SZ-Klimakolumne:Unheimliche Rekorde

Lesezeit: 1 min

Ein Eisberg im Südlichen Ozean. (Foto: IMAGO/Ashley Cooper/IMAGO/Nature Picture Library)

Noch immer sind die weltweiten Temperaturen in Luft und Wasser historisch hoch. Was aber ist nur in der Antarktis los?

Von Marlene Weiß

Momentan habe ich ein tägliches Gruselritual: Ich klicke mich durch die wirklich sehr gut gemachte Klimadaten-Seite Climate Reanalyzer von der University of Maine. Weltweite Lufttemperatur? Immer noch viel heißer als jemals vor diesem absurden Sommer 2023 gemessen. Temperatur an der Meeresoberfläche? Verrückt, einfach verrückt. Temperatur im Nordatlantik? Lassen Sie uns von etwas anderem sprechen.

Manchmal, wenn das noch nicht genug Dystopie war, schaue ich mir noch die aktuellen Messdaten vom antarktischen Meereis an. Das Eis rund um die Antarktis war in den vergangenen Jahrzehnten eine der wenigen Größen, die sich weitgehend unbeeindruckt vom Klimawandel zeigte: Die Eisbildung dort ist ein komplexer Prozess, der stark von Meeresströmungen beeinflusst ist, zudem sind die natürlichen Schwankungen von Jahr zu Jahr so hoch, dass Trends schwer auszumachen sind. Noch im Jahr 2014 gab es im Südwinter mehr Eis als je zuvor erfasst, übrigens eine der Lieblingsmessungen von Klimaleugnern, die ansonsten mit Messergebnissen eher auf Kriegsfuß stehen.

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Aber zuletzt sah es aus, als würde sich auch in der Antarktis etwas verändern. Schon 2022 war ein eisarmes Jahr, so weit war das Eis im Südsommer seit Messbeginn noch nie zurückgegangen. Dieses Jahr begann mit noch weniger Eis am Südpol, und seit Mai hat sich die diesjährige Eiskurve vollends von denen aller früheren Messjahre verabschiedet, nie zuvor gab es auch nur annähernd so wenig Eis wie in diesem Jahr. Meine Kollegen aus den Daten- und Infografikteams haben die Messungen visualisiert - und mit einem Meereisexperten gesprochen, der die Situation "spektakulär und gleichzeitig sehr beunruhigend" nennt (SZ Plus).

Eigentlich ist es ja geradezu ein Wunder, dass ich von meinem Schreibtisch aus all diese großartigen Daten praktisch in Echtzeit sehen kann. Nur tragisch, dass diese technische Meisterleistung mir dann immer wieder vor Augen führt, wie es mit dem Planeten an allen Ecken und Enden den Bach runter geht. Wird sich das eines Tages ändern? Ich hoffe es.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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