Markus Söder in Keferloh:Ernüchterung im Bierzelt

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Das Bierzelt-Alphatier: Markus Söder begeistert die Menge beim Keferloher Montag. (Foto: Claus Schunk)

Bei seinem Auftritt am Keferloher Montag wiederholt Bayerns Finanzminister Markus Söder mantraartig seine bekannten Positionen zur Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik. Kanzlerin Merkel attackiert er dabei nur am Rande

Von Martin Mühlfenzl, Grasbrunn

Eigentlich ist der Keferloher Montag, einst der größte Viehmarkt im Freistaat, ja ein Tag der Landwirte - und des Bieres. Und so erfahren Bauern und Brauer am Montagnachmittag im mit etwas mehr als 2000 Interessierten gefüllten Festzelt ihre Würdigungen. Letztere allerdings spart Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU), der Alkohol ungefähr so schätzt wie die Grüne Claudia Roth, aus. Dafür hält er zu Beginn ein kurzes, entschlossenes Plädoyer für Bayerns Bauern: "Wir wollen keine Agrarmanager wie im Norden und Westen, sondern Landwirte."

Da bricht im Keferloher Festzelt das erste Mal Jubel aus. Den zweiten Begeisterungssturm erntet der Heimatminister, als er das derzeit bestimmende politische Thema mit der Landwirtschaftspolitik verknüpft. Söder, der - obwohl Franke - wie kaum ein anderer Gespür für die Bierzelt-Atmosphäre besitzt, kann das. Es dürfe doch nicht sein, sagt der Finanzminister, dass Landwirte an der Bürokratie nahezu erstickten und "Menschen seit einem Jahr ohne Nachweis ins Land kommen".

"Sie sollen nicht lachen, sie sollen zuhören. Vielleicht hilft's was."

Schon an diesem frühen Punkt hat der Gastredner die überwiegende Zahl seiner Zuhörer gepackt - und klar abgesteckt, worüber er in der folgenden Dreiviertelstunde sprechen will. Klar ist auch, dass ein Mann auf der Bühne steht, der sich selbst zu Höherem berufen fühlt. Dass sein Einzug ins Festzelt vom bayerischen Defiliermarsch begleitet wird, bezeichnet Söder als "Formfehler"; denn der stehe ja nur dem Ministerpräsidenten zu. Er selbst, sagt Söder, komme damit mental aber zurecht.

Dem Grasbrunner SPD-Bürgermeister Klaus Korneder, der in seinem Grußwort noch sagt, er werde wohl kaum an jeder Stelle von Söders Rede lachen können, gibt er mit auf den Weg: "Sie sollen auch nicht lachen, sie sollen zuhören. Vielleicht hilft's was." Witz gepaart mit knallharten christsozialen Statements - das ist die Welt des Redners Markus Söder.

Programmvorstellung
:Montag mit Tradition

Das Keferloher Volksfest findet in diesem Jahr in zeitlich abgespeckter Form statt. Als Redner wird Bayerns Finanzminister Markus Söder im Festzelt sprechen. Auch das historische Stierschätzen findet wieder statt

Von Martin Mühlfenzl

Erstaunlich ist indes, dass Markus Söder einen Tag nach der heftigen Klatsche für die Merkelsche CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern die Kanzlerin nur am Rande attackiert. Nur so viel: "Wer immer sagt, sein Kurs sei alternativlos, darf sich nicht wundern, wenn sich die Menschen einer Alternative für Deutschland zuwenden." Und: "Ein Weiter-so darf es nicht geben." Der Begriff "Obergrenze" bei der Zuwanderung - eine der scharfen Abgrenzungen der CSU zur Schwesterpartei CDU - fällt diesmal nicht. Vielmehr wiederholt Söder mantraartig, dass die unbegrenzte und unkontrollierte Zuwanderung "der falsche Weg" sei, dass Sicherheit der eigenen Bürger oberste Priorität habe. "Nicht zu wissen, wer im Land ist, geht nicht mit Sicherheit zusammen", sagt der Staatsminister.

In "Inseln des rechtsfreien Raums" sei die Integration schon gescheitert

Dann wird deutlich, wie ernst Söder seinen neu geschaffenen Teilzeitjob als Heimatminister nimmt. Die Menschen in Bayern, sagt er, "wollen nicht, dass ihr Land anders wird". Der Islam gehöre kulturgeschichtlich nicht zu Deutschland. Wahrheiten müssten klar ausgesprochen werden - und zu diesen gehöre, dass die Integration schon heute in manchen Gegenden nicht gelungen sei: In westdeutschen Großstädten gebe es Viertel, in die man nachts nicht gehen sollte. "Inseln des rechtsfreien Raums", nennt sie Söder. In Bayern sei so etwas unvorstellbar. Hier investiere der Staat in die Sicherheit und die Polizei, in anderen Regionen der Republik würden Polizisten beschimpft. Für die bayerische Bierzeltseele ist das Balsam.

Söder gelingt es aber, die Stimmung nicht zu überhitzen - trotz harscher Kritik am Länderfinanzausgleich, an den Südeuropäern, die sich Reformen verweigern würden, und einer Erinnerung an die Vorfälle auf der Kölner Domplatte an Silvester. "Wer vor Gewalt flieht, dem Frieden angeboten wird und selbst Gewalt anwendet, hat hier keine Zukunft." Der Finanzminister erinnert auch daran, wie "verdammt gut" es den Deutschen - und gerade den Bayern - gehe.

"Wir brauchen ein Wir-ändern-das!"

An dieser Stelle verweist er auch auf die enorme Hilfsbereitschaft, mit der die Bürger vor einem Jahr der Herausforderung des "Flüchtlingsstroms" begegnet sind. "Was humanitär geleistet wurde, war beeindruckend. Wir haben uns in der Welt gut präsentiert." Und diese Hilfe, sagt der Minister, werde es auch in Zukunft geben - aber sie habe ihre Grenzen.

Darauf, auch das gehöre zur Wahrheit, müsse auch ein Finanzminister hinweisen. In den vergangenen beiden Jahren habe den Freistaat der Zuzug von Flüchtlingen um die neun Milliarden Euro gekostet. Mit Geduld und Konstanz werde die Staatsregierung darauf hinarbeiten, dass sich etwas ändert. Söder drückt es so aus: "Ein Wir-schaffen-das reicht nicht. Wir brauchen ein Wir-ändern-das."

Grasbrunns SPD-Bürgermeister hat an dieser Stelle - wie auch an vielen anderen - tatsächlich nicht gelacht. Für Landrat Christoph Göbel (CSU) ist die Flüchtlingsthematik ebenfalls viel zu ernst: "Die Herausforderung hat gerade erst begonnen." Das wisse auch der Finanzminister. "Und das war ja eine seiner moderaten Reden", sagt Göbel. Allerdings eine durchweg Bierzelt-taugliche.

© SZ vom 06.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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