Abschied von Horst Seehofer:Für den Rücktritt gibt es kein Formular

Lesezeit: 1 min

Horst Seehofer hat einen Brief an die Landtagspräsidentin verfasst. (Foto: REUTERS)

Jeder Ministerpräsident hat bislang einen anderen Weg gewählt, sich in Bayern aus dem Amt zu verabschieden - wenn ihm die Entscheidung nicht aus der Hand genommen wurde.

Kolumne von Katja Auer

Karl-Theodor zu Guttenberg hat es wegen seiner teilweise abgeschrieben Doktorarbeit getan, Bundespräsident Horst Köhler womöglich, weil er beleidigt war, das ist bis heute nicht ganz klar, und Papst Benedikt XVI., weil seine Kräfte nicht mehr ausreichten für das hohe Amt als Gottes Stellvertreter.

Horst Seehofers Kräfte hätten vermutlich noch eine ganze Weile ausgereicht, aber weil es nicht nur auf den eigenen Willen ankommt in der CSU, reicht auch er an diesem Dienstag seinen Rücktritt als Ministerpräsident ein. Wortreich tut er das, in einem Schreiben an Landtagspräsidentin Barbara Stamm dokumentiert er seine Erfolge. "Bayern steht heute besser da, als zu Beginn meiner Amtszeit im Jahr 2008", schreibt er unbescheiden.

Reaktionen auf Seehofers Rücktritt
:"Jetzt samma nimma Ministerpräsident"

Horst Seehofer hat in fast zehn Jahren sehr unterschiedliche Eindrücke hinterlassen. Die einen fanden ihn einfühlsam, andere wankelmütig - und einer kreierte sogar eine eigene Pizza für ihn.

Von SZ-Autoren

Es gibt offenbar kein Formular, keinen Vordruck für den Rücktritt als Ministerpräsident, Edmund Stoiber jedenfalls fasste sich 2007 deutlich kürzer. Er schrieb an den damaligen Landtagspräsidenten Alois Glück: "Sehr geehrter Herr Präsident! Gemäß Art. 44 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Bayern trete ich vom Amt des Ministerpräsidenten zurück." Die Unterschrift ist groß und schwungvoll, es war alles gesagt. Zurückgetreten ist er genauso ungern wie Seehofer gut zehn Jahre später.

Günther Beckstein, der für ein knappes Jahr dazwischen Ministerpräsident war, musste gar kein Rücktrittsschreiben aufsetzen, auch wenn man seine Ausführung gern gelesen hätte, ihn ließen die Parteifreunde nach der Niederlage bei der Landtagswahl einfach nicht mehr antreten. Auch Alfons Goppel kandidierte 30 Jahre zuvor nach dem Ablauf der Legislaturperiode nicht mehr, allerdings aus Altersgründen. Franz Josef Strauß war weder der eine noch der andere Rücktritt gar vergönnt, er starb im Amt.

Sein Nachfolger wiederum, Max Streibl, wählte den Rücktritt im Landtag, per Ansprache vor dem Plenum, auch das geht. Das Protokoll dokumentiert eine längere Verteidigungsrede, wegen der Amigo-Affäre blieb ihm nichts übrig, als das Amt niederzulegen. Ebenfalls unfreiwillig. Der nächste nun, Markus Söder, hat seinen Rücktritt schon vor dem Amtsantritt angekündigt. Er will die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf zehn Jahre begrenzen. Wenn er sich solange hält, muss auch er kein Schreiben aufsetzen.

© SZ vom 13.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivScheidender bayerischer Ministerpräsident
:Seehofer beklagt fehlende Dankbarkeit seiner Partei

Im SZ-Interview hält Bayerns Ministerpräsident seinen CSU-Parteifreunden vor, ihn "ordentlich demontiert" zu haben. Er trage ein Stück Wehmut im Herzen - und zieht eine Bilanz seiner Amtszeit.

Von Sebastian Beck, Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: