Mord in Erdweg:Verlobte trennt sich im Gericht von Angeklagtem

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Der Angeklagte Arvid K. im Gerichtssaal. Er soll eine Frau getötet haben, um an ihr Geld zu kommen. (Foto: dpa)
  • Die brutale Tat hatte die kleine Gemeinde Erdweg erschüttert: Der 27-jährige Arvid K. hat gestanden, eine 76-jährige Rentnerin ermordet zu haben.
  • Mit der Beute wollte K. offenbar seine schwangere Verlobte aus dem Gefängnis holen. Die Frau trennte sich nun von ihm - im Gericht.

Von Benjamin Emonts, Erdweg/München

Am dritten Tag im Erdweger Mordprozess hat sich die Ex-Verlobte des mutmaßlichen Mörders Arvid K. klar von der Tat distanziert. Dabei sieht die Verteidigung in der Liebe zu der Frau ein entscheidendes Motiv, weshalb der 27-jährige Arvid K. eine 76-jährige Rentnerin aus Erdweg brutal getötet hatte. Im Oktober 2014 war die damalige Verlobte des Angeklagten wegen einer offenen Geldstrafe in Höhe von 1350 Euro verhaftet worden. Um sie aus der Haft zu erlösen, sah der Angeklagte anscheinend keinen anderen Weg als einen gewaltsamen Raubzug.

Arvid K. versuchte bei Verwandten und Freunden das Geld aufzutreiben, das er benötigte, um seine schwangere Verlobte aus dem Gefängnis zu holen. Als er jedoch keine Hilfe bekam, verschaffte er sich am 28. Oktober 2014 Zugang zum Haus der Rentnerin, tötete sie und entwendete ihre EC-Karte. Seiner damaligen Geliebten sagte er, dass er sich das Geld von seiner Oma geliehen habe.

Prozess um Mord in Erdweg
:27-Jähriger soll Rentnerin aus Habgier getötet haben

In einer kleinen Gemeinde wurde vor einem Jahr eine 76-Jährige gefoltert und brutal ermordet - die Nachbarschaft stand unter Schock. Nun steht der mutmaßliche Täter vor Gericht.

Von Benjamin Emonts

Die 39-jährige Obdachlose gab vor Gericht nun an, dass die Verlobung auch wegen des Verbrechens keinen Bestand mehr für sie habe. "Ich sehe nicht ein, was er gemacht hat." Das ungeborene Kind hatte die Frau kurz nach ihrer Haftentlassung verloren. Zudem berichtete die 39-Jährige, dass Arvid K. in den Tagen nach ihrer Entlassung zwei Mal beinahe an einer Überdosis aus Heroin und/oder Crystal Meth zugrunde gegangen sei. "Ich konnte ihn gerade noch zurückholen."

Arvid K. atmet schwer und weint

Arvid K. blickte seiner Ex-Verlobten während ihrer Aussage lange in die Augen, er atmete schwer und weinte. Kurz bevor die Frau aus dem Zeugenstand entlassen wurde, bat Arvid K. sie um ein persönliches Gespräch im Gefängnis Stadelheim. "Ich komm schon", sagte die Frau darauf. Arvid K. erwiderte: "Sagst du das bloß oder machst du's auch?" Antwort: "Ich komm schon, ich melde mich irgendwann."

Laut dem Anwalt von Arvid K. hat die Frau seinen Mandanten während der Haft weder besucht noch einen einzigen Brief geschrieben. Die 39-Jährige hatte Arvid K. im Sommer 2014 kennengelernt. Während der Beziehung sei es häufig zu Streitigkeiten gekommen. Mehrfach sei sie von Arvid K. geschlagen worden, wenn sie etwa keinen Sex mit ihm haben wollte. In zwei Fällen soll er sogar versucht haben, sie mit einem Kissen zu ersticken, wie die Frau aussagte. Die 39-Jährige ist schwer drogenabhängig und sichtlich gezeichnet von ihrer Sucht. Mit dem Angeklagten hat sie eigenen Angaben zufolge regelmäßig Heroin und hin und wieder Crystal Meth konsumiert.

"Sie können sagen, was Sie wollen"

Vor der obdachlosen Frau war am Dienstag die Tochter der ermordeten Rentnerin in den Zeugenstand gerufen worden. Unter Tränen schilderte sie, wie sie ihre Mutter am Morgen des 31. Oktobers tot aufgefunden hat. Nachdem sie ihre Mutter zwei Tage lang telefonisch nicht erreichen konnte, fuhr die 59-Jährige am Freitagmorgen gegen 9 Uhr zum Haus ihrer Mutter in Großberghofen. Die Haustür war nicht verschlossen. Im Inneren sah die Tochter, dass der Computer an war und die Tastatur am Boden lag. Im Gang erblickte sie sodann - in einer "großen Blutlache liegend" - ihre Mutter. Der zu Hilfe gerufene Notarzt stellte fest, dass die Frau bereits mehrere Tage tot war.

Das Gericht wollte von der Tochter wissen, wie ihre Mutter mit der PIN ihrer EC-Karte umging. Die Verteidigung behauptet, dass die PIN auf der Karte geklebt habe und der Angeklagte somit keinen Grund gehabt hätte, die Geheimnummer gewaltsam zu erpressen, wie aus der Anklage hervorgeht. "Sie hat ihre Nummer sicher nicht im Geldbeutel gehabt. Wir haben auch einmal darüber gesprochen, dass das zu unsicher ist", sagte die Tochter nun.

In der Folge wurden der Zeugin verschiedene Beweismittel vorgelegt. Von zwei Messern, die in einem Blumenbeet vor dem Haus der Eltern des Angeklagten gefunden wurden, konnte sie keines dem Haushalt ihrer Mutter zuordnen. Dafür erkannte sie einige Schmuckstücke wieder, die der Angeklagte nach dem Mord entwendet haben soll. Arvid K. vermied jeden Augenkontakt mit der Tochter seines Opfers.

Dann fragte der Verteidiger die 59-Jährige, ob sein Mandant sich bei ihr für das Unentschuldbare entschuldigen dürfe. Die Tochter der Ermordeten begann zu weinen: "Sie können sagen, was Sie wollen - sie ist tot." Arvid K. vergrub das Gesicht in seinen Armen.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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