Tourismus:Warum der Chiemsee am Chiemsee nicht Chiemsee heißen darf

General view shows lake Chiemsee during early morning hours near Prien

Der ganze Chiemsee liegt im Landkreis Traunstein. Der ganze Chiemsee? Nein, ein kleiner Teil gehört zum Landkreis Rosenheim. Und da fangen die Probleme an.

(Foto: REUTERS)
  • Der Chiemsee liegt im Landkreis Traunstein, zwei Buchten und die Inselgemeinde Chiemsee liegen im Landkreis Rosenheim.
  • Der See darf sich nicht mit seinem Namen vermarkten, weil der von der Gemeinde Chiemsee besetzt ist.
  • Eine gemeinsame Tourismusgesellschaft beider Landkreise wäre die simple Lösung - aber die Zwistigkeiten zwischen den Landkreisen ziehen sich schon über Jahre hin.

Von Matthias Köpf, Rosenheim

Wasser, Wind, Berge und ein Königsschloss: Der Chiemsee zieht mit dieser Kombination jedes Jahr Millionen von Urlaubern und Tagesgästen an. Das "bayerische Meer" ist Deutschlands drittgrößter See und nahezu jedem im Land ein Begriff. Ob "Chiemsee" darüber hinaus aber auch eine optimal ausgeschöpfte Marke ist und wer diese Marke weiter entwickeln darf, das ist rund um den See heftig umstritten. Gerade ist das Gerangel zwischen den Landkreisen Traunstein und Rosenheim in eine neue Runde gegangen.

Der See selbst gehört dem Freistaat Bayern, und bis auf zwei kleine Buchten liegt er praktisch vollständig im Landkreis Traunstein. Allerdings gehören die Gemeinden am Westufer zum benachbarten Landkreis Rosenheim - ebenso wie die kleine Gemeinde Chiemsee, die aus der Herreninsel mit dem Schloss, aus der Fraueninsel und aus der unbewohnten Krautinsel besteht.

Diese exterritoriale, komplett vom Landkreis Traunstein umspülte Gemeinde hat ihren Namen in die Tourismusgesellschaft des Landkreises Rosenheim eingebracht. Weil die für sich die Marke "Chiemsee-Alpenland" besetzt hat, müssen sich die Traunsteiner als "Chiemgau" vermarkten, was auch einen guten Klang haben mag, aber eben nicht ganz die Strahlkraft von "Chiemsee". Dass ein gebündelter Auftritt allen Beteiligten nützen würde, gilt in vielen Gemeinden rund um den See als gewiss, Hotellerie und Wirtschaftsverbände fordern die Fusion der beiden Tourismus-Gesellschaften schon seit vielen Jahren.

Doch was schon in der Ära der beiden CSU-Landräte Hermann Steinmaßl (Traunstein) und Josef Neiderhell (Rosenheim) an Missgunst und Eifersüchteleien gescheitert ist, mag auch deren 2014 in ihre Ämter gewählten Nachfolgern Siegfried Walch und Wolfgang Berthaler (beide CSU) nicht gelingen. Die schon weitgehend ausverhandelte Verschmelzung war in diesem Frühjahr geplatzt, weil die Traunsteiner die alleinige Führungsrolle für ihren Mann beanspruchten, was die versammelten Rosenheimer Landkreis-Bürgermeister in dieser Konstellation für unannehmbar hielten und bei einer Abstimmung mit großer Mehrheit ablehnten.

In der Folge gingen die Schuldzuweisungen hin und her, und es wurde die Frage erörtert, wer nun auf wen zugehen müsse. Dass der Traunsteiner Landrat Walch in der vergangenen Woche in einem offenen Brief an den "sehr geehrter Herrn Landrat Berthaler" und "lieben Wolfgang" adressierten offenen Brief nun vorgeschlagen hat, fürs Erste wenigstens einen gemeinsamen Markenauftritt zu schaffen, wertet der Empfänger in Rosenheim nur als neuerlichen Affront.

Der altgediente Lokalpolitiker Berthaler wirft dem PR-bewussten und mindestens nach eigener Ansicht aufstrebenden Jungpolitiker Walch vor, sich mit dem Vorstoß bloß profilieren zu wollen, während man in Rosenheim längst still an einer Lösung arbeite. Ausgerechnet während einer Tagung der bayerischen Landräte, bei der er selbst gewesen sei, während Walch gefehlt habe, sei das Schreiben verschickt worden, und zwar gleich an die Öffentlichkeit, rügt Berthaler.

Generell funktioniert die Zusammenarbeit im Tourismus nicht schlecht

Dabei hätte der düpierte Rosenheimer Landrat auf Walchs öffentlichen Vorstoß lieber sofort so reagiert, wie er es nun mit kleiner Verzögerung getan hat: Er legte einen Brief von fünf Bürgermeistern aus beiden Kreisen vom Juli vor. Demnach wollen 19 Gemeinden in der Region die Marke "Chiemsee - Bayerische Alpen" inzwischen selber vorantreiben und fordern die Tourismusverbände auf, dies ebenfalls zu tun. Berthaler hat das für die Rosenheimer Seite zugesichert. Man stelle dafür gerne eine eigene Fachkraft zu Verfügung, heißt es in seinem Antwortschreiben an die Bürgermeister vom August.

Hoffen lässt in der grenzüberschreitenden Fremdenverkehrsregion aber eher, dass nach den Traunsteinern nun auch der Landkreis Rosenheim dem "Tourismusverband Oberbayern München" beigetreten ist. Der wurde nach der Insolvenz des Vorgängerverbands 2013 neu gegründet und soll die Aktivitäten der einzelnen Mitglieder sinnvoll bündeln.

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