Grünen-Initiative:Autos sollen runter von den Gehwegen

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Nicht nur Radfahrer werden von geparkten Auto behindert. (Foto: Florian Peljak)
  • Die Münchner Grünen wollen den öffentlichen Raum für die Fußgänger zurückgewinnen.
  • Sie wollen, dass die Gehwege nicht mehr zugeparkt werden und Menschen wieder Platz haben.
  • Dazu sollen die Parkenden stärker überwacht werden, gleichzeitig sollen Hindernisse wie Blumenkübel das Parken verhindern.

Von Heiner Effern

Die Grünen kündigen ihre neueste politische Offensive auch sprachlich stringent an. "Schritt für Schritt" wollen sie den öffentlichen Raum für die Fußgänger zurückgewinnen, steht im Vorspann eines sechsteiligen Antragspakets für den Stadtrat. Konkret haben sie vor, den Autofahrern Bürgersteige wieder abknöpfen, die diese teilweise seit Jahrzehnten als Parkplätze okkupiert haben. Dieses Phänomen sei vor allem in Stadtvierteln zu beobachten, in denen keine Anwohnerparkzonen ausgewiesen sind, erklären die Stadträte Anna Hanusch und Paul Bickelbacher. Keineswegs brachial, aber konsequent wollen die Grünen dieses Gewohnheitsrecht beenden.

Dafür soll die Stadt als erstes systematisch Straßen erfassen, in denen Gehwege täglich auf vielen Metern Länge so zugeparkt werden, dass kein Kinderwagen, kein Rollstuhl und auch kein Paar nebeneinander zwischen Gartenzaun und Außenspiegeln mehr durchkommt. Als Beispiele führen die Grünen die Orffstraße in Neuhausen oder die Schloß-Berg-Straße in Obergiesing an. "Es geht nicht darum, wenn mal einzelne Autos auf dem Gehweg stehen", sagt Grünen-Stadtrat Bickelbacher. Sondern um systematisches Abstellen von Kraftfahrzeugen im Hoheitsgebiet der Fußgänger.

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Wo Bürgersteige tatsächlich zu Parkplätzen umfunktioniert wurden, müsse die Stadt nun Ersatzflächen suchen und die Anwohner behutsam wieder daran gewöhnen, dass sie ihre Autos auf den Gehwegen illegal abstellen. "Uns ist schon klar, dass man nicht sofort Tickets für Falschparken ausstellen kann, wenn man es die vergangenen zehn Jahre nicht gemacht hat", erklärt Bickelbacher. Die Stadt müsse ein Konzept entwickeln, das umfassende Überzeugungsarbeit und frühzeitige Ankündigung von Sanktionen beinhalte.

Nach einer Übergangszeit solle dann nicht mehr die Polizei für die Kontrollen zuständig sein, sondern in ganz München der kommunale Überwachungsdienst, führt Stadträtin Hanusch aus. Jeder wisse doch, dass die Polizei völlig überlastet sei und das Strafzettel-Verteilen in den zumeist betroffenen Wohngebieten außerhalb des Mittleren Rings in der Priorität "relativ weit unten" angesiedelt sei. Abschreckend wirke diese Situation auf die Gehweg-Parker nicht. Diese könnten das Risiko getrost eingehen, sollte tatsächlich mal ein Ticket zum Preis von 15 Euro anfallen, sei das oft schon einkalkuliert.

Das liege auch daran, dass dieses Vergehen die Autofahrer viel zu wenig koste. Ihr Parteifreund Bickelbacher würde deshalb die Strafe fürs Gehsteigparken gerne auf 30 Euro verdoppeln. Dafür müsse aber der Bund durch eine entsprechende Änderung der Vorschriften sorgen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) solle sich an übergeordneten Stellen darum kümmern, fordern die Grünen.

Hindernisse für Autofahrer bauen

Doch nicht nur strikteres Überwachen könnte den Fußgängern die Wege wieder frei machen, sondern auch die geschickte Platzierung von Blumenkübeln, Mülleimern, Fahrradständern oder Bänken. "Am besten funktioniert es, wenn der öffentliche Raum klar gestaltet ist. Dann kommt niemand mehr auf die Idee, auf den Gehweg raufzufahren", sagt Anna Hanusch. Oder er kann es wegen der Hindernisse gar nicht mehr.

Um die wirklichen Engpässe gerade für Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen oder Senioren mit einem Rollator zu erfassen, wollen die Grünen auch die Bürger einbinden. Analog zur Aktion "Bei Anruf Licht", bei der die Münchner defekte Straßenbeleuchtungen an einem Servicetelefon melden können, wollen sie eine Initiative "Bei Anruf Platz" starten. Dort sollen Bürger anrufen, wenn ein Gehweg komplett blockiert ist und sie auf die Straße ausweichen müssen.

Dabei gehe es nicht darum, einzelne Autofahrer "zu denunzieren", sondern anhand einer statistischen Auswertung Handlungsschwerpunkte zu entwickeln, sagt Bickelbacher. Auch die Bezirksausschüsse mit ihrer tiefen Ortskenntnis wollen die Grünen in ihre Offensive einbinden. Diese könnte allen dienen, argumentiert Stadträtin Hanusch, auch denjenigen, die künftig "vielleicht ein bisschen weiter zu ihrem Auto laufen müssen".

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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