H1N1:Deutschland wappnet sich gegen Schweinegrippe

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Die Bundesländer bestellen 50 Millionen Impfdosen, weil sie im Herbst eine Epidemie befürchten. Andere Staaten gehen noch weiter.

C. Berndt

Die Bundesländer haben sich darauf geeinigt, 50 Millionen Dosen des Impfstoffs gegen die Schweinegrippe zu bestellen. Dieser Beschluss sei am Dienstag in einer Telefonkonferenz der Gesundheitsminister der Länder gefallen, teilte das hessische Gesundheitsministerium mit. "Wir gehen von steigenden Infektionszahlen im Herbst und Winter aus", sagte Minister Jürgen Banzer (CDU) in Wiesbaden. "Darauf müssen wir vorbereitet sein."

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Die bestellte Impfstoffmenge wird für 25 Millionen Menschen reichen, also etwa für ein Drittel der Bevölkerung. Denn um einen sicheren Schutz vor der Schweinegrippe zu gewährleisten, muss jede Person laut derzeitigem Kenntnisstand zweimal geimpft werden.

Zunächst sollten aller Voraussicht nach das Gesundheitspersonal, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Schwangere geimpft werden, sagte Banzer. Bevor man das Vorgehen endgültig festlege, würden aber noch die Empfehlungen der Experten abgewartet, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Thüringen.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hatte bereits am Freitag einen Nationalen Impfplan zur Schweinegrippe angekündigt. Dieser steht noch aus. Grundsätzlich sei es jedoch Sache der Länder, Impfstoffe zu bestellen und zu verteilen, teilte das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) mit.

Eigentlich besitzt Deutschland Bestelloptionen für 160 Millionen Impfdosen. Diese würden für eine zweifache Immunisierung der gesamten Bevölkerung reichen. Die Länder haben sich aber offenbar zunächst gegen einen so großen Vorrat ausgesprochen. Australien orderte dagegen am Dienstag Impfstoff für seine gesamte Bevölkerung.

Ein solches Vorgehen kritisierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Verteilung des Impfstoffs zwischen armen und reichen Ländern sei ungerecht, sagte WHO-Direktorin Margaret Chan am Dienstag in Genf. Die weltweiten Kapazitäten für die Impfstoffherstellung nannte sie "beklagenswert unzureichend".

Es sei bei weitem unmöglich, die ganze Welt zu versorgen. Ein Abkommen mit zwei Herstellerfirmen, 250 Millionen Impfdosen in Entwicklungsländer zu schicken, sei "nicht genug". Die WHO versucht derzeit, niedrigere Preise mit den Produzenten auszuhandeln. Zugleich will die Organisation reiche Staaten dazu bewegen, einen Teil ihrer Vorräte zu spenden.

Derzeit steht allerdings noch gar kein Impfstoff gegen den Erreger der Schweinegrippe zur Verfügung, den die WHO jüngst H1N1 09 taufte. Ein Prototyp sei gefunden, sagte die Direktorin der Abteilung für Impfstoffforschung bei der WHO, Marie-Paule Kieny. Er müsse aber noch lizenziert werden. Kieny erwartet, dass der fertige Impfstoff von September oder Oktober an erhältlich ist.

Für den Herbst wird üblicherweise auch eine Impfung gegen die alljährliche Grippe empfohlen. Welche Rolle die beiden verschiedenen Grippewellen in diesem Winter spielen werden, ist allerdings offen.

Hinweise könnte die Entwicklung auf der Südhalbkugel geben, wo gerade der Winter begonnen hat: "Dort scheint das neue H1N1-Virus die saisonalen Grippe-Viren zu verdrängen", sagte RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Ob das auch auf der Nordhalbkugel passieren werde, sei aber unklar. Deshalb könne noch niemand sagen, ob die Impfung gegen die Wintergrippe dieses Jahr nicht so wichtig sei.

© SZ vom 15.07.2009/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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