Frankfurt am Main:„Ihre Stimme wird bleiben“: Erinnerung an Anne Frank

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Leidenschaftlicher Appell gegen Nationalismus, Aufruf gegen Geschichtsleugnung: Auf einer zentralen Gedenkfeier in der Frankfurter Paulskirche ist am Mittwoch an den 90. Geburtstag von Anne Frank erinnert worden. Das Tagebuch des jüdischen Mädchens, das im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen starb, sei sowohl "die Erzählung des Lebens eines jungen Mädchens als auch einer der bedeutendsten Zeugenberichte", sagte die Unesco-Generaldirektorin Audrey Azulay in ihrer Rede. Anne Frank gebe 1,5 Millionen ermordeten Kindern ein Gesicht. Das Tagebuch sei eine "universelle Botschaft, die uns alle anspricht."

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Leidenschaftlicher Appell gegen Nationalismus, Aufruf gegen Geschichtsleugnung: Auf einer zentralen Gedenkfeier in der Frankfurter Paulskirche ist am Mittwoch an den 90. Geburtstag von Anne Frank erinnert worden. Das Tagebuch des jüdischen Mädchens, das im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen starb, sei sowohl „die Erzählung des Lebens eines jungen Mädchens als auch einer der bedeutendsten Zeugenberichte“, sagte die Unesco-Generaldirektorin Audrey Azulay in ihrer Rede. Anne Frank gebe 1,5 Millionen ermordeten Kindern ein Gesicht. Das Tagebuch sei eine „universelle Botschaft, die uns alle anspricht.“

„Anne Frank ist immer 15 Jahre alt und jung geblieben“, sagte die ungarische Philosophin und Holocaust-Überlebende Agnes Heller, die wie Anne Frank im Jahr 1929 geboren wurde. Als sie als junge Frau zum ersten Mal das Tagebuch gelesen habe, sei Anne Frank für sie „wie eine meiner Freundinnen und Verwandten, die ich zur selben Zeit verloren hatte“ gewesen. Durch ihr Tagebuch mache sie die Vergangenheit zur Gegenwart. „Die ganze Welt kennt sie, weil sie geschrieben hat.“

Michelle Müntefering (SPD), Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, betonte, Anne Franks Tagebuch bringe Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt „wie kaum ein anderes Buch“ dazu, sich mit dem Menschheitsverbrechen des Holocaust auseinander zu setzen. „Anne Frank teilt ihre Erfahrungen mit Diskriminierung, Entrechtung, Ausgrenzung, Verfolgung. Sie beschreibt die Todesangst, die sie immer wieder im Versteck erfährt.“ Sie gebe den sechs Millionen Opfern der Schoah „ein Gesicht, eine Identität, eine Lebensgeschichte.“ Ihre Stimme werde bleiben.

Angesichts aktueller Fälle von Antisemitismus, Angriffen auf Juden und Versuchen von Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen betonte Müntefering zudem: „Jeder antisemitische Akt ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft und das Wertefundament unserer freiheitlichen Demokratie.“

„Nicht einmal das Wissen um Auschwitz, Majdanek und Treblinka kann den Judenhass verbannen“, warnte John Goldsmith vom Anne Frank Fonds, der die Rechte an Anne Franks Werk verwaltet. Alle Einnahmen aus den Veröffentlichungen und anderen Wiedergaben fließen in soziale Projekte.

Azulay erinnerte daran, dass Anne Franks Tagebuch Teil des Weltdokumentenerbes ist. Es gehöre zu den zehn weltweit am meisten gelesenen Büchern, sagte die Unesco-Generaldirektorin, die Bildung als Waffe gegen Geschichtsleugnung und Hassbotschaften bezeichnete.

Heller warnte nach ihrer Würdigung Anne Franks leidenschaftlich vor den Gefahren eines erstarkenden Nationalismus in Europa. „Ethnischer Nationalismus ist die größte Gefahr für Europa und die Europäische Union“, sagte die Wissenschaftlerin, die eine scharfe Kritikerin des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban ist. „Man muss die Gefahren sehen, wenn man sie vermeiden will.“

Anne Frank wurde am 12. Juni 1929 in Frankfurt geboren. Ihr Tagebuch schrieb sie im Versteck ihrer jüdischen Familie in Amsterdam. Es wurde in mehr 70 Sprachen übersetzt. Sie starb im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

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