Erderwärmung:Meere, Arktis, Wetter: Folgen für den Planeten

Schmelzen die Pole tatsächlich?

Eismessungen am Nordpol

Eismessungen am Nordpol

(Foto: dpa)

Seit 1992 haben die Eispanzer Grönlands und der Antarktis an Masse verloren, hier sind sich die Forscher sehr sicher. Ebenso sicher ist es, dass die Gletscher weltweit zurückgehen. Im vergangenen Jahrzehnt gingen Gletschern in Alaska, Kanada, Grönland, Asien und den südlichen Anden besonders viel Eis verloren.

Der Verlust ist regional jedoch sehr unterschiedlich: Das arktische See-Eis ist seit Ende der 1970er um etwa dreieinhalb Prozent pro Jahrzehnt geschrumpft. Im März 2017 maß die Nasa mithilfe von Satellitenaufnahmen die geringste maximale Ausdehnung des arktischen Eises seit Beginn der Aufzeichnungen.

In der Antarktis hat sich das Eis auf dem Meer im gleichen Zeitraum dagegen noch ausgedehnt, um etwa eineinhalb Prozent pro Jahrzehnt - ein Befund, den sich Klimaforscher bislang nicht recht erklären können. Das Eis variiert regional gesehen beträchtlich: Im Osten der Antarktis dehnt sich das Eis aus, im Westen, vor allem im Bereich der Amundsen-See, ist die Eisfläche geschrumpft. Ein Problem für die Forscher ist, dass sie die Dicke der Eisschicht nicht genau kennen.

Sicher dagegen ist, dass die Antarktis insgesamt an Masse verliert. Derzeit verliert sie laut einer Studie im Fachmagazin PNAS 252 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr - sechs Mal mehr als noch während der 1980er Jahre.

Wie schnell steigen die Meeresspiegel?

Wie stark der Meeresspiegel ansteigt, ist einer der großen Unsicherheitsfaktoren in der Klimaforschung. Bis heute ist das Wasser bereits um etwa 23 Zentimeter gestiegen. Noch im jüngsten Bericht des Weltklimarats IPCC aus dem Jahr 2013 rechneten die Forscher nur mit rund einem halben Meter Anstieg bis zum Jahr 2100, schlimmstenfalls sollten es 80 Zentimeter werden.

Diese Annahmen halten sehr viele Klimaforscher inzwischen für deutlich zu konservativ. Vor allem der Beitrag der Antarktis zum Anstieg des Meeresspiegels könnte viel höher sein als angenommen. Die dortigen Eismassen reichen im Prinzip aus, um den Pegel des Wassers um unvorstellbare 60 Meter steigen zu lassen; entsprechend relevant ist alles, was dort passiert. Lange dachte man, die Region um den Südpol würde erst sehr spät zu schmelzen beginnen. Neuere Messungen und Simulationen aber zeigen besorgniserregende Ergebnisse: Allein die Antarktis könnte demnach bis zum Jahr 2100 mehr als einen Meter zum Wasseranstieg beitragen, insgesamt könnte das Wasser bis dahin um bis zu 1,80 Meter steigen. Sollte es wirklich so kommen, würde das katastrophale Krisen auslösen. Riesige Städte wie Mumbai und Shanghai wären bedroht, Miami und New Orleans sowieso. Heute dicht bevölkerte Küstenregionen würden unbewohnbar.

Noch ist nicht klar, ob dieses Schreckensszenario eintritt, oder wann. Sicher ist jedoch, dass es umso näher rückt, je schneller und weiter die Erwärmung voranschreitet: Gelingt es, sie auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, würde das zwar keinen absoluten Schutz bieten. Aber es wäre weit weniger riskant als drei oder vier Grad Temperaturanstieg. "Jenseits von zwei Grad Erderwärmung steigen die Großrisiken steil an", sagt Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). So könne etwa der Eispanzer Grönlands schmelzen - ein Prozess, der nicht mehr aufzuhalten ist, sobald er begonnen hat. "Dann steigt der Meeresspiegel allein wegen dieses Eisschilds um kaum vorstellbare sieben Meter", sagt Schellnhuber.

Macht der Klimawandel Wetterextreme wahrscheinlicher?

Wann immer das Wetter irgendwo auf der Welt verrückt spielt, stellt sich die Frage: Ist das noch normal? Oder schon der Klimawandel? In vielen Fällen kann man sie inzwischen recht klar beantworten: Ja, der Klimawandel hat Extremereignisse wahrscheinlicher gemacht. Das gilt besonders für Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen. Immerhin liegen neun der zehn wärmsten je gemessenen Jahre im 21. Jahrhundert, heiße Tage sind bereits spürbar häufiger geworden. Bei zwei Grad Erwärmung müssten der Nahe Osten und Nordafrika mit bis zu 46 Grad Celsius an den heißesten Tagen rechnen. Auch in Europa läge die Zahl der Hitzetoten jährlich wohl um etwa 20 Prozent höher. Sollte das Zwei-Grad-Ziel verfehlt werden, könnten unter anderem Teile Südasiens bis 2100 schwer von Hitzewellen getroffen werden.

Nicht ganz so klar ist die Lage bei Stürmen: Noch lässt sich nicht nachweisen, dass verheerende Ereignisse wie der Hurrikan Irma in der Karibik wirklich häufiger oder schlimmer geworden sind. Allerdings halten Forscher einen Zusammenhang für wahrscheinlich: Warme Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf, das liefert schweren Stürmen Energie.

Muss sich Deutschland künftig auf mehr heiße Sommer wie im Jahr 2018 einstellen?

Für Deutschland sagen einige Prognosen bis zum Jahr 2100 eine Erwärmung um etwa vier Grad im Vergleich zum 20. Jahrhundert voraus. Damit werden auch lange, trockene Sommer wahrscheinlicher. Klimaforscher beobachten, dass sich Luftströme auf der Nordhalbkugel seit einigen Jahren abschwächen, vermutlich ausgelöst durch eine wärmere Arktis. Damit wechseln sich weniger Hochs und Tiefs über Mitteleuropa ab. Einzelne Hochs können dann wochenlang über einem Fleck hängen bleiben, und es fällt kein Regen mehr.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema