Verfassungsbeschwerde:Haderthauers Modellbauer will raus aus der Psychiatrie

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  • Roland S. ist einer der wichtigsten Zeugen in der Modellbau-Affäre um die frühere Staatskanzleichefin Christine Haderthauer und ihren Ehemann.
  • Weil er drei Menschen getötet hat, ist er seit fast 30 Jahren in der forensischen Psychiatrie untergebracht.
  • Nun hat sein Anwalt eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, die Grundrechte seines Mandanten würden durch die Unterbringung in der Psychatrie verletzt.

Von Dietrich Mittler, München

Der psychisch kranke Straftäter Roland S. - einer der tragenden Zeugen in der sogenannten Modellbau-Affäre um die frühere Staatskanzleichefin Christine Haderthauer und ihren Ehemann Hubert - will nach fast 30 Jahren Unterbringung in der forensischen Psychiatrie den Kampf um seine Freilassung aufnehmen.

Sein Münchner Anwalt Adam Ahmed hat zu diesem Zweck eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. In einem Schreiben an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe beantragte der Anwalt wörtlich: "Die Unterbringung wird für erledigt erklärt."

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Nach der Affäre um von Straftätern gebaute Modellautos, hatte die CSU die ehemalige Staatskanzleichefin nun für politisch rehabilitiert erklärt. Die Opposition hält sie dagegen für "charakterlich ungeeignet".

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Ahmed begründet seine Forderung im Wesentlichen damit, dass durch zwei Gerichtsbeschlüsse aus dem Jahr 2016, mit denen für Roland S. "der weitere Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet" wurde, die Grundrechte seines Mandanten "unmittelbar und gegenwärtig" verletzt worden seien.

Die Gerichte in Ansbach und Nürnberg hätten nicht "dem verfassungsrechtlichen Gebot bestmöglicher Sachaufklärung" entsprochen. Ihren Beschlüssen in der Sache Roland S. fehle schlicht die "Begründungstiefe" bezüglich einer ganz entscheidenden Frage: Geht von S. immer noch die "Gefahr künftiger Straftaten" aus. Ahmed will beim Studium der Akten mehrere Hinweise darauf gefunden haben, dass dies nicht der Fall ist.

Roland S. hatte zwischen 1971 und 1983 drei Männer getötet, mit denen er zuvor Sex hatte. Die bizarren Begleitumstände der Taten hatten seinerzeit in der Öffentlichkeit hohe Wellen geschlagen, insbesondere da S. nach Verbüßung der Haftstrafe für den ersten Mord erneut zwei Menschen getötet hatte. Für die Folgetaten wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Die Ärzte waren von der Perfektion begeistert

Im Bezirkskrankenhaus Ansbach traf Roland S. auf Hubert Haderthauer, der dort von April 1988 bis September 1989 als Assistenzarzt bei den psychisch kranken Straftätern tätig war. Roland S. wies auf seine herausragenden Fähigkeiten im Modellbau hin. Als Beweis konnte er ein Rolls-Royce-Oldtimermodell vorweisen, das er in seiner Haftzeit in Freiburg gebaut hatte. Die Ärzte waren von der Perfektion des Werkstücks begeistert - und so nahmen die Dinge ihren Lauf, die schließlich in der Modellbau-Affäre mündeten, Rücktritt der damaligen Staatskanzleichefin Christine Haderthauer und Untersuchungsausschuss im Landtag inbegriffen.

In dem Untersuchungsausschuss waren bislang unbekannte Details bekannt geworden, die ein Schlaglicht auf die Persönlichkeit des Forensik-Patienten warfen. Der Kriminalbeamte, der Roland S. überführt hatte, schilderte die Begegnung so: "Ich habe viele Straftäter kennengelernt, die Menschen getötet haben. Roland S. ist aber der einzige, der um seine Opfer geweint hat."

Dennoch gingen Gerichte, die über eine Verlängerung der Forensik-Unterbringung zu entscheiden hatten, stets aufs Neue davon aus, dass von diesem Mann die Gefahr weiterer "schwerster Gewaltdelikte" ausgehe - gestützt auf gutachterliche Stellungnahmen. Nicht zuletzt wurde Roland S. dabei immer wieder bescheinigt, er habe sich, abgesehen von der Arbeitstherapie Modellbau, als therapieresistent erwiesen.

S. soll zum "Spielball" wirtschaftlicher Interessen geworden sei

Rechtsanwalt Ahmed verweist indes darauf, dass Roland S. seinerzeit in Ansbach "sehr weit gelockert" gewesen sei - sprich: Er habe unter Aufsicht mehrmals die Klinik verlassen dürfen - etwa für Messebesuche, die er zu Studien für den weiteren Modellbau nutzte. Bei keinem dieser Aufenthalte habe sich Roland S. je etwas zuschulden kommen lassen, sagt Ahmed. Sein Mandant habe zudem nachweisbar Interesse an einer Therapie gezeigt.

Das lasse sich von der Forensik nicht behaupten. Aus den Krankenakten von S. gehe hervor, "dass es bis heute keine intensiven therapeutischen Bemühungen" und auch "keinerlei konkrete Therapiekonzepte gegeben hat" - weder in Ansbach noch später in Straubing. Daran habe sich auch nach der Rückverlegung nach Ansbach wenig geändert.

Mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht nahm das Bezirksklinikum Ansbach dazu nicht Stellung. Laut Ahmed sei es offensichtlich, dass sein Mandant "zum Spielball wirtschaftlicher, aber auch politischer Interessen" geworden sei, "anstatt seriös eine Therapie durchzuführen". Schon dadurch seien seine Grundrechte verletzt.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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