Gewitter:Gefährliche Blitze

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Im Juni ist die Wahrscheinlichkeit, beim Wandern in ein Unwetter zu geraten, besonders hoch. (Foto: Alfons Hauke/imagebroker/imago)

Europa ist kein Gewitter-Hotspot, doch auch hier kracht es öfter als früher - ganz besonders in den Alpen. Als Ursache vermuten Forscher den Klimawandel.

Von Christoph von Eichhorn

Als Tief Lambert am Donnerstagnachmittag den Westen Deutschlands erreichte, leuchteten die Karten von Blitzortungsdiensten im Internet schlagartig auf: Fast im Sekundentakt ließen sich die Entladungen in der Atmosphäre in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verfolgen. Begleitet wurden Blitz und Donner von schweren Regenfällen und Orkanböen, die sich bis zum Abend über große Teile Deutschlands ausbreiteten.

Angesichts einer solch gefährlichen Wetterlage könnte man meinen, dass Mitteleuropa besonders häufig von Gewittern betroffen ist. Dem ist global betrachtet aber nicht so: Den Blitzrekord hält derzeit der Maracaibo-See in Venezuela, wo es durchschnittlich an 297 Tagen im Jahr gewittert. Auch die meisten anderen Blitz-Hotspots finden sich in den Tropen, vor allem in Afrika, wo das schwülwarme Wetter die Entstehung von Gewittern begünstigt.

Die Erderwärmung bewirkt aber vermutlich, dass sich auch in gemäßigten Breiten mehr Gewitter zusammenbrauen als noch vor einigen Jahrzehnten. Das hat gerade ein Team von Atmosphärenwissenschaftlern und Statistikern der Universität Innsbruck für den östlichen Alpenraum gezeigt. Wie die Forscherinnen und Forscher in der Fachzeitschrift Climate Dynamics berichten, hat sich die Blitzaktivität in den Hochalpen in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den 80er-Jahren in etwa verdoppelt.

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Vor allem im Juni - allgemein der Monat mit der stärksten Gewitterneigung - ist die Wahrscheinlichkeit, beim Wandern in den Alpen in ein Unwetter zu geraten, demnach deutlich gestiegen. Zugleich hat sich die Gewittersaison, die typischerweise von Mai bis September geht, etwas verlängert. "Es geht früher los, und es hört später auf", sagt der Statistiker Thorsten Simon von der Uni Innsbruck, der Erstautor der Studie. Das gilt auch im Tagesverlauf: Die Gewitterneigung beginnt nun schon früher am Nachmittag und ebbt später in der Nacht ab als noch vor einigen Jahrzehnten.

Die Hochalpen erhöhen sich schneller als der Rest Europas

In hochalpinen Lagen, vor allem um den Alpenhauptkamm herum, sind die Veränderungen laut den Wissenschaftlern ausgeprägt. Nördlich der Alpen, im Alpenvorland sowie im Böhmerwald, ist der Trend dagegen deutlich schwächer. Diese lokalen Unterschiede könnten mit dem Klimawandel zu tun haben. "Wir wissen, dass die Hochalpen sich deutlich schneller erwärmen als der Rest von Europa", sagt Simon. Das Forscherteam vermutet daher, dass vor allem die gestiegenen Temperaturen die Zunahme der Gewitterneigung in höheren Lagen erklären.

Auch wenn die Wissenschaftler betonen, dass es sich dabei um "Indizien" handle - die Beobachtungen passen ins Bild: So konnten US-Forscher schon vor einiger Zeit nachweisen, dass es mittlerweile in der Arktis etwa eine Viertelmillion Mal im Jahr blitzt und donnert, etwa sieben Mal so oft wie noch im Jahr 2010. Als Ursache vermuten die Forscher wärmere Sommer im hohen Norden, ausgelöst vom Klimawandel. In Sibirien ist die höhere Gewitterneigung eine Gefahr für die Wälder, da Blitzeinschläge Feuer auslösen können.

In den Alpen könnte die steigende Blitzaktivität das Waldbrandrisiko ebenfalls erhöhen, vermutet Simon. Nicht nur deshalb sollten etwa Wanderer immer das Wetter im Blick behalten. An den steilen Hängen der Alpen bilden sich Gewitterzellen schneller als anderswo - und da sie häufig lokal begrenzt sind, ist ihre Vorhersage zudem besonders schwierig.

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