Heilpädagogische Tagesstätte:Familien befürchten, dass ihre Kinder unbetreut bleiben

Lesezeit: 1 min

Der Heilpädagogischen Tagesstätte der Mathilde-Eller-Schule fehlen im neuen Schuljahr noch mehr Erzieher als schon bisher. (Foto: Robert Haas)
  • An der heilpädagogischen Tagesstätte der Stadt an der Mathilde-Eller-Schule haben extrem viele Mitarbeiter gekündigt.
  • Die Eltern sorgen sich nun, dass sich niemand mehr um ihre geistig behinderten Kinder kümmert.
  • Es brodelt seit Jahren in der Kita: Die Arbeitszeiten sind unattraktiv, zudem ist die wöchentliche Arbeitszeit wegen fehlender Zuschüsse abermals heruntergefahren worden.

Von Melanie Staudinger

Noch immer zittern mehr als 100 Familien, die ihre geistig behinderten Kinder in der heilpädagogischen Tagesstätte der Stadt an der Mathilde-Eller-Schule betreuen lassen. Denn dort haben so viele Mitarbeiter gekündigt, dass von September an nur mehr sechs von ursprünglich 19 geplanten Gruppen betrieben werden können.

Nun überlegt das städtische Bildungsreferat offenbar, sein eigenes Engagement einzustellen und die Einrichtung an einen anderen Träger abzugeben, wie die Süddeutsche Zeitung aus internen Kreisen erfahren hat. Offiziell heißt es aus dem Referat nur, dass man bestrebt sei, "eine Lösung im Sinne der Kinder und Eltern sowie des Personals zu finden". Zu Details wollte der Sprecher sich nicht äußern.

Betreuung
:Kind mit Down-Syndrom fällt bei Suche nach Kitaplatz durch alle Raster

Der Sohn von Katharina Günther hat Trisomie 21. Die Suche nach einem Betreuungsplatz wurde zur Odyssee.

Von Anna Hoben

Fakt ist, dass es in der Tagesstätte schon seit fast zwei Jahrzehnten brodelt. Seit Jahren leidet die Einrichtung am Personalmangel. Dieser rührt zum einen daher, dass die Arbeitszeit für die gefragten Erzieher wenig attraktiv ist: Die Tagesstätte öffnet erst nach dem regulären Unterricht, also bietet sie auch nur Teilzeitstellen am Nachmittag. Zum zweiten hat die Stadt die wöchentliche Arbeitszeit aufgrund gesunkener Zuschüsse des Bezirks Oberbayern noch einmal heruntergefahren. Momentan sind 37 der 47 Stellen unbesetzt, bis September haben weitere Mitarbeiter gekündigt.

Schon jetzt gibt es keinen psychologischen Fachdienst mehr, die heilpädagogische Einzelförderung wurde eingestellt. Neue Schüler werden nicht mehr aufgenommen, obwohl die Stadt als Trägerin dies mit dem Bezirk Oberbayern, der für die Finanzierung zuständig ist, so vereinbart hat.

Die Suche nach geeignetem Personal gestaltet sich offenbar so schwierig, dass die Stadt nun überlegt, sich ganz aus der Einrichtung zurückzuziehen und diese einem freien Träger zu überlassen. Nach Informationen der SZ lässt das Bildungsreferat gerade mehrere Möglichkeiten rechtlich prüfen. Denn eigentlich hatte die Stadt erst im September vergangenen Jahres einen neuen Vertrag mit dem Bezirk abgeschlossen und zugesichert, ausreichend Plätze für alle Kinder zur Verfügung zu stellen. Der Bezirk wiederum hat offiziell nur etwas vom Personalmangel, nicht aber über Gruppenschließungen erfahren. Der Bezirk fordert von der Stadt daher, das Personal wie vereinbart zu beschäftigen.

Auch dort sei man bestrebt, für die Eltern eine gute Lösung zu finden, wie eine Sprecherin bestätigt. Wie lange das aber dauern wird, vermag zumindest derzeit niemand genauer einzuschätzen.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Jobwechsel
:München macht Soldaten zu Erziehern

Die Stadt will so dem Personalmangel in den Kitas entgegenwirken. Gesucht sind Leute wie Andreas Parthum. Der war Fallschirmjäger - und erlebt jetzt ganz andere Herausforderungen.

Von Melanie Staudinger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: