Stadtrat Dachau:Keine Hilfe für Analphabeten

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In der Grundschule Dachau-Ost gibt es fünf Kinder, die Analphabeten sind. Die Stadträte verstehen zwar das Problen, wollen aber Förderkurse nicht finanzieren.

Walter Gierlich

Ein Riesenproblem haben die Dachauer Schulen mit Kindern, die kaum oder gar nicht Deutsch können, die aber in den Regelunterricht geschickt werden. Noch stärkeres Kopfzerbrechen bereiten Rektorin Gabriele Dörflern und ihren Lehrkräften von der Grundschule Dachau-Ost derzeit fünf Kinder aus Somalia, die Analphabeten sind, die aber ebenfalls in Regelklassen sitzen, ohne irgend etwas vom Unterricht mitzubekommen.

In der Grundschule Dachau Ost gibt es fünf Kinder aus Somalia, die weder Deutsch noch lesen und schreiben können. Der Stadtrat will ihnen nicht helfen. (Foto: dapd)

Einen Antrag der Schule an die Stadt, rund 10 000 Euro für einen Alphabetisierungskurs zu übernehmen, lehnte der Familien- und Sozialausschuss des Stadtrats am Donnerstag ab: Das sei Sache des Staates. Allerdings wollen Stadtverwaltung und alle Fraktionen Druck auf die staatlichen Stellen machen, um eine Lösung herbeizuführen.

Ehe die Mitglieder des Ausschusses über den Antrag der Grundschule Ost diskutierten, bekamen sie die von der SPD beantragten Zahlen über die Anteile von Kindern mit Migrationshintergrund in Dachauer Tagesstätten und Schulen. Nach Ansicht der SPD sind diese Daten notwendig, um feststellen zu können, wo bei der Integration noch Handlungsbedarf besteht.

Vor allem die geringe Zahl an Übertritten von Ausländerkindern in Gymnasien und Realschulen fand SPD-Stadträtin Christa Keimerl bedenklich. Auch Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) meinte, dass man angesichts der Zahlen überlegen müsse, wie man das Potenzial, das in den Kindern steckt, fördern könne. "Wenn wir hier nicht fördern, werden uns diese Menschen später ganz andere Kosten verursachen", sagte sie.

Doch als es konkret wurde und um Deutsch- und Alphabetisierungskurse ging, war davon nichts mehr zu hören. Rektor Albert Sikora von der Mittelschule Dachau-Süd berichtete, dass die Volkshochschule (VHS) bis zu den Osterferien täglich ehrenamtliche Förderstunden für die insgesamt 15 betroffenen Kinder durchführe, doch danach stünden sie "wieder ohne jede Förderung bei uns in den Schulen".

Integrationsreferent Horst Ullmann (SPD) nannte die beantragten Kosten von 10 000 Euro allerdings überzogen, zumal es sich um eine Aufgabe des Staates handle. Dieser lasse Familien mit Kindern ins Land, und die Schulen hätten dann das Problem: "Die sollen schauen, was sie mit Kindern machen, die nicht einmal einen Bleistift halten können", kritisierte er.

CSU-Stadträtin Elisabeth Zimmermann räumte zwar das Problem ein, meinte aber: "Wenn wir heute für fünf Kinder zahlen, kommen übermorgen 25." Einzig Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) appellierte an seine Kollegen, "die Schulen nicht im Regen stehen zu lassen". Man solle in Vorleistung gehen, sonst schlägt das auf uns zurück, sagte er weiter.

Doch für irgendwelche Vorleistungen sah Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) keinerlei finanziellen Spielraum: "Die Kommunen gehen pleite, wenn das so weitergeht", sagte er angesichts ständig zunehmender Aufgaben, die der Staat auf Städte und Gemeinden abwälze.

Matthias Buschhaus von der VHS erläuterte ein Modell, das in Rosenheim mit Hilfe der dortigen Sparkassenstiftung praktiziert werde. Würde man in Dachau Ähnliches machen, fielen für die Zeit zwischen Ostern und Sommerferien lediglich rund 4000 Euro an, sagte er.

Doch auch darauf mochte niemand eingehen, wie eine Nachfrage Kühnels ergab. Vielmehr folgte der Ausschuss einem Vorschlag Bürgels, "einen deutlichen Brief an die Regierung" zu schreiben und sich zugleich an die beiden Landtagsabgeordneten zu wenden.

© SZ vom 04.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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