Seehofer und die CDU:Der bayerische Löwe hat ausgebrüllt

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Der Löwe als Wappentier ist unzeitgemäß. Wer Horst Seehofer sieht, der muss unweigerlich an ein ganz anderes Tier denken.

Glosse von Wolfgang Wittl

Da war es also wieder, das Problem, das Horst Seehofer mit seinem Grußwort beim CDU-Parteitag heraufbeschworen hat: War er nun zahm wie ein dressierter Zirkuslöwe? Oder hat er doch die Krallen ausgefahren? Hat der CSU-Chef geschnurrt wie ein Kätzchen, wie er es vor drei Jahren bereits versprochen hatte? Oder hat er wenigstens ein bisschen gebrüllt wie ein bayerischer Löwe, auch wenn man schon sehr genau hinhören musste? Wahrscheinlich von allem etwas.

Man kann diese Wortspiele witzig finden, sie führen jedoch zu einer ernsten Frage: Ist der Löwe überhaupt noch zeitgemäß als bayerisches Vorzeigetier? Anfang des 13. Jahrhunderts schaffte er es in das Wappen der Wittelsbacher. Seitdem hat er das Land bis auf kurze Unterbrechungen treu begleitet, obwohl er in freier bayerischer Wildbahn eher selten vorkommt. Der Grund für seine Beliebtheit bei den Mächtigen ist klar: Er ist der König der Tiere - "very strong", sagt Seehofer auf Reisen und ballt die Fäuste, wenn er als Geschenk einen bayerischen Porzellanlöwen überreicht. Mit so jemandem wird ein Politiker natürlich gerne in Verbindung gebracht. Auch diese Rubrik schmückt sich mit einem Löwen: Das Vieh macht einfach etwas her.

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Aber vermag ein Löwe heute noch all die Facetten abzubilden, die ein Ministerpräsident in nur einer einzigen Rede offenbart? Wo doch ein bayerisches Original wie der Wolpertinger viel besser geeignet wäre: Seit 200 Jahren streifen die scheuen Exemplare durch die Wälder, ihrem Artenreichtum sind keine Grenzen gesetzt. Mal sehen sie aus wie eine Kreuzung aus Eichhörnchen, Ente und Marder, dann wie Hase, Rehbock und Vogel.

Man stelle sich nur vor, welche Möglichkeiten sich dadurch für bayerische Gastredner auf CDU-Parteitagen eröffnen: erst den großen Entenschnabel aufreißen, dann die scharfen Marderzähne zeigen oder den Gegner auf die Hörner nehmen. Und wenn es eng wird, einfach Haken schlagend über Felder abzischen, in Baumwipfel klettern oder in den Himmel entschwinden. Das Beste: Wolpertinger können der Legende nach nur von jungen, hübschen Frauen gesichtet werden. Verzeihung, aber spätestens jetzt hat sich's ausgebrüllt, Löwe: Der König ist tot, es lebe der Wolpertinger!

© SZ vom 16.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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