Betreuung:Kind mit Down-Syndrom fällt bei Suche nach Kitaplatz durch alle Raster

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Die Kita-Suche in München gerät für viele Eltern zur Odyssee. (Symbolbild) (Foto: dpa)
  • In München einen Kita-Platz zu bekommen, ist mit viel Aufwand verbunden.
  • Hat das Kind eine Krankheit oder Behinderung, ist die Versorgung noch schwieriger.
  • Es gibt nur wenige Integrationsplätze in den Einrichtungen - und die sind meist schon vergeben.

Von Anna Hoben

Sie hatte sich die Sache ganz einfach vorgestellt. Im Januar 2014 stattete Katharina Günther mit ihrem Sohn drei Integrationskindergärten einen Besuch ab, alle nicht weit von der Wohnung der Familie. "Ich dachte, es würden drei Zusagen kommen und wir könnten dann wählen." Zwei Jahre später würde Moritz auf jeden Fall in einen dieser Kindergärten gehen.

Zwei Jahre später hat Günther nun tatsächlich endlich einen Platz für Moritz gefunden. Doch so einfach wie ursprünglich gedacht lief die Suche bei Weitem nicht. Auf der Liste der angefragten Einrichtungen ist der Caritas-Kindergarten, den ihr Sohn von Oktober an besuchen wird, die Nummer 47. Ihren richtigen Namen und den ihres Sohnes will die Münchnerin nicht veröffentlicht sehen; ihre Geschichte erzählen schon. Im Oktober wird Moritz vier Jahre alt. Er kam als Frühchen zur Welt, mit Trisomie 21, besser bekannt als Down-Syndrom, in der 30. Schwangerschaftswoche. Heute sei er ein munteres Kind, sagt die Mutter, habe aber größere Defizite bei Sprache und Motorik.

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Im April dieses Jahres hielt Günther drei Absagen in den Händen, von allen drei ursprünglich ausgewählten Kindergärten. Also fing sie an herumzutelefonieren: Die meisten der etwa 40 Einrichtungen, die sie kontaktierte, hatten nach dem Stichtag gar keinen Platz mehr. Von immerhin sieben Einrichtungen kam zunächst eine Einladung - und nach dem persönlichen Treffen wieder eine Absage. Moritz sei auf einem Entwicklungsstand von zwei Jahren, und ein zweijähriges Kind würde man ja nicht in den Kindergarten geben, hieß es zum Beispiel zur Begründung. Oder: Man habe schon ein Kind mit Trisomie 21 und wolle kein zweites. Oder: Moritz bräuchte eine kleinere Gruppe.

Katharina Günther war frustriert. "Ich konnte das alles irgendwann nicht mehr hören", sagt sie. In heilpädagogischen Tagesstätten habe sie erst gar keine Möglichkeit zum Gespräch mehr bekommen, weil es keine freien Plätze mehr gab. Schließlich versuchte sie es bei Krippen; dort hieß es wiederum, Moritz sei zu alt. "Er fiel überall durchs Raster", sagt die Mutter.

Die Sonderpädagogin Ina Dettmer, die in München eine Frühförderstelle leitet, bestätigt, dass es für Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen immer schwieriger werde, die passende Betreuung zu finden. "Das Problem ist nicht neu, aber es wird akuter." Sie vermutet, dass integrative Kindergärten so viele Anfragen bekommen, dass sie sich aussuchen können, welche Kinder am besten in die Gruppen passen.

Wenige Integrationsplätze in den Kitas

Ursula Oberhuber, Sprecherin des städtischen Bildungsreferats, räumt ein, dass die Suche nach einem Kindergartenplatz frustrierend sein könne. Wie und in welcher Einrichtung am besten für das Kind gesorgt sei, werde jedoch immer individuell mit den Eltern besprochen. Den rund 1000 Kindergärten in freier Trägerschaft stehen in München 400 städtische gegenüber. 60 davon bieten Integrationsplätze an, jeweils zwei bis drei.

Städtisch oder in freier Trägerschaft, für Katharina Günther hat das keine Rolle gespielt. Jetzt, da sie wieder einen Tag in der Woche arbeitet, ist sie einfach froh, für Moritz endlich einen Kindergarten gefunden zu haben, der auch noch einigermaßen gut erreichbar ist.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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