Verhaltensbiologie:Ist meine Katze noch normal?

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Eine junge Katze spielt in einer Wohnung. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Sie schnurren, als könnten sie niemandem etwas zuleide tun, und wenig später fauchen und kratzen sie: Katzen benehmen sich zuweilen widersprüchlich. Ab wann ist ihr Verhalten bedenklich? Dafür gibt es nun einen Test.

Fast alle Hauskatzen sind neugierig auf Neues. Fast keine markiert ständig Möbel oder Hosenbeine. Das zumindest ergibt die Auswertung Hunderter von spanischen Katzenbesitzern ausgefüllter Fragebögen. Die meisten der Tiere (81 Prozent) schnurren demnach meistens oder immer, wenn sie gestreichelt werden, wie es i m Fachjournal Journal of Veterinary Behavior heißt. Fast ebenso viele miauen, wenn sie raus oder in einen anderen Raum wollen. Und, Katzenhalter mag es kaum verwundern: Nur knapp 70 Prozent der Tiere reagieren fast immer oder immer, wenn sie gerufen werden.

Ziel der Studie war herauszufinden, welche Faktoren das Verhalten einer Katze beeinflussen. Neben der Rasse sowie der Herkunft und dem Alter bei der Anschaffung sind das demnach unter anderem die von der Katze allein verbrachte Zeit, das Vorhandensein anderer Haustiere und die Vorerfahrung des jeweiligen Halters.

Besitzer könnten anhand der Daten feststellen, wie normal das Verhalten der eigenen Katze ist, verglichen mit Tieren mit ähnlichen Grundvoraussetzungen, so die Forscher. Menschen mit Katzenwunsch wiederum könnten die Ergebnisse helfen zu verstehen, wie es sei, ein solches Tier im Haus zu haben.

Katzenhalter suchen weniger oft die Hilfe von Experten als Hundehalter

Die Hauskatze (Felis silvestris catus) ist eine der weltweit beliebtesten Haustierarten. In der EU haben rund 90 Millionen Haushalte (46 Prozent) mindestens ein Haustier, Katzen sind das häufigste, wie es in der Studie heißt. Zugleich aber würden Menschen allein in den Vereinigten Staaten von Amerika jährlich mehr als drei Millionen Katzen in Tierheime geben. Und zumindest für Spanien sei bekannt, dass Verhaltensprobleme die Liste der Gründe für eine Abgabe anführen. Studien hätten gezeigt, dass solche Probleme bei Hauskatzen generell recht häufig vorkommen. Katzenbesitzer suchten aber weniger oft Rat bei Experten als Hundebesitzer.

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Von Hannah Wagner

Das Team um David Menor-Campos von der Universität Córdoba (Spanien) nutzte als Erhebungsinstrument "Fe-BARQ", einen Fragebogen mit 100 Punkten zur Beurteilung von Katzenverhalten. Er kann von Katzenbesitzern genutzt werden, um das Verhalten ihres Tieres einschätzen zu können. Angegeben wird auf einer Fünfer-Skala jeweils, wie häufig - von "nie" bis "immer" - ein bestimmtes Verhalten in den zurückliegenden Monaten aufgetreten ist. Für die Studie wurden Fe-BARQ-Angaben von 816 Katzenbesitzern ausgewertet. Die meisten der berücksichtigten Tiere waren kastriert und erwachsen. Nur ein kleiner Teil war reinrassig, vertreten waren dabei vor allem die Rassen Europäisch Kurzhaar, Siam und Perser.

Interesse an neuen Objekten oder Veränderungen in ihrer Umgebung zeigten demnach 83 Prozent der Tiere immer oder meistens. Für 88 Prozent der Katzen gaben die Besitzer an, dass sie nie oder selten außerhalb der Katzentoilette Urin etwa an Möbel oder Hosenbeine spritzen. Beruhigend dürften angehende Katzenbesitzer auch finden, dass rund 90 Prozent der Tiere den Angaben ihrer Halter zufolge nie oder fast nie Füße oder Beine auf eine Weise attackieren, die nichts mehr mit Spielen zu tun hat. Ebenso hoch ist die Quote, wenn es darum geht, ob Katzen Dinge zerfetzen oder zerkratzen, wenn sie allein daheim sind.

Katzen, die im selben Haus leben wie ein Hund, sind seltener verhaltensauffällig

Weibchen wurde häufiger Aggressivität bescheinigt, sowohl gegenüber Fremden als auch gegenüber dem Besitzer, Katern mehr Kontaktfreudigkeit, leichtere Erziehbarkeit - und mehr Lärm. Kastrierte Tiere waren im Mittel verspielter. Katzen, die regelmäßig mehr als vier Stunden allein daheim verbrachten, zeigten eher zwanghafte Verhaltensweisen. Auf dem Bett und nicht im eigenen Körbchen schlummernde Katzen wiederum waren im Mittel verspielter, buhlten aber auch stärker um Aufmerksamkeit und hatten eine höhere Rate an trennungsbedingten Verhaltensproblemen.

Großen Einfluss hatte das Zusammenleben mit einem Hund: Katzen in Hundehaushalten schnurren und spielen nach Angaben der Besitzer im Mittel häufiger und zeigen weniger Verhaltensauffälligkeiten. Beim kleinen Teil der Rassekatzen ergaben die Antworten den Forschern zufolge, dass Siamkatzen geselliger sind als Perserkatzen und mehr Angst vor Neuem sowie vor Trennung haben als Europäische Kurzhaarkatzen.

Bei den gefundenen Zusammenhängen ist allerdings zu beachten, dass die entsprechenden Gruppen teils sehr klein waren, die Ergebnisse darum nicht als statistisch fest gesichert anzusehen sind. Zu den Einschränkungen der Studie zählen die Forscher auch, dass es bei der Beantwortung des Fragebogens durch die Besitzer zu subjektiven Verzerrungen gekommen sein kann. Zudem seien kastrierte Tiere sowie Haushalte mit mehreren Katzen vermutlich überrepräsentiert gewesen.

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