Salzbergwerk:Im Berg von Berchtesgaden

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Mit rund 360 000 Besuchern im Jahr ist das Salzbergwerk eines der beliebtesten Ausflugsziele Deutschlands. (Foto: PR)

Das Salzbergwerk zählt zu den 20 beliebtesten Ausflugszielen Deutschlands. Nun wird es 500 Jahre alt.

Von Matthias Köpf, Berchtesgaden

Der Ort Berchtesgaden ist von Bergen regelrecht umstellt. Der Untersberg, der Hohe Göll und auch der Obersalzberg sind da nur die prominentesten, und das zackige Watzmann-Massiv gilt vielen gar als eine Art alpines Idealbild. Aber wenn im Ort selbst von "dem Berg" die Rede ist, dann geht der Blick der Einheimischen nicht hinauf, sondern hinein.

Denn seit bald einem halben Jahrtausend arbeiten sich die "Bergler" hier in den Salzstock, der Berchtesgaden einst seine Bedeutung gegeben hat. Im kommenden Jahr werden die 500 Jahre voll. Das Berchtesgadener Salzbergwerk, das neben dem Salzabbau nach eigenen Angaben mit 360 000 Besuchern pro Jahr zu den 20 beliebtesten Ausflugszielen Deutschlands zählt, nutzt das Jubiläum zu einer Marketing-Offensive.

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Seit 1517 gibt es in Berchtesgaden das älteste noch aktive Salzbergwerk Deutschlands. Mit 360 000 Besuchern pro Jahr gehört es zu den beliebtesten Ausflugszielen.

Dass sie ihre Marke pflegen müssen, haben die Betreiber spätestens vor einigen Jahren erkannt, als das Bergwerk und die Saline in Bad Reichenhall mit ihrem weißen Gold in die roten Zahlen gerutscht waren. Neben einem klassischen Sparprogramm habe eine Image-Kampagne für die Marke "Bad Reichenhaller" wieder aus dem Tal geholfen, sagt der Vorstandssprecher der Südwestdeutschen Salzwerke AG, Ulrich Fluck.

Zum 1. August ist die ehemalige Betreibergesellschaft Südsalz voll im Mutterkonzern SWS aufgegangen, der selbst im Wesentlichen der Stadt Heilbronn und dem Land Baden-Württemberg gehört. Der Freistaat Bayern hatte sein Bergwerk und die Saline 1991 privatisiert.

Reichenhall war - im Gegensatz zum Rupertiwinkel, der zum Fürstbistum Salzburg gehörte - stets bayerisch. Berchtesgaden war eine Fürstpropstei, die ihre lange Eigenständigkeit auch dem Salz verdankte. Der damalige Propst der Augustiner-Chorherren, Gregor Rainer, schlug 1517 den Petersbergstollen an und begründete so den seither niemals unterbrochenen Berchtesgadener Salzbergbau und das inzwischen älteste noch aktive Salzbergwerk Deutschlands.

Salz wurde hier freilich schon viel früher gewonnen. Archäologische Funde deuten auf keltische Salzsieder in der Bronzezeit hin. Spätestens sie haben sich wohl die natürlichen Solequellen in Bad Reichenhall zunutze gemacht, und auch im nahen Schellenberg wurde schon eher Salz gewonnen als in Berchtesgaden.

Doch hier ließen die Pröpste erstmals bergmännische Methoden anwenden. Wohl rund sechs Zentimeter am Tag soll ein Hauer mit seiner einfachen Hacke pro Tag weiter ins Gestein vorgedrungen sein. Die heutigen Maschinen schaffen das Hundertfache, doch die waagrechten Stollen dienen in Berchtesgaden nur der Erschließung.

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Wirklich abgebaut wird "nass" in derzeit 30 "Bohrspülwerken": Unter senkrechten Schächten höhlt Wasser mit hohem Druck turnhallengroße Kavernen aus, in denen dann frisches Wasser das Salz aus der Decke löst und die Kaverne so stetig nach oben vergrößert. Die gesättigte Sole sinkt nach unten, von wo sie heraufgepumpt und durch zwei Soleleitungen in die Saline im rund 25 Kilometer entfernten Bad Reichenhall gepumpt wird. Das dort produzierte Salz kommt zum allergrößten Teil aus Berchtesgaden und nur zum geringeren Teil aus den örtlichen Solequellen.

Die erste Soleleitung nach Reichenhall gilt als technisches Meisterwerk. Sie entstand 1817, nachdem beide Orte unter bayerische Herrschaft gelangt waren und der König das Bergwerk fest an sein Reich binden und von den nunmehr über österreichisches Gebiet führenden Transitwegen unanhängig machen wollte. Denn das Salz, mit dem sich Lebensmittel haltbar machen ließen, war immer ein wichtiges und wertvolles Handelsgut, es brachte Macht und Wohlstand. Auch im Zweiten Weltkrieg waren die Berchtesgadener Bergleute noch vom Kriegsdienst befreit.

Richtige Bergler, die unter Tage arbeiten, gibt es in Berchtesgaden inzwischen nicht einmal mehr 50. Die andere Hälfte der Belegschaft arbeitet in der Werkstatt oder in der Verwaltung. Als Gesicht und Coverboy des 500-Jahr-Jubiläums haben sich die Marketing-Leute aber einen echten Bergler ausgesucht, groß und blond gelockt: Michael Köppl hat wie alle Kollegen vorher einen Handwerksberuf gelernt, in seinem Fall den des Heizungsbauers.

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Die Arbeit am Bau war ihm auf Dauer zu saisonabhängig, sagt Köppl, weshalb er sich zwei Jahre lang zum Hauer ausbilden ließ und sich dann in der Technikerschule in Clausthal-Zellerfeld zum Steiger weitergebildet hat. Als solcher ist er Schichtleiter im Berg und in der Zeit auch für das Besucherbergwerk zuständig, das gut 200 Meter über dem aktuellen Salzabbau Einblicke unter Tage gibt.

Hier führt Patrick Huber saisonweise die Gäste durch die Stollen, schickt sie auf die beiden steilen Holzrutschen zu den unteren Ebenen und geleitet sie auf das Floß über den unterirdischen Solesee. Er tut all das in gesalzenem und bei Bedarf auch internationalem Bairisch. Chinesisch? "Freilich, ni hao, des kemma ois!"

Der Besucherbetrieb wirft kleine Gewinne ab und trägt ungefähr fünf Prozent zum inzwischen wieder positiven Ergebnis des Bergwerks bei, sagt SWS-Vorstandssprecher Fluck. Bürgermeister Franz Rasp macht sich nach eigenen Worten keine Sorgen mehr, dass "der Berg" nach einem halben Jahrtausend aufgelassen oder zum reinen Schaubergwerk werden könnte wie das in Hallein, drüben in Österreich.

Den Eingangsbereich zu ihrem Besucherbergwerk haben die Berchtesgadener zum Jubiläum neu gestaltet, unter anderem mit riesigen Fotos von Michael Köppl. Drinnen und draußen soll es neue Lasereffekte und das ganze Jahr über Vorträge und Vorführungen geben. Höhepunkt auch für die Bergler ist ihr traditionelles Bergfest am Pfingstmontag, das 2017 mit geistlicher wie weltlicher Prominenz gefeiert wird.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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