CSU:Affront in der Staatsregierung: Terminkampf zwischen Aigner und Söder

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Finanz- und Heimatminister Markus Söder und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner bei der Übergabe ihrer Ernennungsurkunden. (Foto: dpa)

Die beiden geben in München fast zur gleichen Zeit Pressekonferenzen. Irgendwann dreht sich alles nur noch um die banale Frage: Wer hat zuerst eingeladen?

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl, München

Eigentlich soll es an diesem Donnerstag um schöne Bilder gehen, um gute Zahlen und positive Schlagzeilen. Ilse Aigner hat zu ihrer Jahrespressekonferenz eingeladen, die viel mehr ist als nur ein Blick zurück auf die vergangenen zwölf Monate. Aigner will ihren Politikstil rechtfertigen und gleichzeitig ihren Machtanspruch bekräftigen. Sie will zeigen, dass sie immer noch bayerische Ministerpräsidentin zu werden gewillt ist, das macht sie in vielen Halbsätzen deutlich. Doch irgendwann dreht sich alles nur noch um die banale Frage, wer zuerst war: die Henne oder das Ei?

Eine Stunde, bevor Aigner vor die Medien tritt, hat auch ihr Rivale Markus Söder einen großen Auftritt. Dass die Wirtschaftsministerin und der Finanzminister sich ins Gehege kommen, ist nichts Neues. Ungewöhnlich ist jedoch, dass zwei Minister fast zur gleichen Zeit zu fast gleichen Themen vor die Öffentlichkeit treten.

Aigner gibt einen umfassenden Bericht zu ihrer Wirtschaftspolitik ab, Söder liefert einen Überblick über die Neuerungen beim Landesentwicklungsprogramm LEP - für das er als Heimatminister zwar zuständig ist, das aber ebenfalls zur Wirtschaftspolitik gehört. Selbst unter härtesten Widersachern in der bei Stilfragen wenig zimperlichen CSU gilt so eine Terminkollision als Affront. Die Frage, wer zuerst war, ist daher nicht unwichtig. Sogar der in Berlin weilende Ministerpräsident Horst Seehofer verfolgt sie aufmerksam.

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Der Ministerpräsident hält Söder für charakterlich ungeeignet. Nach Aussagen des bayerischen Finanzministers, die auch AfD-Sympathisanten gefallen werden, kann man das verstehen.

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Aigner lud fünf Tage vor Söder zu ihrer Pressekonferenz ein. Der Finanzminister hingegen versichert, er habe sich bereits vor zwei Wochen zu seinem Auftritt entschieden. Begründung: Weil er am Mittwoch die Fraktion über das LEP informierte, wollte er zeitnah an die Öffentlichkeit gehen. In der Fraktion wird das bestätigt. Aus Aigners Ministerium wiederum verlautet, so eine Jahrespressekonferenz werde natürlich viele Wochen im Voraus geplant.

Wer zuerst dran war, bleibt unklar

Söder steht unter Verdacht, weil er Aigner vor zwei Monaten schon einmal mit einer Pressekonferenz zu einem Wirtschaftsthema in die Quere gekommen ist, doch er lächelt nur: "Wir versuchen, freundliche Planungen zu machen." So ganz lässt sich die seltsame Überschneidung also nicht auflösen.

Aigner jedenfalls verschiebt ihren Termin eine halbe Stunde nach hinten und sagt zu Journalisten: "Sie sind alle da, ist doch wunderbar." Und weiter, durchaus als Spitze gegen Söder gerichtet: "Sie müssen selbst wissen, wann Sie welche Einladung bekommen haben."

Im vergangenen Jahr hatte die Wirtschaftsministerin in die Highlight Towers in die Schwabinger Parkstadt gebeten, ein modernes Gebäude mit weitem Blick über München, direkt gegenüber der damals unfertigen CSU-Parteizentrale. Frisch und dynamisch sollte das wirken, fein inszeniert, wie das vielleicht auch ein PR-Profi wie Söder machen würde.

Diesmal hat Aigner in ihr Wirtschaftsministerium eingeladen, in den vornehmen Ludwig-Erhard-Saal mit Kronleuchtern und Marmorboden. Es ist nicht Aigners Lieblingszimmer, heißt es. Man könnte aber auch sagen: Aigner präsentiert sich im eigenen Haus, sie ist ganz bei sich. Und irgendwie doch oft bei Söder.

Zahlreiche Nebensätze lassen sich wie eine Kampfansage lesen, ohne dass der Name des Finanzministers auch nur ein einziges Mal fällt: "Mir geht es immer um die Sache", sagt sie zu Beginn. Dass sie viel im Hintergrund arbeite und eine "unendliche Anzahl an Gesprächen und Telefonaten" führe, von denen wohl nie jemand etwas erfahre - zumindest bis zum Donnerstag, als sie selbst darüber spricht.

"Entscheidende Zukunftsthemen" seien in ihrem Haus angesiedelt. Und dass sie es sei, die über die Instrumente verfüge, "um den ländlichen Raum attraktiv zu halten". Gut 3100 Innovationsgutscheine habe sie bereits überreicht - dass dies etwa 2000 mehr sind als Söders Förderbescheide, muss man sich dazudenken. Aigner lässt Bilder an die Wand werfen von sich bei Auslandsreisen in China und Iran, aber auch mit jungen Firmengründern oder jugendlichen Flüchtlingen in der Ausbildung.

"Bayern konkret" nennt sich der Termin, oft bewegt Aigner sich jedoch im Ungefähren. Ein wichtiges Zukunftsziel lautet, die mobilen Datennetze zu verbessern. Nach SZ-Informationen sollen so die Funklöcher in Bayern gestopft werden. Netzbetreiber sollen gefördert werden, um weitere Masten zu bauen. Die Frage indes, ob nun Henne oder Ei, beantwortet Seehofer im fernen Berlin wie folgt: Das Jahr habe 365 Tage - genügend Platz, um Terminkollisionen zu vermeiden.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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