München:Patentierung gezüchteter Pflanzen und Tiere eingeschränkt

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München/Den Haag (dpa) - Die Europäische Patentorganisation hat nach jahrelangen Debatten die Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren eingeschränkt. Die Vertragsstaaten beschlossen am Donnerstag in Den Haag, dass durch Kreuzung und Selektion gezüchtete Pflanzen und Tiere sowie die daraus hergestellten Produkte künftig keinen Schutz mehr erhalten.

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München/Den Haag (dpa) - Die Europäische Patentorganisation hat nach jahrelangen Debatten die Patentierung von konventionell gezüchteten Pflanzen und Tieren eingeschränkt. Die Vertragsstaaten beschlossen am Donnerstag in Den Haag, dass durch Kreuzung und Selektion gezüchtete Pflanzen und Tiere sowie die daraus hergestellten Produkte künftig keinen Schutz mehr erhalten.

Der entsprechende Entwurf sei angenommen worden, sagte der Pressesprecher des Europäischen Patentamts (EPA), Rainer Osterwalder. Nach Angaben des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut“ nahmen von den 38 Staaten 37 an der Abstimmung teil. Österreich stimmte demnach gegen den Entwurf, und es gab eine Enthaltung.

Die neue Regelung trägt einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom November 2016 Rechnung. Darin stellte die EU-Kommission klar, dass nicht nur Züchtungsverfahren, sondern auch die aus solchen Verfahren hervorgehenden Pflanzen und Tiere vom Patentschutz auszunehmen sein sollen.

Die neuen Bestimmungen gelten bereits ab 1. Juli. Auf das EPA kommt damit Arbeit zu: Rund 320 Verfahren waren ausgesetzt worden, um die Entscheidung abzuwarten. „Diese Fälle werden nun wieder aufgenommen und nach Maßgabe der klargestellten Praxis geprüft“, hieß es.

Für Unternehmen, die beispielsweise neuartiges Saatgut herstellen und vertreiben, sind Patente wichtig, um mit neuen Züchtungen langfristig Gewinne zu erzielen.

Das Bündnis der Patentgegner kritisiert, mit der Neuregelung seien trotz der Einschränkungen neue Schlupflöcher geschaffen worden. „Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Verbote zu umgehen“, sagte Christoph Then, Sprecher des Bündnisses „Keine Patente auf Saatgut“.

Das EPA teilt hingegen mit: Die neue Regelung stärke die Einheitlichkeit des europäischen Patentrechts. Sie „beinhaltet eine wichtige Präzisierung der Patentierungspraxis des EPA und verschafft damit den Nutzern des europäischen Patentsystems größere Klarheit und Rechtssicherheit.“

Nach Einschätzung des Bündnissprechers Then bleiben zufällige Veränderungen des Erbguts unter bestimmten Bedingungen weiterhin patentierbar. Solche zufälligen Veränderungen kommen in der Natur vor. Sie werden aber auch im Labor absichtlich herbeigeführt, um möglichst viele verschiedene Varianten einer Pflanzenart zu erhalten. Daraus suchen Forscher dann - vereinfacht gesagt - Pflanzen mit einer gewünschten Eigenschaft heraus und vermehren sie weiter.

Aus Sicht des EPA kann das - beispielsweise beim Einsatz von Bestrahlung zum Erzeugen der Erbgut-Veränderungen - ein technischer Vorgang sein. Die dadurch erzeugten Organismen wären deshalb auch künftig schützenswert. Then plädiert hingegen dafür, auch solche Organismen vom Patentrecht auszunehmen.

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