Parteiaustritte:Verschnupft im Rathaus

Lesezeit: 2 Min.

Michael Piazolo ist von den Wechselplänen Altmanns überrascht worden. (Foto: Robert Haas)
  • Zwei CSU- und ein Freie-Wähler-Stadtrat sind zur Bayernpartei übergetreten.
  • Der Stadtvorsitzende der Freien Wähler, Michael Piazolo, räumt einen schweren Verlust ein. Der nun ausgetretene Johann Altmann stand der Fraktion der Bürgerlichen Mitte vor.
  • In der CSU rumort es, da die zwei ausgetretenen Stadträte ihre Mandate behalten wollen.

Von Dominik Hutter

Bei den Freien Wählern hat der Parteiaustritt von Stadtrat Johann Altmann Erstaunen ausgelöst. "Erst letzte Woche haben wir zweimal telefoniert", berichtet der Stadtvorsitzende Michael Piazolo - von derartigen Plänen sei keine Rede gewesen. Altmann habe seine Partei erst am Mittwochvormittag, als die Nachricht gerade öffentlich bekannt wurde, per Fax informiert. Ohne Begründung.

Piazolo ist sich denn auch nach wie vor nicht im Klaren darüber, was Altmann zu seinem eher spontanen Wechsel in die Bayernpartei bewogen hat. Inhaltlich seien keine Differenzen erkennbar gewesen. Eine Meinungsverschiedenheit habe es wegen der Nicht-Aufnahme von Altmanns Stadtratskollegen Josef Assal in die Partei gegeben - der Vorstand hatte den Ex-SPDler abgelehnt. Dass jemand sein politisches Schicksal an ein solches Ereignis knüpft, "erschließt sich mir aber nicht so ganz", so Piazolo.

Im Aufwind
:Bayernpartei träumt wieder vom Landtag

Die Vertreter der Bayernpartei wünschen sich die Unabhängigkeit des Freistaats und werden dafür gerne als Exoten belächelt. Doch der Landesvorsitzende verzeichnet Mitgliederzuwächse.

Von Günther Knoll

Altmann hatte am Mittwoch seinen Wechsel zur Bayernpartei verkündet - gemeinsam mit zwei CSU-Stadträten. Die Freien Wähler verfügen seitdem nur noch über einen Sitz im Rathaus, Ursula Sabathil will ihrer Partei treu bleiben.

Altmann, der schon seit Jahren in der Fraktion Bürgerliche Mitte mit der Bayernpartei zusammengearbeitet hat, begründete seinen Parteiaustritt mit Unzufriedenheit über die politische Arbeit und das Klima bei den Freien Wählern.

Altmann spricht von Aufnahmestopp bei Freien Wählern

Die Partei habe nicht einmal mehr den Ehrgeiz, durch neue Mitglieder zu wachsen, erklärte Altmann mit Bezug auf das Nein des Parteivorstands zu Josef Assal. Es gebe sogar einen generellen Aufnahmestopp. Diese Aussage wurde am Donnerstag von Piazolo dementiert. Selbstverständlich stünden die Freien Wähler für neue Mitglieder offen. Man wäge aber ab, ob der Bewerber politisch zur Partei passten. Das sei beim einstigen Sozialdemokraten Assal nicht der Fall gewesen.

Piazolo räumte ein, dass der Verlust eines Rathaus-Fraktionschefs - Altmann steht der Bürgerlichen Mitte vor - ein schwerer Verlust für die Freien Wähler ist. Man werde dennoch unbeirrt weitermachen und versuchen, den geschrumpften Einfluss zu kompensieren.

Auch die CSU, die mit Eva Caim und Mario Schmidbauer gleich zwei Stadträte an die Bayernpartei verloren hat, bemüht sich um den Blick nach vorne. Sowohl Bürgermeister Josef Schmid als auch Fraktionschef Hans Podiuk beteuern, dass der Verlust zweier Parteimitglieder keine Auswirkungen auf die Rathauspolitik der CSU oder die Zusammenarbeit mit der SPD habe.

Die Stadtratswahl ist eine Personenwahl

Aus der Fraktion ist sogar zu hören, dass sich das Klima entspannen könnte, wenn die beiden Unzufriedenen nicht mehr dabei sind. Verschnupft sind die Christsozialen dennoch. Denn Caim und Schmidbauer wollen ihre Mandate behalten, die sie über die Liste der CSU errungen haben. Das ist freilich weder ungewöhnlich noch unzulässig. Die Stadtratswahl ist eine Personenwahl, die Mandate fallen daher erst an die Partei zurück, wenn ihre Inhaber das Rathaus ganz verlassen.

Parteiaustritte hat es im Münchner Rathaus schon mehrfach gegeben. Josef Assal etwa hat der SPD kurz nach der Kommunalwahl 2014 den Rücken gekehrt - und sein Mandat als Parteiloser zur Fraktion Bürgerliche Mitte mitgenommen. Die SPD stellt seitdem nur noch 24 Stadträte.

In den Achtzigerjahren hat der Parteiaustritt zweier Sozialdemokraten gar ein politisches Erdbeben ausgelöst, da die SPD damit ihre Mehrheit verlor. Es schlug die Stunde des damaligen CSU-Fraktionschefs Walter Zöller, der mit seiner neu gewonnenen "Gestaltungsmehrheit" dem SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter das Leben schwer machte.

© SZ vom 01.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Stadtrat
:Wie die Parteiwechsel im Rathaus die Bürgerliche Mitte stärken

Fünf der sechs Stadträte haben ihre alten Parteien im Streit verlassen - der Fraktionsvorsitzende sogar schon zum zweiten Mal.

Von Dominik Hutter

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: