Neues Gesetz gilt ab 2016:Etliche Unternehmen planen die Frauenquote mit "Zielgröße Null"

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Frauen im obersten Management? Das ist für eine Reihe Konzerne noch nicht einmal vage Vision. (Foto: imago stock&people)
  • Von 2016 an müssen mehr als 100 deutsche Großkonzerne bei Neubesetzungen im Aufsichtsrat eine Frauenquote von 30 Prozent sicherstellen - hier gibt es noch erhebliche Defizite.
  • Bundesfamilienministerin Schwesig kritisiert das mangelnde Engagement.
  • Bei den freiwilligen Zielvorgaben für Vorstand und oberstes Management setzen sich etliche Unternehmen die "Zielgröße Null".

Von Constanze von Bullion, Berlin

Bei der Durchsetzung der Frauenquote gibt es in Deutschland noch erhebliche Defizite. Zahlreiche Unternehmen sind weit vom Ziel entfernt, den Anteil von Frauen in Aufsichtsräten auf 30 Prozent zu erhöhen. Dies ist vom 1. Januar an gesetzlich vorgeschrieben. Zudem müssen sich Betriebe freiwillige Zielvorgaben zur Frauenförderung im Vorstand und im obersten Management setzen. Etliche Unternehmen wie der Energiekonzern Eon, die Commerzbank oder ThyssenKrupp unterlaufen diese Zielvorgabe aber vorerst. Sie haben sich für Frauen im Vorstand die "Zielgröße Null" gesetzt.

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Von 2016 an ist in Deutschland eine Frauenquote in Aufsichtsräten gesetzlich vorgeschrieben. Bisher verfehlen laut einer Studie 80 Prozent der Firmen das Ziel.

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Kurz vor dem Stichtag für die feste Frauenquote hat Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nun das mangelnde Engagement etlicher Unternehmen kritisiert. "Es gehört zum Einmaleins des Managements, sich strategische Ziele zu setzen - und alles daranzusetzen, diese Ziele auch zu erreichen", sagte Schwesig der Süddeutschen Zeitung. "Ich erwarte von den Unternehmen, dass sie es ernst meinen mit der von ihnen selbst so häufig gepriesenen Vielfalt in den Führungsetagen."

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Von 2016 an greift die Quote

Nach dem "Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen" müssen 101 börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen von 2016 an bei der Neubesetzung ihres Aufsichtsrats sicherstellen, dass mindestens 30 Prozent der Posten von Frauen besetzt werden. Gelingt das nicht, bleiben Stühle leer.

Diese Firmen, aber auch 3500 etwas kleinere Betriebe müssen sich zudem freiwillige Zielvorgaben für Frauen im Vorstand und im obersten Management des Betriebs geben und über die Durchsetzung ihrer Ziele regelmäßig berichten. Werden sie verfehlt, drohen aber keine Sanktionen.

Bei Firmen, für die von Januar an die feste Quote im Aufsichtsrat gilt, liegt der Frauenanteil im Schnitt derzeit bei 22 Prozent. Ein knappes Fünftel von ihnen erreicht nicht einmal zehn Prozent. Noch schlechter sieht es in Vorständen aus, dort sitzen nur 4,8 Prozent Frauen. Hier sollen freiwillige Quotenziele der Firmenleitung greifen. Weil sie straflos verfehlt werden dürfen, umschiffen etliche Betriebe aber Vorgaben.

Bei Fresenius, Porsche und weiteren Konzernen: "Zielgröße Null"

"Es fehlen Bereitschaft und Einsicht", sagte die Präsidentin von "Frauen in die Aufsichtsräte", Monika Schulz-Strelow. "Zahlreiche Unternehmen meinen, vom Gesetz gar nicht betroffen zu sein."

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Beim Medizinkonzern Fresenius und der Porsche Automobil Holding SE sitzen in Aufsichtsrat und Vorstand keine Frauen. Im Porsche-Vorstand soll das bis Mitte 2017 so bleiben, man hat sich die "Zielgröße Null" gesetzt. Die Commerzbank nennt es ein "klares Ziel, die Anzahl der Frauen in Führungspositionen weiter zu steigern", hat den Frauenanteil im Vorstand aber ebenfalls bei "null" festgelegt. Das gilt vorerst auch für Eon, ThyssenKrupp, Volkswagen und Infineon.

Etwas ambitionierter ist das Energieunternehmen RWE. Hier soll eine Frau in den Vorstand, das entspricht einer Quote von 25 Prozent. Die Softwarefirma SAP und Turnschuhhersteller Adidas wünschen sich auf jedem fünften Vorstandsposten eine Frau. Audi peilt bis Ende 2016 auf der ersten Führungsebene 5,6 Prozent Frauen an.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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