SZ-Klimakolumne:Eine Müllabfuhr für Kohlendioxid

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Es wäre ziemlich praktisch, wenn Treibhausgase einfach unter der Erde verschwinden würden, anstatt in die Atmosphäre zu entweichen. (Foto: imago/Jochen Tack/imago/Jochen Tack)

Die Speicherung von CO₂ unter der Erde soll helfen, die Erderwärmung erträglich zu halten. Etwas anderes müsste dagegen dringend aus der Tiefe der Erde nach oben.

Von Thomas Hummel

Was wäre der moderne Mensch ohne eine Müllabfuhr? Wohin mit dem ganzen Zeugs, das niemand mehr braucht? Und das den Platz besetzt, wo das neue Zeugs hin soll, das jetzt meist bestellt und geliefert wird. Und dann diese allgegenwärtigen Verpackungen: Tüten, Folien, Becher, Deckel, Kartonagen.

Eine organisierte Müllabfuhr gibt es etwa in München erst seit 1891, also seit 132 Jahren. Das reicht dem Menschen, sie als quasi gottgegeben zu betrachten. Was kann da näherliegen, um nun eine Müllabfuhr für den vielleicht größten Problemstoff der Welt einzurichten: für Kohlendioxid. Das sogenannte "Carbon Capture and Storage" (CCS), das unterirdische Einlagern von CO₂, soll helfen, die Erderwärmung erträglich zu halten.

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Bislang war das in Deutschland praktisch nicht möglich, vor allem weil das Risiko für Leckagen zu groß erschien. In einem neuen Evaluierungsbericht zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz stellt nun das Bundeswirtschaftsministerium fest, dass die Technologie nun ausgereift und CCS nötig sei, um die Klimaziele zu erreichen. Im Jahr 2045 müssten demnach zwischen 34 und 73 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr mehrere hundert Meter unter der Erde eingelagert werden. Dabei soll es nicht um ein Weiter-so gehen, sondern um bislang unvermeidbare Emissionen in der Zement-, Kalk oder Glasindustrie. Wie das gehen soll, warum Norwegen Vorreiter ist und welche Firmen schon ein großes Geschäft wittern - das alles können Sie in meinem Bericht von dieser Woche nachlesen.

Ob die CO₂-Müllabfuhr funktionieren und vor allem, in welchem Umfang sie wirtschaftlich sein wird - das zeigt erst die Zukunft. Ich drücke jedenfalls die Daumen. Ohne CCS wird es noch schwerer, den Klimawandel zu bremsen. Und unter der Erde liegt noch ein weiterer, potenziell riesiger Hoffnungsträger in der Klimafrage: die Geothermie. In einer großen Geschichte in der Wochenendausgabe der SZ schreibt mein Kollege Tim Schröder dazu: "Zu Füßen der Menschheit schlummert, wenn man so will, ein gigantisches Kraftwerk - man müsste es nur nutzen." Bis zu 40 Prozent des Wärmebedarfs in Deutschland ließen sich decken, indem man warmes Wasser aus der Tiefe pumpt.

Dann los! Holt das Warmwasser nach oben. Und presst Kohlendioxid nach unten, wenn es unbedingt sein muss. Die Welt muss jetzt loslegen und alle Register ziehen, um das Schlimmste noch zu verhindern.

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