Klima:Seen speichern weltweit immer weniger Wasser

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Fragile Idylle: der Aoos-Stausee in Griechenland. (Foto: Antonis Nikolopoulos / Eurokinissi/Imago/ANE Edition)

Satellitendaten deuten darauf hin, dass die Mehrheit der Seen seit 1992 geschrumpft ist. Was bedeutet das für die Wasserversorgung?

Von Marlene Weiß

Mehr als die Hälfte der größeren Seen und Stauseen weltweit hat seit 1992 signifikant an Volumen verloren, nur ein Viertel gewann Wasser hinzu. Das ist das Ergebnis einer großen Datenanalyse, die ein Team um Fangfang Yao von der University of Colorado Boulder in Science veröffen tlicht hat. Als wichtigste Gründe nennen die Forscherinnen und Forscher mehr Verdunstung durch steigende Temperaturen, veränderte Niederschlagsmuster und veränderte Wassernutzung.

Natürliche und künstliche Seen bedecken zwar nur drei Prozent der Erdoberfläche, speichern aber 87 Prozent des flüssigen Oberflächen-Süßwassers. Damit sind sie nicht nur wichtig als Ökosysteme, sondern auch für Landwirtschaft und Trinkwasserversorgung. Es gab aber bislang kein globales Inventar, wie es um die Entwicklung der Wassermenge in den unzähligen kleinen und größeren Seen weltweit insgesamt steht. Das Team um Yao hat nun aus Satellitenmessungen von Ausdehnung und Wasserhöhe der Seen, kombiniert mit Klima- und hydrologischen Modellen, einen Datensatz der Wasserstandsentwicklung der knapp 2000 größten Seen der Welt erstellt und in einer interaktiven Karte veröffentlicht.

Auf dieser sind auch zwei Gewässer vertreten, die - ganz oder teilweise - in Deutschland liegen. Erstens: der Bodensee, der laut den Daten der Forscher über den betrachteten Zeitraum jährlich knapp sechs Millionen Tonnen Wasser verloren hat; das wäre über den ganzen, 536 Quadratkilometer großen See verteilt rund ein Zentimeter Pegelhöhe pro Jahr. Als Hauptgrund geben die Forscher den Klimawandel an. Und zweitens: die Müritz, die ihrerseits laut den Daten seit 1992 jährlich im Mittel fast 200 000 Tonnen Wasser hinzugewonnen hat, ein Grund wird hier nicht angegeben.

Steigende Pegel in manchen Gewässern können den breiten Schwund nicht ausgleichen

Die Verluste in den schrumpfenden Seen weltweit können steigende Wassermengen den Daten zufolge nur zu rund einem Drittel ausgleichen. Insgesamt bleibt unter dem Strich bei den vermessenen Seen ein jährlicher Rückgang von fast 22 Gigatonnen Wasser, was etwa sieben Mal dem Volumen des Starnberger Sees entspricht.

Der Großteil davon geht auf einige wenige, gigantische Seen zurück: Allein um rund 19 Gigatonnen schrumpft jährlich das Kaspische Meer, der größte - allerdings salzige - See der Erde. Nach Ansicht der Forscher hauptsächlich aufgrund von weniger Niederschlag und Zufluss, andere Studien hatten die Verluste auf steigende Verdunstung zurückgeführt. Würde man diesen See aus der Rechnung nehmen, sähe die weltweite Wasserbilanz schon viel besser aus.

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Die Forscher betonen jedoch, dass die Dominanz menschlicher Einflüsse dennoch deutlich bleibt: Auch wenn man das Kaspische Meer außer Acht lässt, geht rund ein Viertel der Wasserverluste in den anderen schrumpfenden Seen auf mehr Verdunstung wegen steigender Temperaturen zurück, ein Viertel auf Übernutzung und ein Viertel auf weniger Niederschlag und Zufluss, was auch oft im Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Immerhin jeder vierte Mensch auf der Erde, schätzen die Forscher, lebe im Einzugsbereich eines schrumpfenden Sees.

Die Daten deuten auch darauf hin, dass eine populäre Zusammenfassung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt vielleicht doch etwas zu stark vereinfacht ist: "Nass wird nasser, trocken wird trockener", heißt es oft. Was auch nicht ganz falsch ist, denn tendenziell bekommen heute schon feuchte Regionen künftig noch mehr Niederschlag ab, trockene Gegenden noch weniger. Wenn jedoch selbst viele Seen in feuchten Regionen - wie der Bodensee zwischen dem nassen Süddeutschland, dem noch nasseren Österreich und der patschnassen Schweiz - unter dem Strich Wasser verlieren, zeigt das, dass das Prinzip seine Grenzen hat. "Wir sollten nicht erwarten, dass mehr verfügbares Wasser in feuchten Gebieten die Wasserverluste in trockenen ausgleicht", betont die Geografin Sarah Cooley von der University of Oregon in einem begleitenden Artikel in Science.

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