CSU-Austritte in München:Wie Josef Schmid zum Förderer der Bayernpartei wurde

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Josef Schmid ist schwer düpiert worden. (Foto: Stephan Rumpf)

Als "Sonnenkönig" beschimpfen die ausgetretenen Stadträte den CSU-Bürgermeister. Dem eher stromlinienförmigen Schmid dürfte das schwer zu schaffen machen.

Von Dominik Hutter

Josef Schmid hätte es wohl selbst am wenigsten erwartet: dass ausgerechnet er, der liberal geprägte CSU-Großstadtpolitiker, einmal zum größten Förderer der Bayernpartei wird. Seit dieser Woche kann er sich diesen vermutlich ungeliebten Titel anheften.

Denn die separatistisch geprägte Bayernpartei, der noch immer ein wenig der Muff der Fünfzigerjahre anhaftet, stellt neuerdings vier Stadträte im Münchner Rathaus - obwohl sie bei der Kommunalwahl 2014 nur 0,9 Prozent der Wählerstimmen erhalten hat. Verantwortlich dafür ist unter anderem der Übertritt zweier Stadträte, die mit der Politik der Schmid-CSU unzufrieden waren.

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"Sonnenkönig" hat einer der Abtrünnigen Schmid genannt, und dass man sich stets stromlinienförmig verhalten müsse, um nicht anzuecken. Diese Beschreibung passt eigentlich nur schlecht zu dem sanftmütig-freundlichen Metzgerssohn, der seit 2014 zweiter Bürgermeister in Deutschlands drittgrößter Stadt ist.

Eher noch wird dem 46-jährigen Juristen in den eigenen Kreisen eine gewisse Beißhemmung vorgeworfen. Denn Schmid versteht sein Bürgermeisteramt nicht als Parteiposten, sondern als Auftrag aller Münchner Bürger. Was zur Folge hat, dass er oftmals wie ein loyaler Verwaltungschef wirkt und nicht wie der Spitzenmann einer Regierungsfraktion.

Schmid hat lange darauf hingearbeitet, dass die einst so zerstrittene CSU im Rathaus mitregieren kann. Er hat seiner Partei ein weltoffenes Großstadt-Image verpasst, in dem auch Homosexualität, Fahrradfahren und urbane Ausgeflipptheiten ihren Platz haben. Dem linken Spektrum geht das zwar längst nicht weit genug, politische Gegner nutzen jede Gelegenheit, Schmid als lediglich gut getarnten Konservativen zu "entlarven"; aus der CSU-Perspektive aber gleicht es einer politischen Revolution, was der Mann aus dem bürgerlich-behäbigen Stadtteil Allach in seiner Partei veranstaltet hat.

Ein herber Schlag für den zweiten Bürgermeister

Der Vater zweier Kinder, dessen Frau im Wahlkampf eine wichtige Rolle als Sympathieträgerin gespielt hat, kam 2002 erstmals in den Münchner Stadtrat. Fünf Jahre später übernahm er den Fraktionsvorsitz und konnte so das Projekt Liberalisierung bis zur Regierungsübernahme starten. Für den Wunsch-Job Oberbürgermeister hat es bislang nicht gereicht, aber immerhin für ein 2014 geschlossenes Regierungsbündnis mit der SPD.

Dass eine politische Neuausrichtung nicht jedem Parteifreund gefällt, liegt in der Natur der Dinge. Sie bringt unbequeme Personalentscheidungen und ungeliebte politische Kompromisse mit sich - die beiden Abtrünnigen fühlten sich ausgegrenzt und zogen schließlich ihre Konsequenzen.

Für Schmid ist das ein herber Schlag, da die CSU nun nicht mehr stärkste Fraktion im Münchner Stadtrat ist. Dieser Status war den Christsozialen sehr wichtig, um auf Augenhöhe mit der SPD zu sein, die mit Dieter Reiter den Oberbürgermeister stellt.

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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