Zuerst wollte die Nasa den Namen der Person gar nicht bekannt geben, die den neu geschaffenen Direktorenposten bekleiden soll, offenbar aus Sicherheitsgründen. Aber dann wurde er in der vergangenen Woche doch der Öffentlichkeit vorgestellt: Mark McInerney soll Kopf der neuen Abteilung werden, die "unidentifizierte anomale Phänomene" (UAP) erforscht - wozu neben Ufos in der Luft auch Beobachtungen unter Wasser oder im Weltraum gehören.
Bekannt wurde die neue Stelle im Zuge der Veröffentlichung eines Expertenberichts über UAP, ein Begriff, den US-amerikanische Behörden anstelle von Ufo (unidentifiziertes Flugobjekt) etablieren möchten. Nachdem Mitglieder des 16-köpfigen Gremiums, das den Bericht erstellt hat, in den sozialen Medien verspottet und bedroht wurden, gab es offenbar die Angst, dass McInerney ebenfalls belästigt werden könnte.
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McInerney soll den Einsatz von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen als Analyseinstrumente vorantreiben. Der Meteorologe und Software-Ingenieur hat lange für den nationalen Wetterdienst der USA gearbeitet. Seit 1996 ist er in unterschiedlichen Positionen für die Nasa tätig, zuletzt als Verbindungsmann zum Verteidigungsministerium, wo er auch UAP-Aktivitäten für die Behörde abdeckte. Zuvor war er unter anderem technischer Leiter des "Earth Science Data and Information System"-Projekts (Esdis), das eine Plattform für die Arbeit mit großen Datensätzen innerhalb der Nasa entwickelt hat.
Das Thema Ufo soll von der "Sensationslust auf die Wissenschaft" verlagert werden
Für einen angehenden Ufo-Forscher wirkt er eher bodenständig: Sein Lieblingsplanet sei die Erde, hieß es vor einigen Jahren in einem Nasa-Porträt. Damals äußerte er sich auch enthusiastisch über Forschung und die Möglichkeit, Forscher bei ihrer Arbeit zu unterstützen: "Ich kann es kaum erwarten zu sehen, was herauskommt, wenn Wissenschaftler sich nur auf Wissenschaft konzentrieren müssen, und nicht auf IT-Anforderungen."
Die erste große Aufgabe von McInerney und seinem neuen Team dürfte es nun werden, hochwertige und standardisierte Daten zu unbekannten Flugobjekten zu sammeln. Bisher fehlen solche vereinheitlichten Datensätze weitgehend. Gleichzeitig sind sie eine Voraussetzung dafür, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen als Analyseinstrumente zu nutzen. Außerdem soll McInerney die Arbeit der Raumfahrtbehörde in diesem Bereich überwachen und als Vermittler zwischen Nasa und US-Bundesbehörden agieren.
Bisher konnte die Nasa keine Beweise finden, dass UAPs einen außerirdischen Ursprung haben, sagte Direktor Bill Nelson bei der Vorstellung des neuen Berichts. Allerdings wisse man bei einigen UAPs noch nicht, was dahinterstecke. Das neue Amt sei Teil der Bemühung, das Gespräch über UAPs von der "Sensationslust auf die Wissenschaft" zu verlagern. Da wird der Datenexperte und Wissenschaftler McInerney einiges zu tun haben.
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Die Nasa bittet auch die Öffentlichkeit, am Sammeln von UAP-Daten mitzuwirken. Die Autoren des Berichts empfehlen der Nasa, die Entwicklung von Open-Source-Apps für Smartphones zu prüfen, die Beobachtungsdaten weltweit sammeln könnten. Bisher gibt es kein standardisiertes System für UAP-Meldungen. Aus verwackelten, grobkörnigen Videos ohne exakte Daten zu den Umständen der Aufnahme lässt sich aber wenig herauslesen. Nachdem zuletzt mehrere unklare Sichtungen des US-Militärs veröffentlicht worden waren, ist die Ufo-Debatte neu aufgeflammt. Immer wieder heißt es, die amerikanische Regierung halte Informationen zurück. Künftig sollen daher alle gesammelten Daten weltweit öffentlich über eine vom Pentagon eingerichtete Website einsehbar sein.
Für Interviews ist McInerney vorerst noch nicht zu sprechen, heißt es auf Anfrage bei der Nasa. Man müsse erst noch seine Rolle genauer definieren und den Bericht verarbeiten. Man kann wohl davon ausgehen, dass er einen heiklen Job antritt - die Verwaltung der Daten dürfte da noch das kleinste Problem sein.