Medizin:Die "Pille" schützt - auch vor Krebs

Anti-Baby-Pille

Trotz Skepsis: Die Anti-Baby-Pille kann das Krebsrisiko senken.

(Foto: dpa)

Eine Studie zeigt, dass Tumore der Eierstöcke und des Darms bei Frauen seltener auftreten, wenn sie hormonell verhüten. Einige Nebenwirkungen der Präparate aber bleiben.

Von Werner Bartens

Wohl kaum einem Medikament wurden in seiner Karriere so viele Wirkungen und Nebenwirkungen zugeschrieben wie der Antibabypille. Auf den Markt kam "die Pille" in Deutschland zunächst für verheiratete Frauen als "Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen".

Mal wurde sie mit einem höheren Risiko für Krebs in Verbindung gebracht, dann galt die Pille als Lifestyle-Medikament, das nebenbei die Haut glättet und Haare glänzen lässt. Und jetzt zeigen Ärzte im American Journal of Obstetrics and Gynecology, dass die Pille offenbar dazu beiträgt, dass Frauen seltener Krebs bekommen.

Ärzte der Universität Aberdeen um Lisa Iversen haben Daten von 46 000 Frauen ausgewertet, die seit 1968 die Pille genommen haben. Dabei zeigte sich, dass Tumore der Eierstöcke, der Gebärmutterschleimhaut und des Dickdarms seltener bei Frauen auftraten, wenn sie die Pille nahmen.

Das Risiko für Brustkrebs und Gebärmutterhalskrebs war leicht erhöht, normalisierte sich fünf Jahre nach Ende der Verhütungsphase aber wieder. "Nehmen Frauen die Pille, haben sie ein geringeres Risiko für Ovarial-, Endometrium- und Kolorektalkarzinome", sagt Iversen. "Und der schützende Effekt kann 30 Jahre lang anhalten, nachdem Frauen aufgehört haben, die Pille zu schlucken."

"Die Daten zu Brustkrebs sind widersprüchlich"

Gute Nachrichten sind das, denn trotz ihrer millionenfach bewiesenen Zuverlässigkeit als Verhütungsmittel steht die Pille immer wieder in der Kritik. "Die Daten zu Brustkrebs sind widersprüchlich, der Einfluss ist - wenn überhaupt - minimal. Wir haben aber schon länger Hinweise dafür, dass mit der Pille das Risiko für Eierstockkrebs deutlich gesenkt wird", sagt Sven Mahner, Direktor der Unifrauenklinik München. "Die konstanten Hormonspiegel stimulieren Eierstock und Gebärmutter weniger und das verringert vermutlich das Risiko, dass Zellen entarten. Schön, dass diese Wirkung auch nach so langer Zeit noch zu sehen ist."

Gerade für jüngere Frauen scheint jedoch nicht das vermeintliche Krebsrisiko im Vordergrund zu stehen, wenn sie sich gegen die Pille entscheiden. Ihre Skepsis rührt eher daher, dass sie ihren Körper anders erleben, weniger Lust spüren und "keine Chemie" nehmen wollen. "Die Pille bremst die natürlichen Hormonschwankungen und das mögen manche Frauen nicht", sagt Mahner. "Nach jahrelanger Einnahme kann auch die Libido nachlassen." Ob das an der Pille oder dem Partner liegt, ist allerdings unklar.

Bewiesen ist hingegen, dass mit Einnahme der Pille Thrombosen und Embolien wahrscheinlicher werden. Berichte über eine zusätzlich erhöhte Gefahr durch die neue Pillen-Generation haben manche Frauen irritiert. Absolut gesehen ist das Risiko jedoch gering: Verhüten 10 000 Frauen mit "Pillen der zweiten Generation", kommt es bei fünf bis sieben zur Thrombose, mit einer "Pille der dritten Generation" bei neun bis zwölf. Aber auch wenn Frauen gar nicht hormonell verhüten, entsteht bei zwei von 10 000 ein Blutgerinnsel.

Die größte Gefahr droht ohnehin nicht durch hormonelle Verhütung, sondern geht von ungesundem Lebenswandel aus. Wer raucht oder übergewichtig ist, erhöht sein Risiko für Thrombosen um ein Vielfaches. Das gilt ohne Pille - und mit Pille erst recht.

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