Ebersberg:Lobby-Kontrolleure beobachten Angelika Niebler

Lesezeit: 3 min

Angelika Niebler ist seit 1999 im EU-Parlament vertreten. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Die Vaterstettener CSU-Europaabgeordnete arbeitet nebenbei als Anwältin. Eine Organisation wirft ihr bei der Trennung der Tätigkeiten mangelnde Transparenz vor.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Als Angelika Niebler im Spätsommer 2015 zur Kanzlei Gibson, Dunn & Crutcher wechselte, verkündete ihr neuer Arbeitgeber mit erkennbarem Stolz, dass man nun ein Mitglied des Europäischen Parlaments in den eigenen Reihen habe. "Angelika hat einen profunden juristischen Hintergrund und Kenntnisse der europäischen Dimension von Fragen des geistigen Eigentums und des Datenschutzes, die für unsere Kunden wichtig sind", hieß es in der Pressemitteilung.

Für die Organisation Lobbycontrol wirft die Tätigkeit der CSU-Politikerin allerdings Fragen auf. Denn die Kanzlei betreibe Lobbyarbeit, so Nina Katzemich vom Verein Lobbycontrol, es sei unklar, inwieweit Nieblers Arbeit als Parlamentarierin dadurch Einfluss nehme. Auch örtliche Aktivisten sind beunruhigt; Niebler selbst unterstreicht, es gebe keinerlei Interessenskonflikte.

Grundsätzlich ist es erlaubt und durchaus üblich, dass Brüsseler Abgeordnete Nebentätigkeiten ausüben, sofern sie diese offen legen. Dies hat Angelika Niebler stets getan, seit sie 1999 ins Europäische Parlament einzog. Eigenen Angaben zufolge geht sie mehrmals im Monat in ihrem Münchner Büro Anwaltstätigkeiten nach, mit ihrem Verdienst bei der Anwaltskanzlei fällt sie unter Einkommenskategorie 2, was zwischen 1001 und 5000 Euro monatlich zusätzlich bedeutet.

An der Nebentätigkeit an sich üben Lobbycontrol sowie der Zusammenschluss von Umweltschutzorganisationen "Friends of the Earth" und die Anti-Lobbyismusorganisation "Corporate Europe Oberservatory" auch grundsätzlich keine Kritik. Allerdings sehen sie sowohl den Arbeitgeber als auch die Art von Nieblers Tätigkeit für Gibson, Dunn & Crutcher kritisch. Die Kanzlei sei nicht ins EU-Transparenzregister eingetragen, das zum Ziel hat, die Beziehungen von Interessensvertretern zu den EU-Organen durchschaubarer zu machen, leistet aber laut der drei Organisationen dennoch Lobbyarbeit in Brüssel.

Niebler gilt als Expertin für Urheberrecht und Medien

Und Niebler selbst gilt als Expertin für die Bereiche Urheberrecht und Medien - sowohl als Anwältin als auch als Politikerin. Eines ist Nina Katzemich wichtig zu unterstreichen: "Wir können ihr nichts Falsches nachweisen. Wir wüssten halt nur gern, was dahinter steckt." Mehr Transparenz würde es laut Katzemich bringen, wenn man wüsste, welche Kunden Niebler berät oder wenigstens, aus welchen Branchen diese stammten.

Auch an Martin Schulz, den damaligen Präsidenten des EU-Parlaments, haben sich die drei Organisationen daher bereits gewandt mit der Bitte, mögliche Interessenskonflikte zu untersuchen. Die Antwort auf die mehrseitige Anfrage der drei Organisationen aus dem Büro des Präsidenten fällt relativ knapp aus, ohne dass darin auf die konkreten Fragen eingegangen würde.

Niebler habe ihre Nebentätigkeiten immer richtig angegeben, fehlerhafte oder missverständliche Informationen könne man nicht erkennen, es gebe auch keine Hinweise darauf, dass Niebler Regeln bezüglich möglicher Interessenskonflikte missachtet habe, heißt es darin. Auch Niebler weist solche in einer Stellungnahme an die SZ nachdrücklich zurück. Ihre Tätigkeit als Anwältin habe sich auf Rechtsberatung beschränkt, betont sie: "Ich habe immer größten Wert auf eine strenge Trennung gelegt, so dass kein Interessenkonflikt zwischen meinem Mandat im Europäischen Parlament und meiner Nebentätigkeit für das Münchner Büro der Anwaltskanzlei Gibson Dunn entstehen konnte und kann. Ein solcher wäre gegeben, wenn ich mich für einen Mandanten im parlamentarischen Verfahren, etwa bei Ausschussberatungen, verwenden würde. Dies hat es nie gegeben und wird es nie geben, darauf lege ich größten Wert."

Dennoch will Lobbycontrol weiter ein Auge auf der Tätigkeit der Abgeordneten haben und sich generell für mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten von EU-Abgeordneten einsetzen. Auch örtliche Akteure wünschen sich größere Klarheit. Klaus Schöffel, Sprecher des Arbeitskreises Gentechnik des Bundes Naturschutz, sagt, man habe in der Vergangenheit mit Niebler recht gut zusammengearbeitet, sie habe beispielsweise bei der Problematik von Patenten auf Leben ein "offenes Ohr" für die eigenen Anliegen gehabt.

Als man sie aber nun um Auskünfte zu möglichen Kontakten zu Lobbyisten gebeten habe, habe man trotz Nachfragen nichts von ihr gehört: "Das ärgert mich total." Es lege auch den Schluss nahe, dass man bei einer weiteren Zusammenarbeit Vorsicht walten lassen müsse. Nach Angaben Nieblers liegt die Funkstille aber nicht daran, dass sie nicht antworten konnte oder wollte: Das Schreiben vom August, auf das sich Schöffel beziehe, sei ihr nicht zur Kenntnis gelangt.

Ein zweites Schreiben vom 19. Dezember wolle sie in Kürze beantworten: "Ich bitte jedoch alle meine Kontakte immer um Verständnis, dass Antworten länger dauern. Mich erreichen täglich über 500 Mails und stapelweise Post." Sie beantworte zuerst jene Anfragen, die am dringlichsten seien.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: