Haushaltsdebatte:Staatsausgaben steigen rasant - und Söder lobt sich selbst

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SZ-Grafik (Foto: N/A)
  • Die Landesregierung legt den Nachtragshaushalt für 2016 vor: Die Ausgaben werden so stark steigen wie seit 40 Jahren nicht mehr.
  • Die Ausgaben für die Flüchtlinge werden kontrovers diskutiert - doch Finanzminister Söder bezeichnet die vorgelegten Zahlen als "sensationell".

Von Wolfgang Wittl, München

Ein Haushalt mit Gesamtausgaben von 55,7 Milliarden Euro ist mitunter ein Konvolut aus schwer durchschaubaren Zahlen. Hilfreich sind daher die sogenannten Eckdaten: Um 9,2 Prozentpunkte wird der bayerische Nachtragshaushalt für 2016 gegenüber dem Vorjahr steigen - eine Erhöhung wie seit etwa 40 Jahren nicht mehr.

Am meisten Geld bekommt das Bildungsministerium mit 18,4 Milliarden Euro zugeteilt, die Personalkosten des Freistaats liegen bei insgesamt 38,6 Prozent, die Asylausgaben wachsen im Vergleich zum ersten Entwurf um 2,8 auf 3,3 Milliarden Euro an.

Für Finanzminister Markus Söder kommt es ein bisschen aber auch auf seine persönlichen Eckzahlen an. Sie lauten: 30 und 55. Eine halbe Stunde spricht der Finanzminister am Mittwoch im Landtag. Lange 55 Sekunden zollt ihm die Fraktion dafür Beifall. Söder nickt zufrieden.

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Die Haushaltsdebatte bietet der Opposition stets Gelegenheit, ihre Kritik an der Politik der Staatsregierung breit gefächert zu formulieren. Das macht sie auch. Tenor: Grundsätzlich sei der bayerische Haushalt gar nicht so schlecht, aber manche Probleme hätte sich die CSU ersparen können, wenn sie nur auf die Opposition gehört hätte.

Kritik am "wohnungspolitischen Dauerschlaf"

"Wenn Sie bereits vor einem Jahr den Anträgen der SPD gefolgt wären, wäre der Freistaat jetzt für die Flüchtlingskrise und die Aufgaben der Integration viel besser gewappnet", sagt etwa der SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib. Doch die 1500 neuen Lehrer, welche die SPD damals gefordert habe, seien von der CSU "kaltschnäuzig abgelehnt" worden. Zudem erwache die Staatsregierung auch jetzt erst "aus ihrem wohnungspolitischen Dauerschlaf". Mindestens 50 000 Wohnungen brauche Bayern in den nächsten vier Jahren.

Es dürfe "zu keiner Frontstellung zwischen armen inländischen Menschen und Flüchtlingen kommen", warnt Alexander Muthmann von den Freien Wählern. Auch er fordert mehr staatliches Engagement beim Wohnungsbau. Zudem müssten die Kommunen noch mehr entlastet werden, wenn sie wegen der hohen Flüchtlingszahlen neue Mitarbeiter einstellen müssten.

Ein Punkt, der sich durch alle Reden der Opposition durchzieht: Die Haushaltszahlen der Staatsregierung stünden in krassem Kontrast zur Wortwahl manchen CSU-Politikers. Die 5449 teils befristeten neuen Stellen für Lehrer, Polizei, Justiz und Verwaltung, von denen Söder spricht, finden allgemeine Zustimmung. Fast 500 Millionen Euro wendet der Freistaat für ein Integrationspaket auf, mehr als jedes andere Bundesland.

Auch Claudia Stamm, die Finanzsprecherin der Grünen, hält diese Ausgaben für sinnvoll. An Söder gerichtet sagt sie: "Hören Sie auf, die Mehrausgaben auf die Flüchtlinge zu schieben. Das Geld für Flüchtlinge ist ein Konjunkturprogramm." Seit Horst Seehofer 2008 Ministerpräsident wurde, seien die Ausgaben um mehr als 40 Prozent gewachsen, sagt Stamm. Die CSU könne sich loben, wie sie wolle, aber: "Mit der Landesbank haben Sie sieben Milliarden Euro einfach mal durch den Schornstein gejagt."

SPD-Mann Halbleib rechnet vor, wofür man allein das Geld für die Zinstilgung verwenden hätte können. Dann sagt er einen Satz, auf den Söder in seiner Rede sofort reagiert: dass es sich nicht um einen Haushalt des Finanzministers, sondern des Ministerpräsidenten handele. Seehofer mache das, was staatspolitisch notwendig sei - "eine Kehrtwende", die aber ein Stück weit zu spät komme.

Ernste Antworten in ernsten Zeiten

Das sei nicht der Haushalt eines Ministers, entgegnet Söder, sondern der Staatsregierung - erarbeitet und verabschiedet weitgehend von der "Mehrheitsfraktion", der Söder "herzlich" dankt. Seine Worte richtet der Minister fast ausschließlich an die CSU-Abgeordneten, die ihm ausgiebig applaudieren. Söder betont die bayerische Leistungsfähigkeit, die jedes andere Land in den Schatten stelle: Trotz zusätzlicher Ausgaben für Flüchtlinge sei Bayern fähig, 550 Millionen Euro Schulden zu tilgen, wenn auch aus den Rücklagen.

Die Investitionsquote (11,7) liege um drei Prozentpunkte höher als in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, die Pro-Kopf-Verschuldung (2376 Euro) sei nicht mal halb oder ein Viertel so hoch.

Bayern gebe mit dem Haushalt eine ernste Antwort auf ernste Herausforderungen in einer ernsten Zeit, sagt Söder. Die Entwicklung des Steueraufkommens bezeichnet er als "sensationell". Dennoch müsse die Zuwanderung auch aus haushaltspolitischer Sicht begrenzt werden.

© SZ vom 10.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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