nach anderthalb Jahren mehr als so eine Ansage. Es braucht etwas Greifbares", sagt Mayer. Für ihn ist die heutige Veranstaltung aber auch ein erster Erfolg: "Das ist eine Exemplarveranstaltung, ein mutiges Pilotprojekt, auf das man aufbauen kann und soll."

Im Open-Air-Club gibt es Beats, wie man sie aus den Clubs kennt. (Foto: Friedrich Bungert)

Mittlerweile ist es 23 Uhr. Die Tanzfläche ist komplett voll, die Stimmung ausgelassen. An der Bar steht Lenja Soeffker. Sie hat es doch noch geschafft, mit ihren Freundinnen reinzukommen. "Ich bin gespannt, wie es ist, wenn wir gleich auf die Tanzfläche gehen", sagt sie Heute will sie sich keine Sorgen über den Herbst machen. Heute möchte sie einfach "das Leben genießen".

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